❄︎ Kapitel 8 (mit 16 Jahren)

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Tom lauschte mit dem Ohr an der Wand. Nichts. Erleichtert lehnte er sich dagegen. Niemand durfte sein dunkles Geheimnis erfahren. Ein zynisches Lächeln stahl sich auf seine Lippen- niemand würde es erfahren.
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Gedankenverloren ließ er seinen Blick über den nachtschwarzen See gleiten. Sanfte Wellen wogten gegen seine Füße, die im eisigen Wasser hingen. Auf einmal hörte er ein Rascheln, musste sich jedoch nicht umdrehen, um zu wissen, wer da stand.

„Woher wusstest du, dass ich hier bin, Nahla?", fragte er und blickte zum Mond hinauf, der die Landschaft in sein silbernes Licht tauchte.

„Mist! Woher weißt du das immer? Ich meine, ich habe das ja damals im Zug, weißt du noch, in der Ersten, alles nur geraten. Aber woher weißt du es jetzt?" In ihrer Stimme schwang ein leicht verzweifelter Unterton mit.

Tom betrachtete weiter die spiegelglatte Wasseroberfläche und antwortete: „Das war nicht weiter schwer, wenn man mal zur Kenntnis nimmt, dass niemand außer Dir sich traut, mich zu verfolgen."

Nahla seufzte ergeben und ließ sich neben ihm auf den kalten Boden fallen. Wahrscheinlich denkt sie gerade etwas in der Art: Der Boden ist genauso kalt wie Tom, schoss es ihm durch den Kopf.

Sie fröstelte- er konnte es ihr nicht verdenken.

„Warum bist du hier?", fragte er und blickte zum ersten Mal auf. Fragend sah er in ihre dunklen, freundlichen Augen.

Nach kurzem Zögern antwortete sie:

„Hab ich doch schon gesagt. Zumindest indirekt. Also na ja, eigentlich nicht."

Sie lachte nervös und lugte unsicher zu ihm herüber.

„Ich... du... also...", stotterte sie hilflos und sah beschämt zu Boden.

„Was?", fragte er abweisend.

Dann platzte es aus ihr heraus: „Du- du hast dich verändert! Ich meine, du warst schon von der ersten Sekunde an unerträglich, aber es ist schlimmer geworden. Du schikanierst mit deinen Freunden Erstklässler und Muggelstämmige. Du wirst..."

Sie schluckte und traute sich noch immer nicht, ihm in die Augen zu sehen. Was würde er tun?

„Du wirst von... von Tag zu Tag böser."

Endlich sah sie auf und sah ihm direkt ins Gesicht. Die Worte, die sie gesagt hatten, trafen Tom härter als er zugeben wollte, aber wusste, dass sie recht hatte.

„Na und?", fragte er scheinbar unbekümmert, „Das ist ja wohl meine Sache. Ich weiß es, aber es macht mir nicht aus. Ich bin eben von Grund auf böse- daran wird niemand etwas ändern, auch nicht du."

Nahla biss sich auf die Lippe. Das hatte sie nicht erwartet.

„Du bist längst nicht mehr so gut zu durchschauen wie früher in der ersten Klasse hier. Warum möchtest du keine echten Freunde?"

Tom runzelte die Stirn. „Du hast genauso wenig Freunde wie ich."

Da erst bemerkte er, was er gesagt hatte. Er hatte keine Freunde, sie hatte keine Freunde. Er war böse, sie lieb. Eigentlich wäre es das perfekte Klischee. Eigentlich?

Das Leben des Tom RiddleWhere stories live. Discover now