Kapitel 7

1.8K 55 8
                                    

Tiefenentspannt stieg ich aus meiner Dusche und wickelte meinen Körper in ein Handtuch. Summend warf ich meinen Kopf nach vorn und schlängelte ein weiteres Handtuch um diesen, welches anschließend wie ein schlechter Turban alles zusammenhielt. Nur ein paar vereinzelte Haarsträhnen klebten noch an meinen Wangen. Während ich mit meiner Hand über den Spiegel wischte, damit dieser nicht mehr ganz so stark beschlagen war, grinste ich von einem Ohr zum Nächsten. Meine Hände hatte ich auf den Rand des Waschbeckens gestützt, als ich mich zum spiegelnden Glas vorbeugte.
»Gewonnen!«, murmelte ich und spürte, wie die Energie meinen Körper überrollte. Unweigerlich riss ich meine Arme in die Luft, sprang umher und krisch wie ein kleines Mädchen.
»Dem habe ich es gezeigt!« Die Euphorie meines Erfolgs wollte nicht abnehmen. Dafür war ich zu stolz auf mich. Ich hatte den Prof zum Schweigen gebracht. Erreichte damit, dass er meine Wünsche respektierte und erwähnte nichts von weiterer Nachhilfe. Dabei war er der Professor, hatte eigentlich mehr Macht als ich. Welche Studenten konnten von sich behaupten, ihrem Lehrenden so viel Angst einzujagen, dass der klein beigibt? Genau! Keine, außer mir.
»Grace Jones!«, schrie ich und stampfte wie eine Verrückte mit meinen Beinen auf meiner flauschigen, grauen Badematte herum.

»Unglaublich!« Schade, dass der Dunkelblonden vor Ehrfurcht nicht gezittert hat. An diesen Anblick hätte ich mich den ganzen Tag ergötzt. Da er fügsam war, nahm ich an, dass ich mit meiner Theorie recht behielt. Er hat mich begrapscht, wäre für mehr bereit gewesen, wenn ich mich ihm gefügt hätte. Ansonsten hätte er dem niemals zugestimmt. Gebe es für den Blauäugigen nichts zu befürchten, dann hätte er mir den Vogel gezeigt, mich auf meinen Platz verwiesen. Deshalb hatte ich auch keine Angst, dass er mir in der nächsten Zeit mein Leben zur Hölle macht. Denn diese Details lösten sich nun einmal nicht in Luft auf. Zusätzlich war ich stolz auf mich, diesem unverschämt gut aussehenden Mann widerstanden zu habe. Diesen Fakt wollte ich nicht außer Acht lassen. Der Professor war an sich genau der Typ Mann, der mich optisch ansprach. Doch ich war stark und begab mich nicht in diese verzwickte Misere. Meine gute Laune konnte nichts und niemand vertreiben. Dass ich heute auf diese Party ging und Spaß haben werde, tanzen und trinken kann, erfüllte mein bisheriges langweiliges Dasein.

Es vergingen zwei Stunden, bis ich mich fertig im Spiegel betrachtete.
»Holla«, staunte ich und schaute mich in einem Kleid an, welches ich seit ein paar Monaten besaß. Ich hatte noch nie die Möglichkeit gehabt es zu tragen, da es keine passende Gelegenheit dazu gab. Es war ein schwarzes, verführerisches Bodycon-Kleid, welches wahnsinnig figurbetont war und fast mehr zeigte als verdeckte. Der enganliegende obere Teil wurde von hauchdünnen Trägern gehalten. Der Ausschnitt ging mir bis zum Bauchnabel und betonte die Oberweite deutlich. An dem schwarzen Kleid fielen unterhalb meines Bauchs und oberhalb meines Hinterns jeweils hinten und vorne lange Stoffbahnen hinab, die mir bis zum Knöchel reichten. Somit waren immerhin die heikelsten Stellen vor Blicken geschützt. Ansonsten hatte man fast freie Sicht auf meine Beine und den Seiten meines Oberkörpers. Denn dort begannen die Schlitze, falls man diese überhaupt so nennen konnte. Einzig und allein die gekreuzten, hauchdünnen Schnüre, die unterhalb der Brust bis zum Anfang der Oberschenkel reichten, sorgten dafür, dass die beiden Stoffbahnen nicht verrutschten. Noch nicht einmal einen Tanga, der ohnehin kaum Stoff besaß, konnte ich darunterziehen, da man diesen erkennen würde. Es war äußerst sexy, gar nuttig, aber ich war heute für alles offen. Meine Haare trug ich zu einem strengen Pferdeschwanz und mein Make-up war normal, bis auf den Intensiven roten Lippenstift, der das ganze Outfit abrundete. Als ich die Tasche packte, in meine schwarzen Pumps stieg, verließ ich aufgeregt meine Wohnung. Auf dem direkten Weg stöckelte ich zur Bushaltestelle und bemerkte die eigenartigen Blicke der Passanten, die mir begegneten. Regelmäßig zog ich an meinem Kleid, strich mir über die Unterarme und beobachtete genauestens meine Umgebung. Nun kam ich mir doch ein wenig unbehaglich vor. An sich schämte ich mich nicht für mein Kleid oder meinen Körper. Allerdings war diese Wohngegend nicht für mein Outfit geeignet.

Secret desire: Als Geschichte interessant wurde Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt