Kapitel 1 - Die Flucht

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„Was war das für ein Donnergrollen?", erkundigte sich Prinzessin Aurora.

Sie war leicht verärgert. Wer störte schon so früh am Morgen ihre Ruhe? So etwas war unerhört. Doch die Stimmung kam ihr heute generell ein wenig angespannt vor. Etwas war anders als sonst. Bereits seit den Morgenstunden verhielten sich die Wachen sonderbar, aber niemand wollte ihr sagen, was los war. Sie wollte nun selbst nachschauen gehen, wurde aber von einem jungen Mann aufgehalten, der an ihr vorbeilaufen wollte. Er hielt überrascht inne.

„In diese Richtung sollten Sie nicht weiter gehen, Prinzessin. Das Schloss wird angegriffen!"

„Das Schloss wird was? Angegriffen? Von wem?"

„Von den dunklen Mächten."

Mit diesen Worten lief er auch schon wieder weiter und schenkte der Prinzessin keine Beachtung mehr. Allein das war äußerst befremdlich. Das war sogar unerhört! Er müsste sich vor ihr tief verneigen und warten, bis sie ihn entließ. Das war doch kein Benehmen ihr gegenüber! Ihr einfach im Vorbeigehen etwas zuzurufen, das war eine Respektlosigkeit ohne Gleichen, welche sie nie und nimmer hinnehmen konnte. Das würde Konsequenzen haben.

Aber eine Bestrafung dieses Verhaltens musste erst einmal warten. Zum einen war der junge Mann bereits wieder verschwunden und sie kannte auch nicht seinen Namen. Zum anderen konnte sie im Augenblick sowieso nichts unternehmen, es standen keine anderen Wachen in der Nähe, die ihn verfolgen und festsetzen hätten können. Auch das war eine Unverschämtheit. Im Schloss hatten Wachen zu stehen für den Fall, dass sie etwas brauchte!

Die Prinzessin ging von diesen Vorfällen irritiert zum Fenster und blickte hinab in den Schlosshof. Sie traute ihren Augen nicht. Bei dem, was sie dort sah, blieb ihr die Luft weg. Das Schlosstor schien aus den Angeln gehoben worden zu sein. Fremde Krieger drängten sich durch das schief in den Angeln hängende Tor in den Hof des Königsschlosses und überall konnte sie kleinere und größere Feuer ausmachen. Aus einem Teil des prächtigen Baues loderten sogar meterhohe Flammen.

„Mein Gott!", sagte sie und hielt sich die Hand vor den Mund.

Sie wusste zwar nicht genau, was geschah, aber trotzdem war ihr klar, dass die Lage mehr als ernst war. Doch wer sollte es wagen, das Schloss anzugreifen? Das konnte doch kein Mensch wagen. Noch während sie am Grübeln war, kam ein erfahrener Krieger der Leibgarde des Königs den Gang entlanggelaufen, direkt auf sie zu. Seine sonst weiße Uniform war mit roten und dunklen Flecken verunstaltet. Prinzessin Aurora war schockiert. Als der Krieger vor ihr stehen blieb, fuhr sie ihn augenblicklich an.

„Was fällt Ihnen ein, mir derart schmutzig und verdreckt unter die Augen zu treten. Dass Ihr Euch nicht schämt!"

„Dafür haben wir im Augenblick leider keine Zeit, Prinzessin", konterte der Mann. „Kommt mit!"

Ohne auf eine Antwort zu warten, packte er die Prinzessin an der Hand und lief los. Diese war schockiert von einem derart rüpelhaften Verhalten und wollte sich losreißen. Er hielt sie jedoch so fest, dass ihr dies nicht gelang. Sie hatte keine andere Chance, als ihm zu folgen. Dabei musste sie darauf achten, mit ihm mitzuhalten und nicht hinzufallen. Einen weiteren Versuch, sich dem Mann entgegenzustemmen, ließ sie sehr schnell bleiben, als sie deswegen stolperte und beinahe auf der Nase gelandet wäre. Das wollte sie dann auch wieder nicht.

„Was soll das?", schrie sie ihm hinterher, während er vor ihr durch die Gänge hastete.

„Wir haben keine Zeit, Prinzessin. Die Schergen Orissos sind hinter Euch her. Ich bringe Euch in Sicherheit", antwortete er.

„Was heißt, sie sind hinter mir her? Wozu?"

„Eure Eltern sind tot. Nun will er Euch auch noch umbringen. Dann hätte er alle beseitigt, die Anspruch auf den Thron anmelden könnten."

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