9 -die Gabe selbst

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Schmollend saß ich in meinem Zimmer. Das war wieder typisch für meine Mutter. Sie war mal wieder zu besorgt um ihre Kinder. Doch Renesmee machte ihr das alles leichter. Sie tat was Mama und Papa sagten, hatte Jacob als ihren Beschützer an ihrer Seite, büxte nicht einfach so für eine ganze Nacht und den darauffolgenden Tag aus und verschwieg daraufhin auch nicht was sie unternommen hatte. Renesmee war anders als ich. Das musste Mutter doch verstehen. Ich hatte eben nicht gleich alles was ich begehrte in unserem Zuhause zusammen. Ich begehrte die Natur, alles liebliche was da draußen lebte und wollte es entdecken. Und das was mir Caius gezeigt hatte, war das schönste was ich je in meinem Leben gesehen hatte. Das geweihte Land. Es war eine Schande, dass keiner hier in diesem Haus auch nur daran gedacht hatte mir dieses zu zeigen oder wenigstens davon zu erzählen. Selbst wenn es nicht alle kannten, auf Carlisle konnte ich schwören, dass er davon wusste. Und ich nahm es ihm, somit auch jedem anderen der hier davon wusste, übel, dass sie es mir nie gezeigt hatten. Sie kannten alle meine Gabe, sie wussten wie sehr ich die Natur liebte. Ich war eins mit jedem Lebewesen da draußen, sei es auch nur das kleinste Blatt eines Baumes. Ich wünschte mich so sehr dorthin zurück. Wenn ich auch nur an dieses geweihte Land dachte, spürte ich wie meine Kraft in mir zu brodeln begann, ich wusste das ich dort mein Potenzial ausschöpfen konnte. Das wusste ich, und meine Gabe wusste es ebenso. Alles in mir, jede kleinste Faser meines Körpers zog es dorthin zurück. Und vor allem zu ihm zurück.

Ich spürte wie die Wut in mir hochstieg, alles zog mich hier raus, weg von allen hier, von Mum. Ich stand auf, huschte zu meinem Fenster und riss es auf. Barfuß, nur in Jogginghose und übergroßem T Shirt stieg ich aufs Fensterbrett und setzte zum Sprung nach draußen an. Doch meine Zimmer Tür wurde aufgerissen.
Erschrocken drehte ich mich um, wusste aber schon wer dort stand. „Mum..." setzte ich an. Doch sie unterbrach mich: „Was soll das Rosmee? Komm sofort da runter! Hast du mich etwa nicht verstanden? Du bleibst solange hier drinnen, bis du mir endlich sagst was los ist!" Sie war in einer Millisekunde bei mir, packte mich am Arm und zog mich vom Fensterbrett hinunter. Ich schrie auf: „Aua! Lass mich los! Mum...!" Doch sie überhörte mich einfach, schmiss mich aufs Bett und knallte das Fenster zu. „Wenn du so ungehorsam bist Rosmee, müssen wir eben härter dagegen vorgehen. Ich werde mich wenn es sein muss Tag und Nacht vor dein Fenster stellen. Du hast Hausarrest! Bis du mir sagst was hier los ist!" rief sie aufgebracht. Dann stürmte sie ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer und verschloss die Tür hinter mir.

Ich lag weinend auf meinem Bett. Wütend krallte ich meine Finger in mein Kopfkissen. Ich weinte vor Wut. Sie war so ungerecht. Sie verbat mir das was mich ausmachte, was mich am meisten erfüllte. Und das würde ich nicht auf mir sitzen lassen. So sah ich auf, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich ging erneut zu Fenster, blickte neugierig durch die Fensterscheibe hinaus. Unten stand niemand, ich schloss kurz meine Augen. Ich spürte dort auch Niemanden. So öffnete ich das Fenster erneut. Doch diesmal war ich schlauer. Ich horchte Richtung Gang hinaus und hörte bereits Mums Schritte, roch bereits Mums Geruch und sah sie auch schon bildlich vor mir wütend gen mein Zimmer stapfen. Doch diesmal würde ich sie mich nicht aufhalten lassen. Ich hörte, wie sie die Türklinke runterdrückte, die Tür öffnete und hereingeschneit kam. „Rosmee! Was hab ich dir gerade gesa-..." Und da passierte es einfach. Ich hatte sie in meiner Gewalt. Es schien als würde ich eins mit ihr werden. Das was sie dachte, das was sie fühlte, das was sie begehrte, dachte, fühlte und begehrte ich plötzlich auch. Ich sah alles durch ihre Augen, wie sie mich wutentbrannt von der Tür aus anblickte. Ich sah mich, wie ich ihr den Rücken zugekehrt am Fenster stand und hinausblickte. Ich spürte ihre große Sorge um mich, aber auch Wut darüber, dass ich ihr nicht vertraute. Und da hörte ich mich plötzlich reden. Es fühlte sich komisch an. Einerseits hörte ich mich selbst vom Fenster aus sprechen, anderseits hörte ich es in mir drin wie ich sprach. „Du gehst jetzt nach unten Mutter. Und du wirst denken, dass ich hier oben liege und schlafe. Du wirst erst morgen Abend wieder nach mir sehen. Hast du verstanden?" Ich spürte Mutters Unbehagen in mir, spürte ihren WIderwillen, hörte ihre widersprüchlichen Gedanken. Doch dann änderte sich alles schlagartig. Es schien als hätte ich ihr eine andere Erinnerung eingepflanzt. Plötzlich lächelte sie, ich-... Und dann nickte sie, ich-...? Und machte kehrt. Sie schloss die Tür hinter mir. Ich konnte den kühlen Türknauf ebenfalls fühlen, den schwülen Gang vor mir sehen und dann verschwand sie nach unten und ich verlor sie.

Ich stand geschockt immer noch am geöffneten Fenster. Was war hier gerade geschehen? Hatte ich gerade eben meine Mutter kontrolliert und nach unten geschickt? Ja, das hatte ich. Und das mehr oder weniger unbewusst. Ich wollte das eigentlich gar nicht, so intim und privat war ich noch nie in ein anderes Lebewesen eingedrungen. Hätte ich es gewollt, dann hätte ich Zugang zu all ihren Gedanken, all ihren Erinnerungen gehabt. Doch somit hatte ich nun was ich wollte, ich konnte raus, endlich. Zurück zum geweihten Land und somit vielleicht auch zu Caius. Und so stieg ich aufs Fensterbrett, drehte mich noch einmal um, um sicher zu gehen und sprang dann endlich leichtfüßig aus dem Fenster.

run away, forever ||twilight fanfict.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt