Prolog

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"Mensch jetzt schau endlich nach! Ich bin nicht extra früher nach Hause gekommen, damit ich jetzt drei Stunden lang auf deinem Sofa sitze und einen dämlichen Brief anstarre!"

Ich verziehe mein Gesicht, doch ein kleines Schmunzeln kann ich dann doch nicht vermeiden.

Währenddessen schaut Lia mich immer noch abwartend an und deutet frustriert und gleichzeitig amüsiert auf den Umschlag in meiner Hand.

Von dem Waterstone Hospital in San Diego, adressiert an mich, Sarah Lee.

"Komm schon Lee. Warum öffnest du ihn denn nicht endlich? Ich könnte mich selbst niemals solange auf die Folter spannen."

Ich seufze. "Warum nochmal bist du meine beste Freundin?"

"Weil ich die allerbeste bin, immer sofort da bin wenn du schreist, dich abgöttisch liebe und dich dazu bringe einfach mal ohne nachzudenken durchzuziehen. Ohne mich würdest du die Frist zum Annehmen der Stelle womöglich verpassen, weil du überhaupt noch nicht weißt, dass du angenommen wurdest!"

Verzweifelt schaue ich sie an. "Und was ist wenn das eine Absage ist?" Das könnte ich nicht verkraften. Alles wofür ich je gekämpft habe wäre umsonst gewesen.

Ein Schritt in die gewünschte Richtung würde in einem Abgrund enden. Und ich würde fallen. Nur um dann schmerzhaft auf dem Boden aufzukommen. Keine Garantie einen anderen Weg zu finden. Eine unbekannte, beängstigende, blickdichte Zukunft.

Es ist nicht das Krankenhaus. Es ist der Ort an sich. Ich möchte mich verbunden fühlen, dazu gehören und etwas über meine Vergangenheit erfahren. Ich möchte wissen, warum er damals dort hinging. Ich will erfahren, was an diesem Ort so besonders ist. Was einen dazu bringt die Familie hinter sich zu lassen, nur um dort weiterzuleben. Und vor allem möchte ich ihn finden. Nach all den Jahren und ihm zeigen, was er mir und Mum damit damals angetan hat.

Lia lacht nur, als sie bemerkt, dass ich ihr gar nicht länger zuhöre, weil ich so tief in meinen eigenen Gedanken feststecke.

"Hör mir mal gut zu Schätzchen. Du öffnest jetzt diesen Brief, liest dir deine Zusage durch und wir beide besaufen uns vor Freude, dass wir nicht mehr auch nur irgendwas gescheites erledigen könnte. Ich hab mir den restlichen Tag nämlich frei genommen, um genau das zu tun. Feiern bis zum Morgengrauen. Wenn jemand am Waterstone angenommen wird, dann wohl du! Du wirst alles erfahren was du wissen willst. Und ihn treffen."

Sie macht eine bedeutend schwere Atempause, bevor sie ihren Redefluss weiterführt.

"Du bist die Beste auf deinem Gebiet. Warum solltest du nicht angenommen werden? Wenn jemand genommen wurde dann du. Du bist super intelligent, stets hochkonzentriert, kompetent, geschickt, menschenfreundlich, sympathisch..."

"Okay reicht jetzt. Seit wann hast du immer so gute Laune? Ist ja unerträglich" lache ich.

"Lass mich, die beste Freundin wird schließlich nur einmal in ihrem Leben an ihrer Wunschklinik angenommen"

Ich seufze, irgendwo hat sie ja recht.

"Ich zähle bis drei, dann ist der Brief gefälligst offen. Eins...zwei..."

Ich greife den Umschlag fester, mein Herzschlag schlägt schnell. Zu schnell.

"Drei!" schreit Lia, sodass mein Trommelfell gefühlt platzt.

"Mach jetzt auf, sonst tue ich es! Jetzt!"

Ich streiche mir frustriert und nervös meine Haare nach hinten. Von meiner Frisur ist vermutlich nichts mehr übrig und ich habe bestimmt überall rote Flecken im Gesicht.

"Mach du" sage ich piepsig und halte ihr den Brief hin.

"Sicher?" fragt sie skeptisch.

"Nein" seufze ich und reiße den Umschlag wieder an mich. Mit einem kräftigen Ruck reiße ich ihn auf.

Heartbeats of the brain - Liebe gegen jeden VerstandWhere stories live. Discover now