~ Prolog ~

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"Cleo Winter!", weckt mich die wütende Stimme meines Vaters. Ich blinzele und mache ein Auge auf, schließe es aber sofort wieder. Die Sonne ist einfach zu grell.

"Was ist?", brumme ich und hielt mir meinen Kopf. Es summt überall, als wäre mein Kopf ein Bienennest.

"So geht das nicht weiter!"

Ich gebe keine Antwort und versuche, ihn auszublenden.

"Cleo, du hörst mir jetzt zu!"

"Siehst du nicht, dass ich einen Kater habe und einfach nur schlafen will?", krächze ich.

Dad reißt mir die Decke weg und ich reiße die Augen auf, quietsche erschrocken auf. Seine Augen sind voller Zorn. Er hält mir ein kleines Tütchen gefüllt mit weißem Pulver unter die Nase. "Kannst du mir mal sagen, was das ist?"

Fuck.

"Ähm, das ist... Brause?" Ich ließ es unabsichtlich wie eine Frage klingen.

Dad schnaubt verächtlich. "Ich habe einen ganzen Pack davon gefunden. Überall im Haus verteilt."

Fuck fuck fuck.

"Das sind Drogen, Cleo. Du hattest mir versprochen, aufzuhören." Jetzt höre ich nur noch Enttäuschung in seiner Stimme, die Wut ist verpufft. So seltsam es klingen mag, aber das ist noch schlimmer als die Wut.

"Du hast uns sehr enttäuscht und mein Vertrauen gebrochen, Cleo. Komm nur zum Abendessen runter. Ich will dich für heute nicht mehr sehen."

Er dreht sich um und knallt meine Zimmertür zu.

Ich schließe meine Augen.

Fuck. Wieso hab ich nur auf Blair gehört und bin zu dieser scheiß Party gegangen? Ich wusste doch, dass Louis und Harry ziemlich tief im Drogengeschäft steckten. Ich hätte wissen müssen, dass sie es schaffen, mich zu überreden. Sie haben es schon immer geschafft. Sie haben sogar Marie überzeugt, die aber immer noch die vernünftigste von uns ist, und mittlerweile ist sie so wie Blair, Louis, Harry und ich: Drogensüchtig.

Mein Handy holt mich aus meinen Gedanken. Ich habe eine WhatsApp-Nachricht bekommen.

Harry: Kennt ihr noch Liam, meinen Cousin? Er schmeißt heute Abend eine Party am stillgelegten Hafen, hat irgendwer Bock zu kommen?

Ich sehe, wie Louis schreibt und die Nachricht abschickt.

Louis: Klar, wenn es Alk gibt, bin ich immer dabei!

Harry: Super, dann sind wir schon zu zweit! Was ist mit euch, Mädels? Cleo, Blair, Marie?

Blair: Ich komme gern. Wir können gerne gestern Nacht wiederholen, Haz :*

Die beiden waren eine Art Freunde mit Vorzüge.

Harry: Von mir aus gern :**

Louis: Boah, schreibt euch privat, wenn ihr euch aufgeilen wollt. Marie, Cleo? Kommt ihr?

Jetzt tippe ich meine Antwort ein und sende sie.

Cleo: Kann nicht, sorry :( Dad hat Stress gemacht, weil er die D. gefunden hat und er hat zwar nicht gesagt, dass ich Hausarrest habe, aber ich weiß es.

Louis: Scheiße. Was hat er gesagt?

Cleo: Ich soll mich erst am Abend wieder blicken lassen und dass er enttäuscht von mir ist.

Blair: Das ist wirklich scheiße.

Marie: Kriegst du viel Ärger? PS: Ich komme.

Cleo: Glaub schon. Ihr wisst ja, ich sollte aufhören.

Harry: Klar wissen wir das.

Blair: Trübsal blasen hilft uns auch nicht weiter. Marie, du kommst bestimmt nur, weil es Liam ist, oder?

Marie: Stimmt doch gar nicht! Klar, er ist heiß, aber ich mag ihn nur als Kumpel!

Blair: Ja ja. Das nehme ich dir nicht ab. Ich hab gesehen, wie du ihn bei der vorletzten Party fast mit deinen Blicken ausgezogen hast.

"Cleo!", höre ich meine Mutter von unten schreien.

"Komme gleich!", schreie ich zurück.

