Kapitel 7 - Ein Fluch, der uns verband

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Mein Magen überschlug sich urplötzlich. Ohne eine Sekunde zu zögern, rannte ich auf die Toilette und übergab mich. Mir war kotzübel. Bald darauf spürte ich, wie Yujis Hände mir beruhigend übers Haar strichen. Wie so oft in letzter Zeit. Zwei Tage, nachdem wir das erste Mal zusammen geschlafen hatten, passierte mir das ständig. Ohne jegliche Ankündigung wurde mir schlecht und ich musste mich daraufhin übergeben. Langsam ging mir das echt auf die Nerven. Aber das Schlimmste an dieser Sache war, dass Yuji sich immer mehr Sorgen um mich machte. Er gab es nicht zu, aber man sah ihm an, dass er dachte, dass er die Schuld daran hatte. «Geht es wieder.»

Ich nickte, stand auf und ging zum Waschbecken, um den sauren Geschmack aus meinem Mund zu waschen. Das Übergeben ist nicht das Schlimmste daran, viel mehr der Nachgeschmack, den man fast nicht mehr loswird. Ich benutzte mehr Zahnpasta als eigentlich nötig war, wie jedes Mal. Yuji blieb währenddessen die ganze Zeit bei mir und hielt mich schützend an meiner Taille fest – war meine Stütze. Ich bin so froh, dass ich ihn habe – ohne ihn hätte ich wohl schon längst aufgegeben. Erschöpft lehnte ich mich gegen ihn; atmete seinen Duft ein. «Ich störe nur ungern, aber ich muss dringend mit euch reden.» Die Stille wurde von Maki unterbrochen, die an der Tür stand und uns nervös anschaute. Ich spuckte den übrig gebliebenen Schaum aus und spülte ihn mit Wasser runter, bevor ich mich ihr zuwandte. «Um was geht es?», fragte Yuji verwundert – er hatte anscheinend auch nicht mit Makis Anwesenheit gerechnet. Sie drehte sich wieder um. «Kommt einfach mit.»

Ein wenig später sassen wir auf der roten Couch im Gemeinschaftsraum – vor jedem von uns stand eine glühende Tasse mit heissem Tee. Entspannt nahm ich einen Schluck. «Also, was ist den los? Können wir dir irgendwie helfen?», erkundigte sich Yuji, woraufhin Maki uns beide musterte. Eine Weile schwieg sie, dann richtete sie ihren Blick auf mich. «Diese morgendliche Übelkeit – hast du das schon länger?» Ich nickte. «Ja, leider schon.» Sie seufzte und faltete ihre Hände in ihrem Schoss zusammen. «Habt ihr miteinander geschlafen?», wollte sie ernst wissen. Ich wurde rot – diese Frage habe ich echt nicht erwartet. Warum wollte sie das überhaupt wissen? «Ja.», antwortete Yuji für uns. Maki wurde blass. «Okay, das ist die letzte Frage: Habt ihr verhütet?» Fragend sah ich zu Yuji. Dieser schüttelte nur den Kopf. «Mist!» Und schon fluchte Maki darauf los. «Du musst sofort einen Schwangerschaftstest machen, Megumi, schnell!», rief sie und sprang auf. Sie schien wirklich überzeugt zu sein, von dem, was sie da die ganze Zeit redete. Und das machte mir grosse Angst. «Was? Warum denn? Ich bin ein Mann, Maki, falls du das vergessen hast. Selbst wenn ich wollte, ich kann nicht schwanger werden.», erklärte ich gelassen. Ich versuchte cool zu bleiben. Ich habe recht, da bin ich mir sicher. Zumindest glaubte ich das. «Der Fluch, Megumi – hat dir denn niemand davon erzählt?» Ihre Stimme hatte einen hektischen Klang angenommen. Langsam machte ich mir echt Gedanken darüber, dass sie es ernst meinte. «Was für ein Fluch?» Yuji war der Einzige, der ruhig geblieben ist, worüber ich ihm mehr als nur dankbar bin. Maki wirkte fast schon verzweifelt, während sie mich besorgt ansah. «Auf der Zenin-Familie liegt schon seit Jahrhunderten ein Fluch, durch den auch die männlichen Familienmitglieder Kinder gebären können – natürlich durch einen Kaiserschnitt. Es tut mir so leid – ich hätte dir das früher erzählen müssen.» Endlich wurde ich aufgeklärt. Doch, ob ich das als positiv empfand, konnte ich selbst nicht sagen. Erschrocken fasste ich mir an meinen Bauch. Schwanger? Ich? Warme Tränen fanden den Weg an meinen Wangen hinab und tropften anschliessend auf den Boden. Vor Schock habe ich wohl angefangen zu weinen. Seit wann bin ich so emotional geworden? Ich spürte, wie Yuji seine Arme um mich schlang. Schluchzend erwiderte ich die Umarmung. Makis Erklärungen machten Sinn. Ich glaubte ihr, obwohl es mir Angst machte. «Wir schaffen das, Megumi. Falls es stimmt, bin ich für euch da, okay?» Immer wieder murmelte er solche Sachen in mein Ohr, bis ich mich endlich beruhigte.

