Kapitel 1 - Eine Angst, die uns verband

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 Ich sah mich um. Nichts ausser Bäumen, Wurzeln und Dunkelheit. Ich seufzte leise. Es sind nur drei Tage. Drei Tage, in denen ich mich in dieser finsteren Umgebung zurechtfinden muss und mit der Angst lebe, dass aus jeder Ecke plötzlich ein Fluchgeist erscheinen könnte. Ich durfte nicht einmal meine Shinigamis beschwören. Ich zuckte zusammen, als ich eine warme Hand auf meiner Schulter spürte. Sofort wirbelte ich herum – bereit um zu kämpfen. Ich verharrte, als ich in die besorgten Augen von Yuji blickte.

«Ist was?», fragte ich. Mit diesem sorgenvollen Blick hatte er mich doch gestern schon angeschaut. Warum interessierte er sich so für mich? Nicht, dass es mich stören würde – ganz im Gegenteil. Trotzdem habe ich in solch einer Situation, das Gefühl, dass mehr dahinterstecken könnte. Und das beunruhigt mich, viel mehr, als ich es zugeben würde. «Tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe, Megumi, aber du hast eine Weile lang einfach nur in der Luft herum gestarrt. Du sahst so nachdenklich aus, darum wollte ich dich nicht stören, aber nach fünf Minuten habe ich mir dann doch Sorgen gemacht, Entschuldigung.» Seine Stimme wurde zum Ende hin immer leiser. Ich hörte auch eine leichte Traurigkeit aus ihr heraus. Ich fühlte mich schlecht. Warum habe ich mich nicht gefühlvoller ausgedrückt? Doch jetzt war es zu spät, allerdings kann ich versuchen, ihn wieder ein Wenig aufzuheitern. Yujis niedergeschlagenem Blick könnte ich sowieso keine Sekunde länger standhalten. «Hey, es ist alles in Ordnung. Du musst dich nicht entschuldigen. Ich mag es, wenn du dich um mich sorgst, es gibt mir sogar das Gefühl von Geborgenheit, aber es gibt keinen Grund dazu. Ich habe nur nachgedacht, sorry, dass dich das so beschäftigt hatte.», sagte ich wahrheitsgemäss. Er lächelte daraufhin und auf seinen Wangen erschien der gleiche rötliche Schimmer, den er gestern schon hatte.

Seit Minuten irrten wir durch den Wald, auf der Suche nach einem Platz, an dem wir unser Lager aufschlagen können. Auf einmal ertönte ein Knacken. Erschrocken drehten wir uns nach der Geräuschquelle um. Fluchgeister. Schnell scannte ich die Lage – sie waren höchstens in der vierten Stufe. Also leicht besiegbar. Wären es nur nicht so viele. Mittlerweile konnte ich sie alle nicht mehr an einer Hand abzählen. Wir schaffen das. Wir sind stark. Ich nickte Yuji zu, der mich angrinste. Zeitgleich stürzten wir uns auf die Flüche. Rücken an Rücken vernichteten wir einen nach dem anderen.

Völlig erschöpft liessen wir uns an einem Baum hinuntersinken. Der Boden war unangenehm feucht, aber das war in diesem Moment egal. «Gute Arbeit.» Yuji klopfte mir auf die Schulter. Ich nickte. «Du bist echt stark geworden.», gab ich zu. Er lachte verlegen. «Du scheinst aber auch Fortschritte gemacht zu haben.», erwiderte er glücklich.

«Denkst du das wir hier unser Lager aufschlagen können?» Kritisch betrachtete ich den Kiesplatz vor mir. Es würde in der Nacht wohl ziemlich unbequem werden. Aber mit der Tatsache, dass die Sonne bereits untergeht, ist das die beste Lösung. «Ja, das wird reichen.», murmelte ich und liess den Rucksack auf den Boden fallen. Dieses Teil ist echt schwer. Yuji dagegen konnte seinen eigenen mit Leichtigkeit tragen, ohne auch nur einen Hauch der Anstrengung zu empfinden. «Wie machst du das? Ist das eine Nebenwirkung von Sukunas Fingern?» Erstaunt schaute er mich an. «Was meinst du damit?», wollte er sichtlich verwirrt wissen, während er sich auf den Boden kniete und dann begann, die Anleitung durchzulesen, die uns mit der Aufstellung des Zeltes helfen sollte. «Oh, ich meinte, dass du das alles mit dir herumtragen kannst. Ist das nicht schwer?», meinte ich und beantwortete ihm somit seine Frage. Er zuckte mit den Schultern. «Ich bin schon seit meiner Geburt so stark, weiss aber nicht, woran das liegen könnte.», erklärte er leichthin und haute bereits die Heringe in den Boden. Es schien so, als hätte er Erfahrungen in dem, was er tut. Seine Schläge waren geübt und gezielt. Da ich nicht wusste, wie ich ihm bei seinem Tun helfen konnte, machte ich mich daran, Holz für ein Lagerfeuer zu sammeln. Ziellos lief ich herum und nahm ab und zu ein Holzscheit oder einen Ast vom Boden auf. Ich beobachtete die Umgebung genaustens. Ich habe keinen Bock weiteren Flüchen zu begegnen. Auf einem kleinen Hügel blieb ich stehen. Begeistert sah ich mich um. Von hier oben konnte man den gesamten Wald überwachen. Die Aussicht war mehr als nur schön. Der Himmel hatte sich, was man durch die ganzen Blätter und Äste nicht erkennen konnte, in ein sattes Rosa verfärbt. Wolken, die absolut weich und samtig aussahen, zierten das Bild vor mir. Alles sah so perfekt aus.

«Megumi! Ich habe dich überall gesucht!» Erschrocken drehte ich mich um und erblickte Yuji, der schnaufend vor mir stand. Er hatte mich gesucht? Wie lange war ich den unterwegs? «Entschuldigung, war in meinen Gedanken versunken und habe die Zeit vergessen.», gab ich etwas zerknirscht zu. So schnell, dass ich gar nicht gucken konnte, war der rosahaarige Wirbelwind auf mich zugesprungen und zog mich in seine Arme. Verwirrt erwiderte ich die Umarmung. «Ich hatte Angst um dich, tu mir das bitte nie mehr an.», nuschelte er kaum hörbar. «Natürlich» Ich musste lächeln. Wenn er doch nur wüsste, wie glücklich er mich in diesem Moment machte.

Verbunden - ItaFushi-StoryWhere stories live. Discover now