7. Kapitel

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"Ist alles in Ordnung?", fragte Philipp mich, nach dem der Film fertig war. Ich löste meine Augen von dem Bildschirm. "Kannst du mir erklären, warum ich den Film nicht schon früher gesehen habe?", fragte ich ihn. "Diese Frage kannst du dir nur selbst beantworten!", lachte er laut. Wir hatten während dem Film kein einziges Wort gewechselt, aber ich hatte zwischendurch immer wieder seine Blicke auf mir gespürt.

"Der Film war unglaublich!", schwärmte ich. "Die Handlung, die Kulisse, die Schauspieler und der Soundtrack!"
Ich konnte vor Begeisterung gar nicht mehr aufhören zu schwärmen. Philipp beobachtete mich nur lächelnd und sagte nichts. "Du musst mir bald unbedingt die andern Filme zeigen!"

"Natürlich zeige ich dir die anderen Filme!", lachte Philipp. Mittlerweile war ich aus der seltsamen Starre erwacht und warf einen Blick auf mein Handy. 23:42 Uhr. "Verdammt, ich sollte mich langsam mal auf den Weg nachhause machen.", murmelte ich. "Um die Uhrzeit noch? Das halte ich für keine gute Idee. Wenn du magst, kannst du hier bleiben. Hannah leiht dir bestimmt ein paar von ihren Sachen."

Ich musste kurz überlegen, denn man konnte gewiss nicht sagen, dass ich Philipp gut kannte, aber irgendwo hatte er ja recht, es war wirklich schon sehr spät. Schließlich entschied ich mich dafür, die Entscheidung meinen Eltern zu überlassen. Ich nahm mein Handy und wählte die Nummer meiner Mutter.

"Hallo?", hörte ich Mama am anderen Ende sagen. Sie hörte sich einigermaßen normal an, höchstens ein bisschen schlaftrunken. "Hey, Mama. Philipp hat gefragt, ob ich hier bleiben möchte, weil es schon so spät ist. Darf ich hier bleiben?" Insgeheim hoffte ich, dass sie ja sagen würde und anscheinend meinte es das Schicksal heute mal gut mit mir.

"Lass dich aber nicht schwängern.", sagte meine Mutter nur, dann legte sie auch schon auf. Schmunzelnd drehte ich mich zu Philipp um. "Ich darf hier bleiben, aber du musst mir versprechen, mich nicht zu schwängern." Als ich das sagte, wurde Philipp rot und ich musste laut anfangen zu lachen. "Das war ein Spaß! Entspann dich." Jetzt sah er erleichtert aus und ganz ehrlih, ich kann es ihm nicht verübeln, hätte mir jemand gesagt, dass er die Anweisung bekommen hat, mich nicht zu schwängern, obwohl wir uns noch nicht wirklich lange kannten, hätte ich genauso reagiert.

"Das war nicht lustig!", beschwerte er sich noch, fing aber im gleichen Moment genauso laut an zu lachen wie ich. Plötzlich streckte ein Mädchen in meinem Alter den Kopf durch die Tür. Sie sah aus wie Laura in groß. "Könnt ihr bitte ein bisschen leiser sein? Laura ist gerade schlafen gegangen.", bat sie uns. "Tut mir leid, Han. Darf ich vorstellen, dass ist Sina.", schnaufte Philipp und ich sah ihm an, dass er sich stark zusammen reißen musste, um nicht wieder anzufangen zu lachen wie ein Irrer.

"Du bist also unsere neue Teamkameradin.", sagte sie und musterte mich von oben bis unten. "Hi, ich bin Hannah, aber das weißt du vermutlich schon." Hannah kam rein und schüttelte mir die Hand. Sie war ungefähr so groß wie ich und verdammt hübsch. "Ja, Philipp hat schon von dir erzählt.", lächelte ich sie an. "Und von dir auch.", grinste Hannah und fing sich einen Schlag auf den Hinterkopf ein.

"Lass das, du Idiot.", grummelte sie und schlug Philipp in die Seite. "Kannst du Sina was zum Schlafen geben? Sie übernachtet hier.", bat Philipp sie. "Also wenn das jetzt Mara wäre, würde ich einfach nein sagen, aber das ist Sina, also sage ich ja. Ich komme gleich wieder." Sie verschwand aus der Tür. Mara? Wer war Mara?

Philipp deutete meinen Blick richtig und seufzte: "Mara ist meine Ex-Freundin. Wir haben uns vor fünf Monaten getrennt. Hannah konnte sie nie leiden und am Ende hat sich ihr Misstrauen wie immer berechtigt." "Was ist denn passiert?", fragte ich ihn. "Sie hat mich betrogen. Mit meinem damaligen besten Freund." Das ist hart. "Wie lange seid ihr zusammen gewesen?", fragte ich vorsichtig.
"Sie hat mich kurz vor unserem zweijährigen Jubiläum betrogen." Und es wird immer schlimmer.
Am liebsten würde ich ihm sagen, wie leid mir das tut, aber es kam mir nicht richtig vor, stattdessen sagte ich: "Immerhin hast du rausgefunden was für ein Miststück sie ist, bevor ihr geheiratet habt."
"Stimmt.", lächelte mich Philipp an, aber das Lächeln wirkte müde und angestrengt. Empfand er noch was für diese Mara?

"Und du? Irgendwelche seltsamen Ex-Freund-Geschichten?", fragte er. "Nein. Ich hatte noch nie einen Freund.", erwiderte ich. "Echt? Dabei bist du doch so liebenswürdig und hübsch." Ich lachte leise auf. Er hatte meine eine Seite kennengelernt, aber niemand, also auch er nicht, kannte die andere Seite von mir. Die Seite, die sich nach Liebe und Glück sehnte und die, die vor vielen Jahren zerbrochen ist.

Ich glaube, Philipp wollte mich gerade fragen, was so lustig ist, aber da kam Hannah schon rein. Auf dem Arm hatte sie eine Jogginghose und ein Top. "Bitteschön.", sagte sie und überreichte mir die Klamotten. "Übrigens war das Kommentar bezüglich Mara wirklich doof, es tut mir leid."
Hannah überraschte mich mit ihrer direkten Art. Das machte sie sehr sympathisch.

"Ich habe ihr erklärt, was passiert ist.", setzte Philipp sie in Kenntnis. "Na dann, eine gute Nacht euch beiden. Und Philipp, tu mir den Gefallen und lass mich in dieser Nacht nicht zu einer werdenden Tante machen, denn so gerne ich Sina jetzt schon mag, dafür ist es definitiv zu früh."

Diesmal wurde ich rot, denn jetzt war genau das passiert, was ich eben noch selbst gehofft habe, dass es nicht geschieht. Bevor einer von uns noch was erwidern konnte, war Hannah schon aus dem Zimmer verschwunden. "Sie ist sehr intensiv.", schlussfolgerte ich die Begegnung und entlockte Philipp ein weiteres Lachen, diesmal aber leiser.

"Ich glaube, das ist das richtige Wort, um Hannah zu beschreiben. Viele Leute kommen mit dieser... intensiven Art von ihr nicht klar, aber genau das ist es, was sie ausmacht." "Also ich finde sie sehr sympathisch.", stellte ich klar. "Das freut mich. Aber wir sollten vielleicht langsam wirklich mal schlafen. Immerhin hast du morgen Schule." Verdammt, stimmt ja! Ich muss vorher nochmal nachhause und meine ganzen Sachen holen! "Philipp, warte mal kurz.", sagte ich,schnappte mir mein Handy und rief Jenni an. Ich wusste, dass sie noch wach war, obwohl sie schon längst schlafen sollte.

"Was willst du?", flüsterte sie. "Kannst du mir meine Schulsachen packen? Ich habe morgen Chemie, Mathe, Deutsch und Englisch." "Mach ich. Brauchst du sonst noch was?", fragte meine kleine Schwester. "Nein, eigentlich nicht. Aber mach bald das Licht aus, dein Buch läuft dir nicht weg!" Ich hörte Jenni stöhnen und musste lächeln. "Bis morgen, Sina." "Gute Nacht, Jen."

Ich ging zurück zu Philipp, der eine Schlafcouch ausgezogen hatte. "Wo magst du schlafen?", fragte er mich, während er die Couch bezog. "Als ob ich dich aus deinem Bett vertreiben würde.", murmelte ich, denn so langsam übermannte mich die Müdigkeit, immerhin war heute ein sehr ereignisreicher Tag.

Philipp schien meine Müdigkeit zu spüren. "Leg dich hin.", sagte er und deutete auf das Bett. "philipp, wirklich. Ich schlaf auf der..." "Nein, tu mir den Gefallen und leg dich ins Bett." Ich war eindeutig zu fertig für irgendwelche Diskussionen und ließ mich in das weiche Bett sinken. Philipp deckte mich zu und ich rechnete fest damit, dass er mich jetzt küssen würde. Es wäre en bisschen schnell, aber wirklich was dagegen hätte ich nicht. Doch statt mich auf den Mund zu küssen, beugte er sich vor und gab mir einen leichten Kuss auf die Stirn.

"Gute Nacht, kleine Granate."

1245 Wörter

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