Kapitel 2. Ein besonderes Mädchen

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Hicks und seine Freunde flogen zurück zur Arena und bewachten den verletzten Drachen, während Ohnezahn und Valka bei dem Mädchen blieben.
"Sie gefällt dir also, hm?", fragte die Frau.
Der Drache brummte und legte seinen Kopf auf das Bett.
Die Erwachsene seufzte.
"Manchmal wünschte ich, wir könnten euch auch so verstehen, wie ihr uns!", sagte sie.
Die Echse vergrub seine Schnauze unter der Hand der jungen Reiterin und brummte erneut.

In diesem Moment hörten sie ein leises Stöhnen, das aus ihrer Richtung zu kommen schien.
Das Mädchen begann, mit den Fingern zu zucken und drehte sich ein kleines bisschen zur Seite.
Ohnezahn stieg mit den Vorderbeinen auf das Bett und stubste sie sanft an.
Als die Fremde die Augen einen Spalt weit öffnete, erblickte sie als erstes ihn.
Sie setzte sich auf und sah dem Drachenjungen einen Moment lang in die schimmernd grünen Augen, bevor sie sich weiter umsah.
Als sie jedoch bemerkte, dass direkt vor ihr eine menschliche Frau saß, schrak sie auf und zog ihre Füße schlagartig weg.
Ihre Pupillen verformten sich zu kleinen Schlitzen.
Der Drache brummte beruhigend und schien ihr zu sagen, dass sie in Sicherheit war.
"Gaaanz ruuuhig!", sagte Valka und streckte ihre Hand langsam aus, "Dir wird nichts geschehen!"
Als sie das seltsame Mädchen fast berührt hatte, zog dieses seinen Arm weg.
"Finger weg!", fauchte sie drohend.
Die Erwachsene wich erschrocken zurück.
Der pechschwarze Drache, der immernoch neben dem Bett saß, sagte erneut etwas und sah die junge Frau mit großen Augen an.
"Ihr seid also keine Drachenjäger, ja?", fragte diese vorsichtig.
"Nein, sind wir nicht...", sagte die Dame verwirrt, "Hat... er dir das gerade gesagt?"
"Ich stelle hier die Fragen!", knurrte das Mädchen, "Wo ist dieser Hicks?"
"Er ist mit seinen Freunden in der alten Drachenarena!", erklärte Valka, "Sie versorgen dort deinen Drachen!"
"Meinen Drachen?", fragte die Fremde, "Ich verstehe nicht..."
"Na, den Skrill, mit dem du abgestürzt bist!", sagte die Frau, "Wenn du willst, kann ich dich gerne zu ihnen bringen, damit du dich selbst überzeugen kannst!"
"Erst, wenn du mir sagst, wer du bist und wo ich bin!", sagte das Mädchen.
"Ich bin Valka und du bist in meinem Dorf auf der Insel Berk!", erklärte die Dame, "Darf ich erfahren, wer du bist? Wo kommst du her?"
"Ich bin Amaya!", sagte die Jüngere nun höflich, "Ich komme von überall! Lange hält es mich nie an einem Ort!"
"Komm mit, dann bringe ich dich zu den anderen!", bat Valka, "Du möchtest doch sicher dabei sein, wenn dein Freund aufwacht, oder?"
"In Ordnung!", sagte die junge Reiterin, "Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du niemandem erzählst, was du gesehen hast, oder noch sehen wirst!"
"Ich schwöre es!", sagte die Frau, "Wickingerehrenwort!"