Cleo: Mum ruft. Bin vielleicht später noch mal da. Viel Spaß bei der Party. Marie, schnapp dir Liam. Ich weiß aus sicheren Quellen, dass er mehr als nur Freundschaft für dich empfindet. Bb.

Ich schließe WhatsApp und stehe auf. Es dreht sich kurz, aber nachdem ich geblinzelt hatte, ist das wieder vorbei. Ich öffne meine Tür und tapse die Treppe ins Wohnzimmer herunter.

Meine Eltern sehen mich mit ausdruckslosen Gesichtern an. "Setz dich", fordert meine Mum kühl und deutet auf das teure Ledersofa.

"Cleo, so geht das nicht weiter. Du hast uns versprochen, mit dem Drogen nehmen aufzuhören, wir haben dir vertraut, dass du wirklich nur bei Marie und Blair übernachtest. Du hast uns sehr enttäuscht", meint Mum.

Ja ja. Genau das gleiche hat Dad auch schon gesagt.

"Ich will einfach nicht, dass wir dich zu deinem eigenen Grab tragen müssen. Du machst dich mit den Drogen und dem ganzen Alkohol kaputt."

"Kurz gesagt", fasst Dad zusammen, "wir glauben, deine Freunde haben einen schlechten Einfluss auf dich."

Ich schnappe empört nach Luft und will gerade etwas sagen, als Mum mich mit einem giftigen Blick zum Schweigen bringt.

Dad holt tief Luft und lässt dann die Bombe platzen. "Wir haben dich auf einem Internat in Swansea angemeldet."

Meine Kinnlade fällt auf den Boden. "Ihr habt was? Ich soll auf ein Internat gehen? Und wo ist Swansea überhaupt?"

"Ja, du wirst ein Internat besuchen. Swansea ist an der Küste von England, es liegt am Atlantik", antwortet Mum. "Pack deine Sachen, Cleo. Ich werde jedes einzelne Teil in deinem Koffer überprüfen. In zwei Tagen fahren wir. Du bleibst solange hier im Haus, nimmst keine Drogen oder trinkst Alkohol, triffst dich nicht mit deinen Freunden oder gehst auf Partys. Haben wir uns verstanden, Fräulein?"

"Gut. Geh hoch und fang schon mal an zu packen."

Ich nicke nur. Zu mehr bin ich nicht in der Lage.


Zwei Tage später packe ich meine Koffer in unser Auto. Harry, Louis, Liam, Blair und Marie sind gekommen, um sich von mir zu verabschieden. Ich bemerke, wie Marie und Liam Händchen halten und sich immer wieder verliebte Blicke zuwarfen. Ich umarme Blair. "Wir telefonieren jeden Tag, ja? Ruf mich sofort an, wenn du da bist."

Marie ist die nächste. "Danke dafür, dass du mich mit Liam zusammengebracht hast, Cleo. Ich vermiss dich jetzt schon." Sie löst sich schnell von mir, um mein T-Shirt nicht mit Mascara zu verschmutzen.

Liam und ich verabschieden uns mit einem High-Five. "Ohne dich wird es ganz anders werden, Cleo. Aber du überstehst das schon." Aufmunternd lächelte er mich an.

Harry und Louis ziehen mich gleichzeitig in eine Umarmung. "Du fehlst mir jetzt schon unglaublich. Wie soll ich nur ein Jahr ohne dich überstehen?", flüstert Harry in mein Ohr und macht ein paar Schritte zurück.

"Vergiss niemals, dass du ein wunderbarer Mensch bist, Süße. Wenn was ist, du kannst mich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen. Ich bin immer für dich da, Cleo." Mit diesen Worten legte er seine weichen Lippen auf meine. 

Ich erwidere den Kuss. Irgendwann höre ich, wie meine Mum sich räuspert. Schweren Herzens löse ich mich von meine Freund, gebe ihm einen allerletzten Kuss auf die Nasenspitze, winke allen nochmal zum Abschied und steige dann in den Range Rover.

Ich winke ihnen so lange es geht, bis wir um eine Kurve fahren und ich sie nicht mehr sehen kann. Seufzend nehme ich mir mein Handy und Ohrstöpsel und schaue aus gelangweilt aus dem Fenster, während "Bang Bang" von Jessie J in meinen Ohren wummert.

[26.4.16] 

Friss oder StirbWhere stories live. Discover now