«Und was soll ich mit diesem Teil genau machen?», fragte ich und schaute das Teil in meinen Händen missbilligend an. «Das, Megumi, ist ein Schwangerschaftstest. Noch nie einen gesehen?» Nobara kicherte belustigt. Aus irgendeinem Grund wollte ich, dass sie bei diesem Ereignis dabei ist, und nicht Yuji. Wahrscheinlich, weil sie schon immer eine angenehme Gesellschaft gewesen war. Wir waren nicht das typische Beispiel für beste Freunde, die alles miteinander machen, aber ich vertraue ihr und das war alles, was in diesem Moment zählte. «Und muss ich jetzt darauf spucken?», wollte ich gespannt wissen. Ich habe keine Ahnung, was ich mit diesem Stäbchen machen sollte. Nobara schlug sich die Hand auf die Stirn. «Nein, Megumi, du musst darauf pinkeln!» Sie fing an zu lachen. Ich dagegen verstand die Welt nicht mehr. Musste ich das wirklich machen? Ich will nicht! «Wir schaffen das, Megumi.» Yujis Worte kamen mir wieder in den Sinn. Wir werden das schaffen! Ich seufzte und ging anschliessend ins Badezimmer.

«Wie lange geht das noch?», jammerte ich. Nervös sass ich auf Yujis Schoss. Ich wollte endlich Gewissheit haben. «Ähm, es sind zwei Streifen.», meinte Nobara dann. «Und jetzt bitte auf Japanisch, damit es alle verstehen.», sagte ich verzweifelt. Heute war wohl echt nicht mein Tag. Nobara lächelte sanft. «Herzlichen Glückwunsch, Megumi, du bist schwanger!», rief sie erfreut. Ich zuckte zusammen. Ich bin schwanger. Ich erwarte ein Kind. Zusammen mit Yuji. Glücklich schaute dieser mich an und legte liebevoll seine Hand auf meinen Bauch. Freude stieg in mir auf – er scheint nicht abgeneigt zu sein. «Werden wir es behalten?», fragte ich leise. «Natürlich!», antwortete er mit Tränen in den Augen. «Wir werden wundervolle Eltern werden, Megumi, da bin ich mir sicher.» Ich nickte glücklich und fiel ihm um den Hals. Mir fehlten einfach die Worte, um auszudrücken, wie froh mich seine Antwort machte. Kurz darauf spürte ich auch, wie sich Nobara und Maki der Umarmung anschlossen.

«Wir schaffen das, Megumi. Gemeinsam!»

Verbunden - ItaFushi-StoryWhere stories live. Discover now