Die beiden gingen mit einem gewissen Abstand zueinander nach draußen.
Als ihnen Wolkenspringer fröhlich entgegenkam, zauberte er dem Mädchen ein Lächeln ins Gesicht.
"Ist er nicht wundervoll?", flüsterte die Wickingerin ihr zu, "Auf ihm werden wir fliegen!"
"Und Ohnezahn?", fragte Amaya traurig und sah den deutlich kleineren Drachen an, "Wir müssen ihn mitnehmen!"
"Sieh dir doch mal seinen Schwanz an!", sagte Valka, "Ich weiß nicht, wie man das Ding steuert!"
"Dann nehme ich ihn mit!", sagte das Mädchen.
"Wie denn das?", fragte die Frau verwundert.
"Das zeige ich euch, wenn ihr mit in den Wald kommt!", versprach die Besucherin und lief los.
Die anderen verloren sie, als sie die Baumgrenze überquert hatte.
"Hallo?", fragte die Erwachsene, "Wo bist du hin?"
"Ich bin hier!", sagte jemand hinter ihr.
Die Dame erschrak, als ein dunkelgrauer Drache kopfüber von einem Baum kletterte.
Er sah fast so aus, wie Ohnezahn, doch hatte auf seinem Kopf einen große Fläche mit gelber Farbe bedeckt.
Auch seine kleinen Pfoten waren bemalt, genau wie ein kleiner Teil seiner zerrissen wirkenden Schwanzflosse.
Sein Rückenkamm bestand aus scharfen Spitzen und sein Schweif war an beiden Seiten mit solchen bedeckt.
Seine Augen waren ebenfalls grün, doch hatten eine viel stärkere Farbe.
"I... ich hatte vieles erwartet, aber das nicht!", sagte Valka erstaunt und ängstlich zugleich.
Ohnezahn hüpfte wie verrückt auf und ab.
"Gefällt dir, was du siehst?", fragte Amaya belüstigt.
"Hättest du nicht diese Farbe auf dem Kopf, hätte ich gesagt, du bist es nicht, aber so...", sagte die Menschenfrau, "Musste ich deshalb schwören, nichts zu verraten?"
"Genau!", sagte der Drache, "Ich kann nicht riskieren, dass der Falsche erfährt, was ich bin! Auch deine Freunde nicht! Ich muss mich erst vergewissern, dass ich euch allen vertrauen kann!"
"Wieso sagst du es mir dann?", fragte die Erwachsene.
"Du hast ein gutes Herz!", sagte die Echse, "Du hast schon sehr lange unter Drachen gelebt und sie davor geschützt, gefangen zu werden! Du kannst unsere Sprache verstehen, auch wenn du es nicht so wahrnimmst! Du weißt immer, was sie gerade brauchen! Das ist eine Eigenschaft, die nicht viele Menschen besitzen!"
"Eure Sprache verstehen?", fragte die Wikingerin, "Ich bin mir nicht sicher, ob du mich richtig einschätzt, aber ich habe keine Ahnung, was ihr sagt!"
"Kann sein, aber du verstehst unsere Körpersprache!", sagte das Mädchen, "Und wenn ein Drache ruft, kannst du unterscheiden, ob er einen Partner sucht oder gerade in Schwierigkeiten steckt! Du weißt, wann sie schlechte Laune haben, oder Zuneigung brauchen! Und das ist alles, was du erkennen musst, um uns zu verstehen!"
"Ich hatte nicht erwartet, so etwas einmal von einem Drachen zu hören!", sagte die Reiterin verlegen.
"Hättest du es lieber von jemand anderem gehört?", fragte Amaya, "Du sagtest, du hattest etwas anderes erwartet, als du mich so gesehen hast!"
"Nun, ich dachte, du wärst vielleicht bei Drachen aufgewachsen, als du dich so... unmenschlich benommen hast!", sagte Valka, "Dass du selbst einer bist ist..."
"Seltsam, nicht wahr?", fragte der Drache.
Die Frau nickte.
"Gibt es noch mehr, deiner Art?", fragte sie, "Gibt es noch andere, die sich verwandeln können?"
"Ich bin keine besondere Art!", sagte die Echse, "Ich bin ein ganz normaler Nachtschatten, genau wie er! Das hier ist, was mir erlaubt, mich in einen Menschen zu verwandeln!"
Sie sah an ihrem Hals nach unten.
Sie trug eine Halskette, an dem ein großer gelber Stein hing.
"Es ist ein sehr altes Erbstück meiner Familie!", sagte sie, "Der Stein besitzt die Macht, jedes Lebewesen in ein anderes zu verwandeln! Ursprünglich gab es zwei, aber ich habe den anderen als kleines Kind verschluckt und deshalb haben meine Eltern mich verstoßen! Die Kette habe ich einfach mitgenommen! Ich bräuchte sie garnicht, der andere Stein ist der, der mir die Kraft verleiht! Wer weiß, vielleicht werde ich irgendwann jemanden finden, der würdig ist, ihn zu tragen!"

Der Drache, der den Reiter zähmte (Httyd ff)Where stories live. Discover now