Es dauerte eine ganze Weile bis die richtige Person die große Halle betrat. Ich beobachtete Draco dabei, wie er den Slytherin Tisch mit einem kurzen Blick absuchte. Und bevor er seine Sicht auf die anderen Tische werfen konnte und mich somit erwischte wie ich ihn anstarrte, widmete ich mich zügig meinem Frühstück zu.

In meinem Augenwinkel vernahm ich, dass er sich auf dem Weg zum Slytherin Tisch machte. Doch als ich wieder einen Blick auf ihn erhaschen wollte und meinen Kopf aufrichtete, sah ich ihn genau vor mir.
Nur eben einen Tisch weiter.

Draco hatte sich genau so hingesetzt, dass ich ihn schon fast ansehen musste. Ein Schauer durchfuhr mich. Ich hatte das Gefühl, dass er amüsiert war, denn seine Augenbrauen hatte er in die Höhe gezogen und er sah mich mit einem so breiten Grinsen auf den Lippen an, dass ich schon fast angesteckt wurde. Ohne seinen Blick von mir abzuwenden, bereitete er sein Frühstück zu. Ich biss mir leicht auf die Unterlippe und zwang mich auf etwas ganz anderes zu konzentrieren. Es ging eine ganze Weile so, doch letztlich landete ich immer wieder bei dem blonden Slytherin.

Meine Begleiter waren so tief in ein Gespräch übers Apparieren verwickelt, dass sie von dem ganzen Spektakel nichts mitbekamen.
Mit einem seitlichen Kopfnicken deutete Draco zum Ausgang der Halle.
Ich zögerte einen Moment.

Ich wollte stur bleiben und war schon kurz davor mit dem Kopf zu schütteln. Immerhin hatte Draco mich gestern am Bahngleis ohne ein Wort stehen lassen. Und für Pansy's Versuch ihn anzuflirten, gab ich ihm auch einfach die Schuld.

Doch, da ich so ein gutes Durchhaltevermögen besaß, stimmte ich ihm letztlich doch zu. Ich stopfte mir den letzten Rest von meinem Toast in den Mund, bevor ich mich mit einem Vorwand bei den anderen entschuldigte und aus der großen Halle trat.

Draco stand bereits auf dem Treppenaufstieg.  Seine amüsierte Miene war noch nicht verklungen.
So ein Idiot!
Für mich gab es im Augenblick überhaupt nichts zu Lachen, demnach stapfte ich mit schweren Schritten zu ihm hinüber, um auch ja deutlich zu machen, dass ich noch nicht gut auf ihn zu sprechen war.

„Wolltest du mich gerade etwa eifersüchtig machen?", fragte er direkt heraus, was mich im ersten Augenblick überforderte. 
„Nein!", verteidigte ich mich etwas lauter als gewollt und trat auf die erste Stufe zu ihm hinauf. Doch Draco's Grinsen wurde dadurch nur noch breiter.

„Es hätte fast funktioniert!", flüsterte er dicht an meinem Ohr und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Ein kurzes Lächeln entlockte er mir, bevor ich wieder eine düstere Miene aufsetzte. Immerhin war ich immer noch sauer. Da könnten selbst hundert Küsse nichts dran ändern..

„Pass auf das uns niemand sieht.", entgegnete ich mürrisch. Sein Blick glitt durch die Eingangshalle.
„Keine Sorge, dass habe ich alles im Auge.", sagte er locker und trat die weiteren Stufen hoch. Doch ich blieb feste auf der ersten Stufe stehen. Ich beschloss, dass meine Füße jetzt auf dieser festklebten.

Draco drehte sich noch einmal zu mir um und zog seine Augenbrauen fragend empor.
„Wie lang möchtest du noch sauer auf mich sein?"
Ungläubig atmete ich aus. Das war jetzt wohl ein Scherz!
„Eben solange, bis du dich bei mir entschuldigst!", entgegnete ich und ging wieder einen Schritt runter.

Draco zuckte mit seinen Schultern. „Wofür denn?"
„Draco!"
Ein leises Lachen entwich seinen Lippen, bevor er die letzten Schritte zu mir hinunter kam und meine Hand ergriff.
„Es tut mir leid."
„Was tut dir leid?"
„Ach Vidia, komm schon.", sagte er gequält.
Doch ich änderte nichts an meiner Haltung. Heute wäre ein guter Tag, um Lektion Eins von ‚Ich gebe nicht so schnell nach und warte auf eine vernünftige Entschuldigung' nachzugehen.

Er atmete einmal schwer aus, als stünde er vor der schlimmsten Aufgabe in seinem Leben. Ich rollte nur mit den Augen und guckte ihn weiterhin auffordernd an.
„Es tut mir leid, dass ich gestern einfach gegangen bin. Und es tut mir leid, dass ich eine so große Anziehungskraft besitze, dass Parkinson.."
„Du Idiot!", unterbrach ich ihn und boxte ihm mit voller Wucht in die Seite. Doch er konnte nicht anders als zu Lachen. Er ließ seinen Arm über meine Schulter gleiten.
„Können wir jetzt endlich los?"
Und ich stimmte mit einem leisen Murren zu.

„Was machen wir überhaupt?", fragte ich als wir im zweiten Stock ankamen. Draco drehte sich seitlich zu mir.
„Ich dachte es wäre schön, wenn wir ungestört wären."

Und da war es wieder. Ein Kribbeln, als würden tausende Spinnen über meine Haut laufen. Ein Grinsen, was ich nicht abstellen konnte egal wie ‚sauer' ich vor wenigen Augenblicken noch auf ihn gewesen war. Draco führte uns zum Astronomieturm. Zu meiner Erleichterung waren wir tatsächlich die einzigen dort.
Wir setzten uns auf die Erde und ließen unsere Füße durch das Geländer baumeln.

Wir verbrachten den Nachmittag gemeinsam dort. Das Thema von meinem Vater hatte ich bewusster Weise nicht mehr angesprochen. Ich wollte nicht, dass er mich wieder einfach so stehen lässt. Und ich hatte die Hoffnung, dass Draco das Thema irgendwann selbst ansprechen würde. Eben dann, wenn er bereit dazu wäre.
Ich genoss die Stunden die wir miteinander verbrachten.

Unser Versteckspiel war gar nicht so einfach, wenn im Gegensatz zu ein paar Hauselfen, zahlreiche neugierige Menschen im selben Gebäude herumschwirrten.

Und so zog es sich die nächsten Wochen weiter. Während ich mit den schulischen Aufgaben, dem Quidditch Training und den Vertrauenschüler Aufgaben beschäftigt war, versuchte ich gleichzeitig noch eine gute Freundin und Partnerin zu sein.

Mittlerweile konnten Anthony und ich wieder ziemlich gut miteinander umgehen. Und Daphne war glücklicherweise so sehr mit Terry beschäftigt, dass sie kaum bemerkte, dass ich mich immer wieder aus dem Staub machte. Doch ich hatte das Gefühl, dass meine Freunde trotzdem etwas ahnten.
Mein Ausreden Reportoire gegenüber ihnen, ließ auch immer mehr nach.

Draco und ich fanden immer wieder Gelegenheiten und Vorwände um Zeit miteinander verbringen zu können.
Da ich mittlerweile nicht mehr so verhasst bei den Slytherin's war, war es auch nicht mehr überraschend, dass ich immer häufiger bei Blaise, Theodore und eben auch Draco saß.
Gelegentlich traf ich Draco auch in der Bibliothek, da wir für einen ‚gemeinsamen Vortrag in Zaubertränke' lernen mussten. Oder ich schlich mich nachts aus meinem Zimmer, um ihn im Gemeinschaftsraum zu sehen.
Nächtliche Ausflüge in die Küche oder auf den Astronomieturm waren mittlerweile üblich für uns. Und obwohl ich viel weniger Schlaf bekam, genoss ich jede Minute, die wir zusammen verbrachten.

Draco dagegen bedrückte etwas. Etwas, was er nicht einfach mit mir besprechen konnte. Er wirkte in manchen Augenblicken so frei und völlig zufrieden. Und an anderen Tagen spürte ich förmlich, wie ihn etwas von innen auffraß.

Der wenige Schlaf, den er durch unsere heimlichen Treffen bekam, setzte ihm deutlich zu. Seine Augenringe waren mittlerweile so tief unter seinen Augen verankert, als hätte man sie mit dunkler Tinte bei ihm eingraviert. Und ich hatte das Gefühl, dass er mit den zahlreichen Schulaufgaben kaum noch hinterher kam. Ich versuchte so gut es ging eine Stütze für ihn zu sein.
Der Eindruck, dass dies nicht genug war, blieb.

𝐇𝐨𝐩𝐞𝐥𝐞𝐬𝐬Where stories live. Discover now