kapitel 36

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Ein letzter Abschied.
Ein letzter Kuss.

Eine letzte Wahrheit.
Ein letztes Muss.

„Alles in Ordnung bei dir? Du warst heute nicht bei der Arbeit und da habe ich gedacht, dass du vermutlich krank bist und dir eine Suppe gemacht. Ich habe mir Sorgen gemacht und du hast auch nicht geantwortet also bin ich nun einfach mal hergekommen, um nachzusehen, ob du in Ordnung bist und damit ich dir die Suppe geben kann. Obwohl ich nicht einmal weiß, was für Suppe du magst...ich habe einfach einmal eine Tomatensuppe gekocht und gehofft, dass sie in Ordnung schmeckt."

In meinem Kopf dreht sich alles. Ich habe nicht erwartet, dass er herkommt. Dass ich es weiß.

„Audrey?" Romere legt besorgt eine Hand an meine Stirn, dann an seine und dann wieder an meine. „Du solltest kein Fieber haben", stellt er fest. „Und hast du geweint? Deine Augen sind rot und deine Nase auch-..."

Romere schiebt mich sanft in die Wohnung und schließt die Tür hinter sich, ehe er eine Tüte abstellt. Vermutlich ist da die Tomatensuppe drin.

„Oh, Baby, was ist nur geschehen?", will er wissen. Er will mich schon in seine Arme ziehen, da realisiere ich es erst. Wieso es mir schlecht geht. Wegen ihm. Wegen seinen Lügen. Dass ich nicht sofort reagiert habe, ist vermutlich nur eine Schockreaktion gewesen, aber ehrlich gesagt gibt es auch nicht wirklich eine andere Möglichkeit auf jemanden zu reagieren, wenn diese Person plötzlich in einem vollkommen neuen Licht erstrahlt. Erstaunlicherweise fange ich nicht an zu weinen, sondern schiebe nur seine Arme weg, damit er mich nicht wieder mit seinem Körper benebeln kann. Denn so ist das zwischen uns beiden. Es scheint so etwas Biologisches, etwas Natürliches zu sein, dass ich ihn liebe, dass ich meinen Verstand vollkommen ausschalte. Aber ich brauche ihn, denn sonst tappe ich wieder im Dunkeln und ich weiß nicht, wie ich das aushalten soll.

„Audrey?" Romere klingt verwirrt. Ich suche nach Worten, aber mein Kopf ist leergefegt. Was soll ich jemandem sagen, der es für unverbindlich hält, mir die Wahrheit zu sagen? Was soll ich jemandem erzählen, der mir Lügen darüber aufgetischt hat, dass er mich vermisst, während er ein Kind mit einer anderen gezeugt hat? Was gibt es denn für mich zu sagen, wenn ich weiß, dass er mir die Wahrheit wieder vorenthält, aber damals bei mir ein Riesendrama veranstaltet hat, als ich ihm einen kleinen Teil von mir nicht offenbaren wollte? Das hier ist etwas anderes. Grundverschieden. Ich habe nicht mit ihm geschlafen und ihm meine Liebe gestanden, während ich ein Spiel gespielt habe, von welchem ich nichts wusste. Ich habe nicht vorgegeben, dass wir uns brauchen, dass er mein Ein und Alles ist, während Zuhause eine Tochter auf mich wartet. Ich habe nichts von alledem getan und dennoch kann ich nicht anders als ihn noch immer zu lieben, während er vor mir steht und mich so besorgt ansieht, obwohl ich weiß, dass er es nicht verdient hat.

Ich wünschte, dass ich ihn hassen könnte – denn das hat er verdient. Aber gleichzeitig möchte ich ihn auch lieben, weil ich es verdient habe. Ich habe so lange gekämpft und ich bin nicht bereit, in eine neue Schlacht zu ziehen. Mein ganzes Leben besteht aus Kämpfen, aus Schmerz, aus verlorenen Schlachten. Für mich gibt es keinen Grund mehr zu kämpfen, wenn ich das Ende davon schon tausendfach erlebt habe. Und doch wünschte ich, dass dem nicht so ist, weil er vor mir steht, mich liebt und so besorgt um mich ist, dass er mir eine Suppe gekocht hat.

Oder ist das nur sein väterlicher Instinkt? Eine Suppe für jemanden zu machen, der ihm wichtig ist, wenn er weiß, dass es dieser Person nicht gut geht? Falls ich ihm überhaupt wichtig bin. Es ist schwierig einzuschätzen, was er mir alles vorgaukelt, wenn er offenbar so gut darin ist, mich von gewissen Dingen zu überzeugen oder gar abzulenken.

„Audrey, bitte rede mit mir. Was ist passiert? Kann ich dir irgendwie helfen? Es gibt nichts, was ich nicht machen würde, ja? Du musst mir einfach sagen, was los ist oder wer dich verletzt hat und ich kümmere mich darum, Baby. Bitte, lass mich dir einfach helfen."

Save Me MaybeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt