Chapter 2

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„Vanessa Palmer." Ich ergriff seine Hand und blickte ihn kalt an, als ich sah, wie seine Augen sich vor Überraschung weiteten, als er mich doch zu erkennen schien. „Nessa?" Seine Augen waren voller Unglaube, schienen aber dennoch irgendwie erfreut. „Ich heiße Vanessa!", zischte ich ihm wütend zu.

Nessa war ich in der Schule gewesen. Das kleine, dumme Mädchen, das auf den Fuckboy der Schule reingefallen ist. Der sich einen Spaß erlaubt hatte, mich zwei Jahre zu daten, nur um am Ende seine Wette damit zu gewinnen, mich vor dem Abschlussball stehen zu lassen. Er hatte mir versprochen mich abzuholen, war aber nie aufgetaucht. Als ich dann schließlich ohne Begleitung auf dem Ball aufgetaucht bin, haben mich seine Freunde nur allzu gerne darauf aufmerksam gemacht, dass ich verlassen wurde. Danach hatte ich Asher nie wieder gesehen. Er war ohne eine Erklärung oder Entschuldigung einfach aus meinem Leben verschwunden, als hätte ich ihm nichts bedeutet. Was ich offensichtlich auch nicht tat. Er hatte es geschafft mein Leben zur Hölle zu machen, und ich war sowas von bereit ihm dafür meine Messer in die Brust zu stechen, um ihn bluten zu sehen.

Oliver riss mich aus meinen Gedanken, als er einen dicken Stapel Akten auf den Tisch knallte. „Blake, Sie sehen sich erst mal alles an, was wir zu Russo haben, um sich mit dem Fall vertraut zu machen. Und Palmer", bevor er mir eine Aufgabe zuschreiben konnte, womöglich Asher beistehen, redete ich ihm dazwischen. „Ich gehe trainieren."

Ich wollte mich gerade auf dem Weg zum Trainingsraum machen, als Oliver mich aufhielt. „Erst zeigst du Blake dein Büro. Er braucht einen Platz wo er seine Ruhe hat." Ich verdrehte unauffällig meine Augen. Verdammt. Dennoch nickte ich meinem Boss wiederwillig zu und verließ dann den Raum.

Asher nahm sich den dicken Stapel vom Schreibtisch und folgte mir. Ich konnte ihn zwar nicht sehen, aber seine schweren Schritte dicht hinter mir hören. „Ich hätte nicht gedacht, dass du mal ein Agent wirst", ertönte seine tiefe Stimme hinter mir. „Du warst immer so...", er suchte nach einem passenden Wort, aber ich lachte bereits verächtlich auf. „Ich bin nicht mehr die, die ich mal war."

Ich ging weiterhin den langen Flur entlang und blieb vor dem Aufzug stehen um die Taste zu drücken. Asher blieb nur kurz hinter mir stehen. „Wie bist du denn jetzt?", fragte er und in seiner Stimme lag ehrliche Neugier. Ich konnte nicht verhindern, dass meine Fäuste sich bei meinen nächsten Worten vor Wut ballten. „Das geht dich nichts an!" All der Hass, den ich über die Jahre angestaut hatte, drohte jetzt überzusprudeln. Aber ich zwang mich meine Fassung zu wahren und es kostete mich alle Anstrengung ihm nicht impulsiv meine Faust in den Bauch zu rammen.

Und ich hasste ihn noch mehr dafür, dass er jetzt so ein Interesse daran zeigte, wer ich war. Vor ein paar Jahren war ich ihm noch egal gewesen. Da waren ihm nur sein Image und sein Spaß wichtig. Dass er mein Herz und seine beschissene Wette gewann, nur um mein Herz zu brechen und mich zu demütigen.

Der Aufzug ging mit einem kurzen Kling auf und ich trat ein. Ich drückte stumm den Knopf für die zehnte Etage und wand mich dann der Tür zu. Asher trat ebenfalls ein, drehte sich aber nicht, wie man es sonst tat, der Tür zu, sondern blieb direkt gegenüber von mir stehen und blickte von oben mit einem unergründlichen Blick auf mich herab.

Ich betrachtete ihn ebenfalls. Seine kurzen schwarzen Haare fielen ihm in die grauen Augen und umspielten sein makelloses, kantiges Gesicht. Er trug eine schwarze Cargohose und ein enges schwarzes T-Shirt, die seine kräftige Figur perfekt aussehen ließen. Seine breiten Schultern und die starke Brust spannten das Shirt und unter dem runden Ausschnitt konnte man gebräunte Haut erkennen. Ich hasste, dass sein Äußeres nicht sein Inneres wiederspiegelte. Er sollte grässlich aussehen. So, dass selbst Wurmschwanz angewidert zurückweichen würde.

„Warum habe ich das Gefühl, dass du mich nicht magst?", fragte Asher und sein Blick lag immer noch unergründlich auf mir. Meine Augenbrauen wollten vor Überraschung hochschnellen, aber ich zwang mich dazu ein neutrales Gesicht zu bewahren und ihm nicht auf der Stelle meine Faust ins Gesicht zu schlagen, was mich sehr viel Willenskraft kostete. „Warum wohl", grummelte ich leise vor mich hin. Aber wohl nicht leise genug, denn jetzt waren es Ashers Augenbrauen, die sich hoben.

„Du meinst doch nicht-", fing er mir ruhiger Stimme nach kurzem Überlegen an, was mich sofort wieder auf die Palme brachte. Aber ich zwang mich den Mund zu halten, sonst würden seine Ohren rot von all den Beleihungen werden, die ich ihm an den Kopf werfen wollte. Aber mein Schweigen musste er wohl als Antwort gedeutet haben, denn seine Augen wurden groß und für einen Moment war er sprachlos. „Scheiße, Vanessa. Das ist sieben Jahre her! Du kannst doch unmöglich noch sauer auf mich sein!"

Ich hielt an mich. Alles was ich wollte, war ihm jetzt auf der Stelle mein Knie in seine Weichteile zu rammen, aber ich musste mich zusammenreißen. Ich schnaubte laut durch die Nase aus, ging aber nicht auf seine Bemerkung ein. Ich wollte nicht mit ihm reden. Ich kam mir dumm vor, ihm meine Gefühle zu offenbaren und anstatt ihm zu sagen, wie sehr ich ihn hasste, zeigte ich es ihm lieber. Deshalb hüllte ich mich auch in Schweigen und stieß ich ihn fest gegen die Schulter, als sich die Türen endlich öffneten und ich raustrat.

Ich beschleunigte meine Schritte und eilte zu meinem Büro ohne zu ihm zu gucken. Sobald ich dort ankam, öffnete ich die Tür und wartete bis er eintrat. Er betrachtete eingehend den Ausblick auf die Stadt, die Wolkenkratzer und mein Mobiliar. Ich hatte hier nicht viel. Ausschließlich einen großen dunklen Schreibtisch mit einem bequemen Stuhl, darauf einen Computer und an der gegenüberliegenden Wand einen kleinen Schrank, wo ich meine Sachen immer verstaute.

„Gemütlich", hörte ich ihn ironisch sagen, ging auf seine Bemerkung jedoch nicht ein. Ich war ein eher praktisch veranlagter Mensch. Ich brauchte keinen unnötigen Schnickschnack in meinem Büro um es auszuschmücken.

„Wenn du fertig bis, dann komm in das zweite Untergeschoss. Ich bin dort am Trainieren." Mit diesen Worten ging ich zu meinem Schrank, holte meine Trainingssachen und machte mich schließlich auf in Richtung Aufzug, um endlich in den Trainingsraum zu gelangen.

Endlich konnte ich meine angestaute Wut loswerden. Mein Trainingspartner musste heute wohl besonders viel einstecken. Und sobald ich im zweiten Untergeschoss ankam, sah ich ihn auch schon. Er war gerade beim Messerwerfen, steckte sie sich aber sofort ins Beinholster als er mich bemerkte und mit einem riesen Lächeln auf mich zu kam.

„Bereit dich verprügeln zu lassen, Henry?", begrüßte ich meinen Partner und freute mich schon auf die bevorstehenden Stunden.

Beloved EnemyWhere stories live. Discover now