1.

7.3K 268 30
                                    

Margaret

Ich liebte das Reiten, der kühle Wind, der durch meine Haare strich und das sanfte Klappern der Hufe des Pferdes im Gras. Meistens schlug ich den Weg zum See ein,wenn ich allein sein wollte, hier konnte ich am besten nachdenken und am besten all das Gesehene vergessen. Hier konnte ich ich sein und nicht die bescheidene und höfliche Margaret, die ich vor Vaters Gästen sein musste.

Heute war so ein Tag. Mein feiner Herr Papa hatte mir gerade versucht zu erklären, dass ich heiraten würde. An sich nichts schlechtes und ich war auch davon ausgegangen, dass es passieren musste, aber das es schon jetzt sein musste, hatte mich komplett aus der Bahn geworfen. Das klare Blau des Sees erwartete mich schon fast sehnsüchtig, als hätte es nur auf mich gewartet, deshalb mochte ich den See auch so sehr.

Es war mein Ort, er wartete nur auf mich und niemand anderes kam hier her. Die Leute wussten, dass ich hier war, aber man ließ mir den Freiraum und im Stillen dankte ich ihnen dafür. Es war eines der kleinen Stückchen Land, die mein Vater nicht verpachtet hatte, an einen von diesen armen Kerlen, deren Arbeit mir das Essen finanzierte, Vater wollte nichts davon hören, aber es war so. Wir lebten nicht schlecht, zwar gehörten wir keinem Adelsgeschlecht an, so waren wir dennoch reicher als manche Lords und Dukes und diese verkehrten immer wieder bei uns. Wenn mein Vater auch alles hatte, was er brauchte, so war es sein größter Wunsch adelig zu sein, oder zumindest als ebenbürtig unter seinen Freunden angesehen zu werden und diesen Wunsch sollte ihm nun seine Tochter erfüllen.

Ich.

Heute morgen hat er versucht mir zu erklären, dass ich die Frau eines Lords werden soll. Genauer ausgedrückt: die Frau des selbstverliebtesten, arrogantesten Schnösels den Eastengland je hervorgebracht hat. Henry Lord von Sedgemoor.

Nun sein Haus hatte wohl ziemliche Geldprobleme und von meiner reichlichen Mitgift gedachte er wohl sich aus den Schulden zu ziehen. Aber erstmal würde ich noch einmal mit Vater zu verhandeln,wenigstens noch ein Aufschub der Verlobung, die wohl schon am kommenden Dienstag sein sollte. Heute war schon Freitag...

Ich wusste allerdings genau so gut wie mein Vater, dass es meine Pflicht war Lord Henry, wie das schon Klang Lord Henry, zu ehelichen, denn mein Vater hatte mich all die Jahre gefördert, mich(!) ein Mädchen, ich bekam die besten Lehrer und die kostbarsten Bücher. "Damit du dich in diesen tumultreichen Zeiten ausdrücken und dir selbst ein Bild von all dem machen kannst. Du bist schließlich meine Tochter!", so hatte er immer gesagt und jetzt sollte ich die Bildung aufgeben? Konnte er das wollen? Denn der liebe Lord Henry würde es wohl kaum ertragen eine gebildete Frau an seiner Seite zu haben, denn hinter seinem güldenen jerkin und dem deutschen barett, das er immer so stolz auf seinem Haupt trug, hinter dieser Fassade verbarg sich nunmal ein Hirn das die ungefähre Größe einer Erbse hatte.

An einem Baum band ich mein Pferd fest und begann mein lästiges Kleid abzulegen, sodass nur noch mein Leinen an mir haftete. Das Wasser war kühl, aber keinesfalls kalt. Es war perfekt. Das Plätschern, wenn ich mich drehte und ein paar Meter schwamm, hier fühlte ich mich frei und rein, es gab niemanden, der mir verbot zu denken und mein Dasein zu genießen.

Das Wiehern meines Pferdes riss mich aus den Gedanken. Richtig, ich wollte mit meinem Vater reden. So streifte ich mir das Kleid über das nasse Leinen und saß im nächsten Moment schon wieder auf meinem galoppierenden Pferd.

GreensleevesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt