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Die Woche hätte nicht schneller vergehen können. Auch, wenn es die erste richtige Schulwoche für mich war, freute ich mich aufs Wochenende und vor allem auf Momo. Auf den Gängen trafen wir uns öfters und unterhielten uns, wobei wir uns kennenlernten. Der Unterricht war langweilig was sonst, aber mit Seongju war er echt erträglich. Inzwischen saßen wir in der hinteren Reihe, wodurch man einen exzellenten Überblick über die Klasse hatte. Zugegeben waren die Lehrer hier nicht schlecht, aber ich interessierte mich nicht die Schnuppe für den Stoff, weshalb ich die meiste Zeit damit verbrachte, in meinem Block zu kritzeln.

Mit dem Klingeln der Glocke endete der Matheunterricht und alle strömten aus dem Klassenzimmer. Alle außer

Min Seoyun.

Diese saß noch am Ende ihrer Reihe am Fenster und packte langsam ihre Schulsachen zusammen.

„Willst du nicht auch gehen?", erkundigte ich mich. Ihr Kopf schnellte in meine Richtung und sah plötzlich zu Boden. „Nein. Ich muss noch mit dem Lehrer reden. Schönes Wochenende." Die letzten Worte nuschelte sie, wodurch ich sie kaum verstand. Mit einem ‚Wie auch immer' drehte ich mich um und verließ den Raum.

Zuhause landete mein Rucksack auf dem Boden und mein Pulli auf dem Bett. Nur mit Jogginghose wanderte ich durch das Haus auf der Suche nach meinen Eltern, die seit gestern wieder da waren. Als sie nicht da waren, während meine Freunde zu Besuch waren, fühlte sich etwas nicht richtig an. Eigentlich will ich offen zu meinen Freunden sein, aber ich habe Angst, dass ich dann der Spacko ohne Eltern bin, der von der Straße kommt. So wie früher auch. Ach was solls. Gerade klingelte es an der Haustür und ich steuerte gerade darauf zu. Als ich sie öffnete, war ich baff

„Min?"

„Was willst du denn hier? Woher weißt du wo ich wohne?"

Sie sah nicht auf, da fiel mir ein, dass ich kein Shirt anhatte. Die hat vielleicht Probleme. Mich stört es nicht, wenn ich ohne Shirt unterwegs bin.

„Du hast das hier fallengelassen und ich habe deine Adresse stand hier drauf."

Sie hielt mir einen Briefumschlag entgegen. Bei genauerem Betrachten fiel mir auf, dass es einer der Adoptionsagentur war. Seit der Adoption musste ich mich regelmäßig melden. Ab und an bekam auch von ihnen Post zurück. Der letzte kam vor ein paar Tagen und informierte mich, dass mein Eingewöhnungsverfahren bald beendet sein würde und wir als neu gebildete Familie zum Abschlussgespräch vorgeladen wurden. Ich musste ihn in den Rucksack gesteckt haben als ich den Briefkasten geleert habe. Ich raufte mir die Haare, da ich nicht wusste, ob sie wusste, worum sich der Brief handelte. Was, wenn sie es herausfinden würde? Dann kann ich auch gleich umziehen. 

„Ähm.. Danke.. Seoyun." Damit nahm ich den Brief entgegen. Das Mädchen verbeugte sich rasch und wollte gehen, da kam meine Mutter ihr entgegen. Zu meiner Überraschung wirkte es, als ob sie Seoyun jedoch schon kannte und offen auf sie zuging. „Anyeonghasseyo. Was macht du denn hier Jagia? Das warst doch du in dem Café, nicht?" „Doch. Anyeonghasseyo. Ich bin eine Klassenkameradin von Jaeon. Er hatte etwas vergessen und ich habe es ihm gebracht." Sie verbeugte sich tief und hielt den Kopf gesengt. Warum machte sie sich bitte kleiner als sie ist? Komisch. 

„Das ist aber lieb von dir. Ich bin seine Mutter. Möchtest du nicht mit ins Haus kommen und etwas mit uns trinken?", erkundigte sie sich und sah zu mir. „Ach du meine Güte!!1 Kang Jaeon!!! Zeh dir was an. Wenn du nicht mein Sohn wärst, würde ich dich auch nicht sehen wollen", scherzte sie. Autsch... In mir zog sich etwas zusammen. „Passt schon", murmelte ich und bemühte mich nicht, meine Enttäuschung zu verbergen. „Ach Jagia. Das wollte ich doch nicht.", warf Eomma ein, „Wie sieht es aus Jagia? Kommst du kurz?" Sie wandte sich an Seoyun, welche von einem Bein auf das andere tapste. „Es tut mir wirklich Mrs. Kang, aber ich muss noch zum Arbeiten und... sie blickte auf ihre Uhr und riss die Augen auf"... Ach Herrje. Ich bin schon schrecklich zu spät. Bitte verzeihen sie mir, aber ich muss los." Damit verbeugte sie sich hastig und rannte davon.

Plötzlich war ich leer. Was meine Mutter gerade gesagt hatte und die Tatsache, dass Seoyun gerade vor mir weggerannt ist machten es nicht besser. Ganz ehrlich... Das machte mich wütend und ich wusste nicht wieso. Im Heim hatte ich wenige Freunde, weil die einen Drogen abhängig und kriminell oder einfach schnell aufgenommen waren. „Jagia? Alles in Ordnung?", holte mich Eomma aus der Trance. Ich war sauer und das nicht ohne Grund. Ich sah sie an und dachte mir f*ck it. „Nein. Nichts ist in Ordnung. Konntest du dir diese verfickte Bemerkung nicht sparen? Ich bin schon ein Spast, den nicht mal die eigenen Eltern wollen und dann das?" Ich raufte mir die Haare viel zu aggressiv und hatte einzelne Strähnen in der Hand. Die Frau mir gegenüber sah verletzt aus und kämpfte gegen die Tränen. Ich atmete tief durch und sammelte meine Gedanken. „ich gehe gleich in die Innenstadt auf ein Date mit Momo. Ich werde wahrscheinlich erst später kommen. Okay?" Ohne Antwort drehte ich mich um und lief ins Bad, wo ich eine kalte Dusche nahm und mich vorbereitete.

Eine Stunde später stand ich vor Momos Tür. Inzwischen hatte ich ihre Nummer und sie gab mir ihre Adresse. Es war ein großes Haus mit gepflegtem Vorgarten. Nach einem tiefen Atemzug klingelte ich bei ihr an der Tür und kurz darauf stand sie vor mir.

„Hey Jaeon"

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