Decisions

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Dampfschwaden waberten durch das kleine Badezimmer als ich aus der Dusche trat und mich in ein großes Handtuch wickelte. Gerade als ich ein zweites Handtuch für meine Haare nahm, hämmerte Ikkaku an die Tür. ,,Bist du endlich fertig?!" Ihre Stimme war schrill und voller Ungeduld. Ein Seufzen unterdrückend schaltete ich die Lüftung ein, schloss beide Türen auf und verließ das Bad bevor Ikkaku noch etwas sagen konnte.
Zwei Tage waren mittlerweile vergangen, in denen ich mich etwas erholt hatte, doch die 23Jährige ließ keine Gelegenheit aus, irgendeinen abfälligen Kommentar auf meine Kosten zu bringen. Sie machte sich einen Spaß daraus, meine Person schlecht zu reden. Das ganze war ermüdend, kräftezehrend. Sie benahm sich wie im Kindergarten, als hätte ich ihr liebstes Spielzeug kaputt gemacht. Kopfschüttelnd cremte ich mich ein, zog mir Unterwäsche an und besah mir dann den eigentlich weißen Overall. Dank Ikkaku, welche die Crewkleidung verwaltete, waren mit einem mal alle Overalls, die nicht in Benutzung waren, eingelaufen und mir blieb nur ein alter, ergrauter, der eigentlich schon im Müll sein sollte. Law hatte daraufhin bestimmt, dass Ikkaku sich um neue kümmerte, so lange musste ich mit dem Ding zurechtkommen. Er war ein paar Nummern zu groß, also krempelte ich die Hosenbeine bis zur Mitte meiner Unterschenkel, die Ärmel bis zu den Ellenbogen hoch, legte meine Metallkette als Gürtel um die Taille an. Alles in allem sah es nicht unbedingt schlecht aus, und war figurbetonter, als es vermutlich sein sollte. Auch das tat ich mit einem Schulterzucken ab, dann wickelte ich meine Haare in ein Handtuch und setzte mich in meine kleine private Raucherkabine. Interessiert blätterte ich weiter in dem kleinen Buch, das sich ausschließlich um das menschliche Herz drehte. Law hatte mir dazu Fragebögen gegeben, welche ich ausfüllen sollte. Lesen und schreiben würde das Wissen schneller festigen, meinte er dazu. Also besah ich mir die erste Frage.

Beschreiben Sie den Aufbau des Herzens!

Seufzend zog ich an der Zigarette. Law dachte allen Ernstes, ich hätte keine Ahnung von Anatomie? Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich meine Antworten fein säuberlich darunter schrieb. Das ganze erinnerte mich daran, wie meine Mutter mir immer wieder Vorträge gehalten hat, wenn sie mich beim rauchen erwischte. Als Ärztin und Mutter war es ihre Pflicht, mir das auszureden. Also habe ich nur noch geraucht, wenn sie nicht in unmittelbarer Nähe war. Hui gab das immer ne Standpauke, wenn sie das roch.
Ein Klopfen riss mich aus meinen melancholischen Gedanken, ich drückte meine Zigarette aus und dann kam Law mir schon entgegen. Wortlos nahm er mir den Bogen aus der Hand und überflog ihn. ,,Ich hätte nicht gedacht, dass du schon fertig wärst mit dem Bogen." ,,Ist es Absicht, dass du mir zu aller erst Lunge und Herz gegeben hast?" Betont unschuldig lächelte er.
,,Wie kommst du denn nur darauf?" Spöttisch schüttelte er den Kopf, dann stockte er jedoch. ,,Du kannst den Aufbau sehen, egal von welcher Materie?" Ich nickte. ,,Nur bei Stoffen tu ich mich schwer." Er nickte. ,,Was ist mit dem menschlichen Körper?" Ich zögerte. ,,Nun.. ja.. aber ich bin nunmal keine Ärztin und habe mich nie darin geübt." Seine kalten Finger umgriffen mein Handgelenk und er zog mich in die Kombüse.
,,Wir brauchen einen Freiwilligen." Sein Ton ließ nichts erahnen, dementsprechend starrten uns die Jungs nur fragend an, bis Law Penguin zu uns beorderte. Dann nickte er mir auffordernd zu. ,,Los."
Zaghaft nahm ich die Hand des Mützenträgers in meine und schloss meine Augen, konzentrierte mich auf das dumpfe pochen in meinen Ohren. Zuerst sah ich Penguin unverändert vor meinem inneren Auge, nicht unbedingt angenehm, die Klamotten hatten sich verabschiedet. Dann legten sich die Muskeln und Sehnen frei, die Organe und schließlich das Skelett. ,,Du hast dir mal den linken Arm gebrochen." Penguin entriss mir seine Hand. ,,Woher weißt du das?!" Zornig sah er mich an, seine geballten Fäuste hoben sich leicht. ,,Die Fraktur ist noch zu sehen, Brüche kann man länger als ein Leben nachweisen."

,,Faszinierend!" Law klatschte einmal in die Hände. Mit neuem Mut ergriff ich erneut Penguins Hand und dann Laws, versuchte ihm das zu zeigen, was ich sehen konnte. Seinem erschrockenen keuchen nach schaffte ich es auch, also ging ich wie eben noch von der Haut bis zum Skelett alle Schichten langsam durch. Selbst bei Penguin konzentrierte ich mich darauf, dass er es sehen konnte.
Als ich meine Augen wieder öffnete stand Penguin hoch rot vor mir, in Laws Augen sah man weiterhin das faszinierte Glitzern. ,,Penguin? Was ist los?!" Shachie musterte mich feindselig, seine Hand auf dem Schwertgriff. Wir mussten schon komisch aussehen. Stammelnd verließen unzusammenhängende Worte den Mund des Kappenträgers, da sprang Law für ihn ein.
,,Sie hat ihn nackt gesehen." Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf. Penguin wurde, soweit es überhaupt ging, noch dunkler. ,,Was?!" ,,Ihre Fähigkeit. Sie funktioniert nicht nur bei Gegenständen, sondern auch bei Lebewesen. Wirklich erstaunlich." ,,Penguin, es tut mir leid.." Räuspernd rückte er seine Kappe zurecht. ,,Du kannst es wieder gut machen, Tia." Abwartend sah ich ihn an. ,,Und wie?"

,,Indem du dich ausziehst."

Hitze kroch in meine Wangen, da hatte Bepo ihm schon von hinten eine Kopfnuss verpasst. Jaulend ging er in die Knie, zeigte anklagend mit dem Finger auf mich. ,,Sie hat bei mir doch auch alles gesehen! Gleiches Recht für alle Beteiligten!" Shachie nickte begeistert. ,,Dann wollt ihr also, dass sich der Käpt'n auch auszieht?" Skeptisch wanderte mein Blick durch die Mannschaft, blieb an einem amüsierten Trafalgar Law hängen. Das Stottern der Männer begann, da betrat Ikkaku den Raum. ,,Was ist denn hier los?" Das ganze endete natürlich in riesigem Geschrei von Ikkaku, selbst die Jungs schienen peinlich berührt, dass ihre erste weibliche Gefährtin so einen Aufstand machte, während ich mich ruhig an die Theke lehnte. Dann stieß ich mich ab. ,,Und deswegen werde ich euch bei der nächsten Insel verlassen. Ich mische mich nicht weiter in deinen Kindergarten ein. Wie lange brauchen wir bis zur nächsten Insel, Bepo?" ,,Da wir erst seit 36 Stunden unterwegs sind, dauert es noch eine Woche bis wir San Fardo erreichen." Deprimiert ließ der Bär den Kopf hängen.

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