VIII. Just a dance, just a kiss 💐💋

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Ich verschlucke mich fast an dem kleinen Schluck herben Gebräus, während Magnus neben mir erheitert kichert. Im Gegensatz zu ihm finde ich das nicht ganz so witzig.
'Was soll ich denn darauf antworten?'

Ich kann Magnus weder das eine noch das andere nennen, wobei ich die Begriffe, die Tommy benutzt hat, wohl selbst nie verwenden würde. Er ist immerhin noch ein Kind. Zumindest scheint er ja den Unterschied zu kennen.

"Magnus und ich kennen uns noch nicht so lange, aber es wäre schön sein Freund sein zu können. Welche Art von Freund werden wir beide wohl noch herausfinden müssen", erkläre ich meinem Cousin, während ich dabei entschlossen zu Magnus sehe. Ich hoffe, mit dieser Antwort werde ich allen Anwesenden gerecht.
Magnus lächelt bei meinen Worten. Ein gutes Zeichen dafür, dass er es ebenso sieht.

"Cool."
Mehr hat Tommy wohl nicht dazu zu sagen, denn er fragt meine Mom im nächsten Moment ob es noch Eis als Nachtisch gibt. Damit bin ich wohl abgeschrieben. Gegen Eis stinke ich ab. Meine Mutter deutet ihm an, ihr ins Haus zu folgen. Wie ich sie kenne hat sie einen ordentlichen Vorrat an cremigen Eis im Froster, denn Eis geht immer.

Je mehr Flaschen Wein und Sekt fließen, desto ausgelassener wird die Stimmung. Einige tanzen sogar und geben sich den melodischen Beats hin. Magnus wippt rhythmisch dazu im Takt und beobachtet aufmerksam die tanzwütigen Partygäste.

Auch Izzy lässt es sich nicht nehmen das Tanzbein zu schwingen. Ihre nackten Füße hüpfen fröhlich auf dem saftgrünen Rasen herum.
Schon vor zwei Stunden hat sie ihre goldenen Sandaletten in die nächstbeste Ecke gefeuert. Es macht mir Spaß ihr dabei zuzusehen, wie sehr sie diesen Abend mit der Familie genießt.

"Alec, Magnus. Kommt auch!", fordert Izzy und winkt Magnus und mir euphorisch zu.
"Ich tanze nicht, Izzy. Weißt du doch", erinnere ich sie und schenke Magnus ein schiefes Lächeln. Ich glaube, er würde schon ganz gerne tanzen.

"Spielverderber!", kommentiert meine Schwester beleidigt, auch wenn ich weiß, dass sie nicht wirklich sauer auf mich ist.
"Du tanzt nicht? Niemals?", erkundigt sich Magnus erstaunt. "Nicht einmal mit mir?" Seine Frage dringt wispernd in mein Ohr und löst ein pulsierendes Kribbeln in meinem Bauch aus.

Ich wende mein Gesicht nur leicht in Magnus' Richtung und bin dadurch nur wenige Zentimeter von seinen verführerischen Lippen entfernt. Ein feiner Bart grenzt sich darum ab und ich unterdrücke den Drang, die Konturen mit meinen Fingern nachzuzeichnen.

"Für dich würde ich sogar eine Ausnahme machen, aber nicht wenn mir alle bei meinen kläglichen Tanzversuchen zusehen", kläre ich ihn auf und bin selbst überrascht, wie tief meine Stimme gerade klingt.

Magnus' spitzer Kehlkopf hüpft aufgeregt auf und ab. Ich beobachte dieses Schauspiel aufmerksam, ehe er mir so nahe kommt, dass meine Nasenspitze seine Schläfe berührt. Magnus' warmer Atem kitzelt mein Ohr als er mich fragt: "Mmhhh. Und wenn wir irgendwo ungestört wären?"

'Wie gern wäre ich jetzt mit ihm ungestört, doch wo sollen wir hin?' Augenblicklich sehe ich die Lösung vor meinem inneren Auge aufblitzen.
"Ich habe da eine Idee. Komm mit!", flüstere ich Magnus grinsend zu und reiche ihm meine Hand.

Ohne langes Zögern ergreift er sie und lässt sich von mir auf die Beine ziehen. Ich nutzte die Unaufmerksamkeit der anderen Gäste und entführe Magnus in den Blumengarten meiner Mutter, auf der anderen Seite des Grundstücks.

Etliche kleine Laternen beleuchten die einzelnen Blumenbeete vor uns, die durch kleine Steinpfade zugänglich sind. Meine Mutter würde ausrasten, wenn wir hier abseits der Wege zwischen den Beeten herumtrampeln würden.

Glücklicherweise gibt es auch noch genügend Rasenfläche zu unserer rechten Seite. Perfekt für Magnus' und meinen ersten Tanz.

"Wow! Alexander! Was für wunderschöne Blumenbeete. Zu schade, dass es schon dunkel ist. Vielleicht kann ich sie morgen in aller Ruhe ansehen."
"Meine Mutter hätte sicherlich nichts dagegen. Sie hegt und pflegt sie akribisch", erkläre ich Magnus und beobachte wie er sich begeistert umsieht.

"Wirklich umwerfend", murmelt er immer wieder vor sich hin. Dasselbe könnte ich auch von mir geben, nur dass ich dabei nicht die Blumen meiner Mutter, sondern Magnus meine.

"Ein guter Ort zum Tanzen?", frage ich ihn direkt und deute auf die freie Rasenfläche.
"Perfekt. Hast du Musik?", will Magnus wissen. Ich zücke mein Smartphone aus der Hosentasche und öffne meine Lieblings-App.
"Spotify. Was magst du hören?"
"Was du selbst magst", antwortet Magnus und kommt direkt auf mich zu.

Ich wähle den Play-Button des Songs 'Look after you' von der Band The Fray und lege mein Handy, einige Meter abseits, mit dem Display auf den Rasen.

"Ein schöner Song", kommentiert Magnus. Seine linke Hand umfasst meine rechte und hält sie in Schulterhöhe, während die Finger seiner anderen Hand sich sanft an meinen Rücken legen. Eine völlig unschuldige Berührung und doch löst sie so viele starke Gefühle in meinem Innern aus.

"Lass dich von mir führen", weist mich Magnus an und lehnt seine Wange gegen meine. Sie ist warm und samtig.
"Ich werde es versuchen." Mit Nachdruck schmiege ich mich an meinen Blumenfreund und Tanzpartner, genieße die starke Vertrautheit zwischen uns. Kaum zu glauben, dass Magnus und ich uns erst heute Nachmittag zum ersten Mal begegnet sind.

Bis auf wenige Fehltritte stelle ich mich ganz gut an, wobei das sicherlich keine Kunst ist, da Magnus und ich uns nur minimal im Kreis bewegen. Dennoch passt der Rhythmus gut zum Takt des Liedes.

Magnus' Kopf senkt sich in meine Halsbeuge und ich spüre seine zarten Lippen zu meiner Halsschlagader wandern. Pochend drückt sie sich ihnen entgegen. Ich keuche ungewollt bei dieser Berührung auf und streiche ruhelos über Magnus' Rücken.

"Magnus."
"Alexander", nuschelt er gegen meinen Hals und ich habe das Gefühl kaum noch atmen zu können.
"Sieh mich an. Bitte", fordere ich. Magnus kommt meiner Aufforderung sofort nach. Ich sehe so viele Emotionen in seinem Blick, weiß nicht welche überwiegen und gerade die Kontrolle haben.

Ich für meinen Teil empfinde nur noch Sehnsucht und wahnsinniges Verlangen danach, endlich diese vollen Lippen zu küssen.

Schritt eins: Nicht vergessen zu atmen und sich Magnus vorsichtig nähern. Er darf mir nicht davonlaufen.
Schritt zwei: Kurz bevor sich unsere Lippen berühren, halte ich nochmal inne. Ich gebe Magnus die letzte Chance Nein zu sagen.

Schritt drei: Endlich. Ich küsse diesen wunderbaren Mann, sanft und zaghaft. Ich bewahre mir die Unschuld unseres ersten Kusses und wandere hauchzart mit meinen Lippen über Magnus' Mund.

Erkundend dränge ich mich ihm entgegen, ohne wirklich dominant zu sein. Was bleibt ist Aufrichtigkeit und das tief verankerte Gefühl eine Spur im Herzen des anderen zu hinterlassen.

Ein letztes Mal treffen unsere Lippen aufeinander, ehe sie sich wieder trennen und ein feines Kribbeln der Euphorie auf ihnen zurückbleibt.

"Das wollte ich schon tun, seit du heute in meinen Garten geschlichen kamst", flüstert mir Magnus entgegen und mustert mich erstaunt. Mit dieser offensiven Art von mir hat er wohl nicht gerechnet. Ich bin selbst über alle Maße überrascht und antworte mit der Stimme meines Herzens:

"Ich auch, Magnus. Ich auch.

Flowers First - Der Blumendieb 💐🏃🏻‍♂️Where stories live. Discover now