Kapitel 4. Suche nach Ohnezahn

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"Wir sollten gleich da sein!", sagte Amaya, "Mach' dich bereit!"
"Da vorne ist es ja schon!", sagte Ohnezahn.
"Flieg mir einfach hinterher!", sagte das Mädchen und flog im steilen Sturzflug durch die Wolken.
Ihr Artgenosse ließ sich nicht lange bitten und stürzte ebenfalls nach unten.
Ohne zuvor abzubremsen rasten sie mit der Nase voran ins tiefe Meer und sausten mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit zu der großen Insel vor ihnen.
Als sie fast angekommen waren, hatten sie die richtige Schnelligkeit erreicht, um sicher durch eine Felsspalte zu schwimmen, welche schließlich in einer großen Luftblase endete.
Dort tauchten sie auf und schüttelten sich gründlich.
"Hier wären wir!", sagte die junge Echse.
"Müssen wir das jetzt jedes Mal machen?", fragte der schwarze Drache und keuchte.
"Nein, keine Sorge!", sagte Amaya, "Diese Höhle führt einmal unter der gesamten Insel durch, dann kommen wir zu einem sicheren Strand auf einer Nebeninsel! Oben drüber können wir nicht fliegen, also müssen wir drunter durch!"
"Ich dachte, das hier wäre unser Ziel!", sagte der Junge.
"Ich hab' es mir anders überlegt!", erwiederte das Mädchen, "Am Strand ist es schöner! Außerdem sind wir dann gleich in der Nähe von einem Wildschweinrevier!"
"Na, hoffentlich!", sagte Ohnezahn und folgte ihr durch den langen Gang auf die andere Seite.
"Von hier müssen wir wieder ein Stück tauchen!", erklärte die Echse, "Komm einfach nach!"
Sie sprangen beide mit einem Satz ins Wasser und schwammen nur ein paar Meter, bis sie wieder auftauchten.
Dann flogen sie zu einer winzigen Insel, die nicht weit entfernt war.
Sie landeten direkt an der Küste, an der die Wellen auf den Strand schlugen.
Inzwischen war es schon dunkel geworden und die ersten Sterne standen am Himmel.

"Ist es nicht wunderschön hier?", fragte Amaya und ließ sich den warmen Sommernachtswind über die Schuppen wehen.
"Ist es!", sagte ihr neuer Freund und legte sich neben sie in den weichen, fast weißen Sand.
Als Ohnezahn seinen Flügel über seine Artgenossin legte, rückte diese ein wenig näher zu ihm und genoss die angenehme Wärme, die von ihm ausging.
Kurz darauf waren sie beide eingeschlafen.

Zur gleichen Zeit hatten sich die Drachenreiter in der großen Halle versammelt und schmiedeten einen Plan, Ohnezahn von dem in ihren Augen bösen Mädchen zu befreien.
"Sie muss ihn irgendwie hypnotisiert haben!", sagte Fischbein, "Er würde niemals freiwillig von hier weg fliegen!"
"Sie gehört sicher zu den Drachenjägern!", sagte Rotzbakke, "Die haben immer solche Ideen!"
"Astrid, denkst du, Sturmpfeil kann seine Fährte aufnehmen?", fragte Hicks.
"Wir können es versuchen!", sagte das Mädchen, "Ich brauche nur etwas, das nach ihm riecht!"
"Sein Sattel sollte da passen!", sagte der Häuptling und holte das große Lederstück, "Den hat er mir ja freundlicherweise dagelassen!"
Sie ließen die tödliche Nadderdame daran riechen, welche sofort nach draußen lief.
Die anderen sprinteten ihr hinterher.
Nach kurzer Zeit kamen sie vor der Vorratskammer zum Stehen.
"Die Tür ist aufgebrochen!", fiel Astrid schon von weitem auf, "Ohnezahn hat Vorräte geklaut!"
"Er hatte wohl einfach nur Hunger!", sagte Hicks, "Ich wüsste nicht, warum er sonst rohe Fische geklaut haben sollte!"
"Komm, mein Mädchen, such weiter!", sagte die junge Frau.
Sturmpfeil gehorchte aufs Wort und stürmte sofort wieder los.
Schließlich lief sie in den Wald und blieb vor einer sehr niedrigen Höhle wieder stehen.
"Glaubt ihr, sie haben sich dort drin versteckt?", fragte Fischbein.
"Ohnezahn würde dort auf jeden Fall reinpassen!", sagte der Häuptling, "Amaya hat sich sicher auch mit reingelegt! Aber wo sind sie dann hin?"
"Lasst uns bis morgen warten!", bat Astrid, "Dann kommen wir wieder her!"
Sie gingen zusammen zurück ins Dorf.

Am nächsten Tag trafen sie sich wieder im Wald.
"Hier sind eindeutig Nachtschattenspuren!", sagte Fischbein, "Aber ich kann keine menschlichen Fußabdrücke sehen!"
"Sie hat sie bestimmt verwischt, um uns zu verwirren!", sagte Hicks, "Suchen wir weiter!"
"Dort oben sind einige Äste abgebrochen!", fiel dem Jungen auf, "Vielleicht haben sie sie beim losfliegen gestreift! Wir sollten Sturmpfeil wieder suchen lassen!"
"Aufsteigen, wir fliegen ihnen hinterher!", sagte der Anführer und sprang hinter Astrid auf ihren Drachen.
Sobald die anderen aufgestiegen waren, ließen sie die Drachendame erneut die Fährte aufnehmen, welche sich von selbst in die Luft erhob.
"Wir fliegen genau auf die Wechselflüglerinsel zu!", fiel dem jungen Mann auf, "Wir müssen vorsichtig sein!"
Kurz bevor sie da waren, flog Sturmpfeil plötzlich steil nach unten und blieb aber kurz über der Wasseroberfläche stehen.
"Sie sind getaucht!", sagte Fischbein, "So sind sie den Drachen aus dem Weg gegangen! Das ist ziemlich schlau!"
"Aber wo sind sie hingetaucht?", fragte Hicks, "Fliegen wir erstmal um die Insel herum, vielleicht finden wir etwas! Ein Schiff oder so!"

Doch als sie die Insel zur Hälfte umflogen hatten, stießen sie auf das kleine Stück Land, auf dem Ohnezahn friedlich schlafend im Sand lag.
"Hey, Kumpel!", rief der Junge ohne zuvor nachzudenken, "Was machst du da?"
Der Drache schrak auf und verschwand schnurstracks in dem kleinen Wäldchen in der Nähe.
Kurz darauf erhoben sich zwei fast gleich aussehende Drachen in die Luft und sausten an den Reitern vorbei nach Norden.
"Habt ihr das gesehen?", fragte Astrid erstaunt, "Zwei Nachtschatten!"
"Ich glaube, das war ein Weibchen!", sagte Fischbein, "Ohnezahn hat eine Partnerin gefunden!"
Hicks dachte nach.
"Habt ihr die gelben Flecken auf ihrer Haut gesehen?", fragte er, "Sie trägt das selbe Zeichen wie Amaya! Möglicherweise wollte die sie nur zusammenbringen! Vielleicht ist Ohnezahn nur mit ihr gegangen, weil sie ihm eine Freundin versprochen hat!"
Die anderen waren kurz still.
"Jetzt fühle ich mich irgendwie schlecht!", sagte Taffnuss.
"Und wo ist sie jetzt?", fragte Rotzbakke, "Da war sie auf jeden Fall nicht dabei!"
"Wer weiß, vielleicht ist sie noch auf Berk!", sagte der Häuptling, "Wir sollten zurückfliegen!"
"Wirst du dich bei unserer Freundin entschuldigen?", fragte Fischbein auf dem Weg nach hause.
"Wenn sie sich uns zeigt, werde ich es machen!", sagte der Anführer, "Ich versprech's! Schließlich hat sie meinen besten Freund glücklich gemacht!"

Als sie außer Sichtweite waren, kamen die beiden Drachen aus der Wolke hervor, in der sie sich versteckt hatten.
"Hmm... scheint als sollte ich ihnen nochmal eine Chance geben!", sagte das Nachtschattenmädchen, "Zumindest sollte ich bei ihnen vorbeisehen!"
"Wir sind jetzt also Partner, ja?", fragte ihr Artgenosse.
"Na ja... sagen wir... gute Freunde!", sagte Amaya, "Vorerst..."

Der Drache, der den Reiter zähmte (Httyd ff)Where stories live. Discover now