XII

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„Probier es erst gar nicht, Lijah", zischte ich wütend. „Das hier geht dich genauso wenig etwas an, wie alles andere." Mühsam versuchte ich, mich wieder zu erheben, doch Blakes Griff war eisern.

„Wenn du dich weiter so bewegst, haben wir gleich ein Problem, Darlin'", hauchte Blake in mein Ohr. Sofort erstarrte ich in der Bewegung und bemühte mich, nicht rot zu werden.

„Dann lass los", knurrte ich, was Blake nur leise auflachen ließ. Unbeirrt hielt er mich an Ort und Stelle

.„Sky, Süße", murmelte Lijah, während er sich verzweifelt durch die Haare fuhr. „Du weißt, dass ich damals gehen musste." Tief atmete ich ein.

„Du hättest zurückkommen können", erklärte ich so ruhig wie möglich. „Du hättest anrufen können oder meinetwegen einen Brief schreiben. Aber da war nichts, Lijah. Du hast nicht nur ihn aus deinem Leben gestrichen sondern uns auch. Du kannst jetzt nicht einfach aus dem Nichts auftauchen und irgendwelche Ansprüche stellen."

„Ansprüche? Sky, ich bin dein Bruder."

„Das warst du, bist du mich vergessen hast."

„Ich habe dich nicht vergessen!", knurrte Elijah bedrohlich. Sofort spürte ich die Wut in mir aufsteigen. Was erlaubte er sich nur, so mit mir zu reden?!

„Und ob du das hast!", schrie ich auf. Sofort versuchte Blake, mir beruhigende Worte zuzuflüstern, doch das scheiterte kläglich. „Du bist durch die Tür getreten und für sieben Jahre verschwunden, also sag nicht, du hast mich nicht vergessen. Du hast keine Ahnung, was ich durchgemacht habe!"

„Dann sag es mir!"

„Vergiss es!", fauchte ich wütend. Auch dieses Mal schaffte ich es nicht, mich von Blakes Schoß zu lösen, was mich frustriert aufstöhnen ließ. Gerade als dieser seinen Mund öffnete, um etwas zu erwidern, wurden wir von einem Klopfen unterbrochen.

„Jetzt nicht", rief Blake gegen die geschlossene Tür, doch das hielt Kai nicht davon ab, in den Raum zu stürmen.

„Entschuldige, Prez", erklärte der Biker, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. „Aber es ist wirklich dringend. Es geht um morgen." Seufzend nickte Blake und endlich lockerte sich sein Griff. Sofort erhob ich mich und entfernte mich einige Schritte von dem aufdringlichen Mann. Mein Körper vermisste die Wärme sofort, während mein Kopf einfach nur froh war, wieder frei zu sein. Zumindest frei von körperlicher Nähe.

„Okay. Elijah, bring Skylar nach oben und sorge dafür, dass sie dortbleibt. Dann komm wieder hierher zurück." Mit diesen Worten wendete Blake sich mir zu. In seinem Blick lag eine Stärke, die mich in die Knie zwingen wollte. Ich konnte mir gut vorstellen, warum er der Anführer der „Black Tiger" war. „Benimm dich, Darlin'. Nach dem Meeting reden wir weiter." Leise knurrte ich auf und wollte etwas darauf erwidern, dass Blake mich wie ein Kind behandelte, doch da hatte mein Bruder mich schon am Arm gepackt und hinter sich her gezogen. Kaum dass die Tür hinter uns geschlossen war, dröhnte wieder die Musik der Bar an meine Ohren. Wie konnten diese Männer nur um diese Uhrzeit noch feiern?

„Lijah", versuchte ich ein weiteres Mal, „Bitte lass mich einfach gehen. Wir sind doch auch gut die letzten sieben Jahre ohne einander ausgekommen. Können wir es nicht einfach dabei belassen?" Ich war müde und kraftlos. Ich hatte genug zu tun in meinem Leben, ohne einen Bruder und seine Bikerbande, die meinten, meine Geheimnisse erfahren zu müssen. Und das würden sie nicht. Ich hatte mir schon lange versprochen, sie mit ins Grab zu nehmen. 

Es hatten schon genug darunter gelitten.

„Sky." Elijah stoppte in seiner Bewegung, drehte sich herum und nahm mein Gesicht in seine Hände. Es war eine sanfte und beruhigende Geste, die meinen Körper entspannen ließ. Ob ich es nun wollte oder nicht. „Du bist meine kleine Schwester. Auch wenn wir uns in den letzten Jahren entfremdet haben, liebe ich dich. Früher waren wir uns so nah und ich bin mir sicher, dass wir dieses Band wieder aufleben lassen können. Keine Ahnung, was passiert ist, als ich nicht bei dir war, aber ich weiß, dass wir uns beide verändert haben. Ich glaube nicht, dass wir sofort wieder da anknüpfen können, wo wir aufgehört haben, aber wir können einen Weg finden. Lass mich dir helfen." Verächtlich schnaubte ich auf und trat einen Schritt zurück. Schmerz flackerte in Elijahs Augen, doch er verschwand so schnell, wie er gekommen war.

„Wer sagt denn, dass ich Hilfe brauche. Das einzige, was ich wirklich brauche, ist Ruhe. Ruhe vor dir, deinen nervigen Freunden und vor diesem ganzen Trubel."

„Das stimmt nicht, Süße. Ich sehe die Kälte in deinem Gesicht und in deinen Augen. Eine Kälte, die du früher nicht hattest. Etwas ist passiert. Etwas, das dich verändert hat."

„Ja, mein liebster Bruder hat mich verlassen."

„Das ist es nicht", murmelte Elijah nachdenklich. Er war schon immer viel zu gut darin gewesen, mich zu lesen. „Da ist etwas anderes. Etwas Dunkles."

„Grab nicht weiter", verlangte ich so ruhig wie möglich. „Es gibt für dich nichts zu finden."

Skylar - Sei meinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt