3 - Nächtliche Routine

353 13 5
                                    

Und heute war einer der Tage, an dem ich mich von der besten Seite zeigen musste, um diese Chance zu nutzen, die ich glücklicherweise erhielt.

14:17 Uhr - Duha

Als Letztes machte ich mir meine Uhr ans Handgelenk, nachdem ich mir meinen langen olivgrünen Trenchcoat anzog, der mir bis zu den Knöcheln ging. Alles nötige schmiss ich in meine Tasche sowie auch die hohen Schuhe. Mit paar Zentimetern Absatz könnte ich mich niemals bis zur Uniklinik durchkämpfen, denn ich hatte mindestens einen Weg von 2 1/2 Std. mit dem öffentlichen Straßenverkehr vor mir, da mein Auto noch immer in Essen vergammelte.

Ich beließ es natürlich und ließ meine glatten, blonden Haare, die mir bis unter die Brust reichten, über die Schulter fallen.
Ich hoffte, ich hatte alles dabei, was ich brauchte und blickte das letzte Mal in meine bescheidene Wohnung, die das reinste Chaos darstellte mit den noch nicht geöffneten Kartons und der Schminke, die sich auf dem Boden breit machte.

Ich pustete und schloss die Tür hinter mir. Das Chaos musste ich aufschieben und war gerade mein geringstes Problem.

Bequem lief ich mit meinen Sneakern die Treppen hinunter, und stockte als ich bemerkte, dass kurz vor dem Eingangsbereich einige Typen standen, die da irgendwas trieben, dessen ich keine Beachtung schenken wollte. Genau so wenig konnte ich sehen, was sie dort machten noch wollte ich es wissen, denn es sah nicht gerade legal aus. Mit gesenktem Haupt lief ich gerade an ihnen vorbei und dachte, ich hätte es geschafft, bis ich gegen einen Rücken lief, kurz nachdem ich einen Blick nach hinten warf.
Ein 1.90m Mann stand vor mir, nicht all zu breit und ohne Bart. Er sah typisch südländisch aus, schwarze Haare, braune Augen, die ich gerade so noch unter seiner Kapuze erblickte, bis meine Augen zu der Kippe wanderten, die zwischen seinen schmalen Lippen lag, dessen Asche gerade zu abfallen schien.
Sein auch kantiges Gesicht kam mir mehr als nur bekannt vor, während ich einen musternden Blick von ihm einfing.
„Yallah O.g. das Ott wartet auf uns", ertönte eine tiefe Stimme hinter mir, während sich jemand durchquetschte. Sein Blick löste sich von mir und blickte an mir vorbei, sodass ich Narben an seiner Wange identifizierte als auch ein Tattoo an seinem Hals. Ich merkte gar nicht, wie lang ich da stand und ihn ansah, bis ich wieder einen fragenden Blick einfing.
„Habibi ich hab gerade echt keine Zeit, aber später kann ich mir etwas Zeit für dich nehmen.", zwinkerte er mir belustigt zu, weswegen ich große Augen machte und rot anlief, da ich null mit so einer Aussage gerechnet hatte.
„Eh... sorry.", stotterte ich nur so her und setzte meinen Weg fort, während ich Blicke auf meinem Rücken spürte.
Gott, wie peinlich ich mich vom Staub gemacht hatte. Das war's mal wieder vollkommen und setzte einen drauf, als ich sein leichtes Lachen hinter mir hörte, als auch gemischte Stimmen, die immer mehr verblassten.

________________________

14:24 Uhr - O.G.

„Wo ist der ganze Rest vom Gras?", fragte ich angepisst den 15-jährigen kleinen Pisser vor mir, der mir zu wenig Geld brachte für das, was er anscheinend vertickt haben soll.
„D-das ist wirklich alles, was ich hab", log er mich wieder an. Diese kleinen, verwöhnten deutschen Pisser, die sich bisschen Aufregung im Leben suchten und so mit unserem Brot spielten.
„Seh ich so aus, als wäre ich dumm?", fragte ich ihn nun.
„Nein?", antwortete der blonde Junge vor mir zitternd. Die Angst war glatt in seinen Augen nieder geschrieben.
„Warum verkaufst du mich dann für dumm?", fragte ich ihn, während ich ihn wütend am Hals hochdrückte, sodass er rot anlief.
„Khaled yallah kümmer dich um diese Kinderscheisse, bevor ich dem Jungen eine Kugel gebe.", forderte ich meinen Bruder auf, ließ den blonden Jungen fallen, der lautstark nach Luft schnappte und ging raus, um eine Kippe anzuzünden und das Geld in meiner Hand zu zählen.
„Steht die Sache von heute Nacht?", fragte mich Amir.
„Hmh", antwortete ich ihm nur, während ich das Geld einsteckte.
„Reiner, weißer Schnee sagst du?", lachte er, weshalb ich grinsen musste. Es warteten gute Zeiten auf uns, doch auch harte Zeiten. Ich war frisch aus dem Knast raus und war abgeneigt davon, wieder in der Zelle zu landen.
„Willkommen zurück habebe, wir haben dich vermisst und die Straße auch", schlug mir mein Kindheitsfreund auf die Schulter.
„Definitiv Bruder, definitiv.", zog ich fest an der Garro und zuckte mein Handy, als mich jemand von hinten anrempelte.
Gerade als ich mich abgefuckt umdrehen wollte, sah ich, dass es eine junge, blonde Chaya war, die definitiv nicht so aussah, als wäre sie von hier. Ich warf einen kurzen, fragenden Blick Amir zu, der die Schultern zuckte, und musterte sie anschließend.
Ich sah sofort wie verschreckt sie war, das war die Blondine von heute Morgen, die Jamila kennenlernen durfte und gestern Nacht mit irgendeinem Van ankam. Mit ihren großen Augen sah sie mich wie ein Auto an, sie sah nicht gerade schlecht aus, im Gegenteil.

O.G. - Aus der ZelleWhere stories live. Discover now