Tilgung 7.6

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Wir saßen gemeinsam vor dem großen Fensterbereich der Kuppel. Klara im Schneidersitz und mit geschlossenen Augen auf einer roten Decke, die sich vom Grün des Grases abhob, dessen plattgetretene Halme sich inzwischen knisternd wieder aufrichteten. Sergej und ich hatten uns gegen das Fenster gelehnt und blickten in Richtung der Siedlung, um möglichen Besuchern zeigen zu können, dass sie nicht erwünscht waren.

"Ich habe gleich den Hang erreicht, bis hierher liegt immer noch Schnee", flüsterte Klara.

Ein mulmiges Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Ich war mir unsicher, welches Ergebnis ich erwartete. Stimmte mein Traum und wir waren lediglich Spielfiguren in der Rettung der Menschheit oder würden wir, wenn auch die Welt hinter dem Hang in tödliches Weiß gehüllt war, die Suche nach unserer Vergangenheit fortsetzen?

"Oh!", rief sie aus. "Das glaubt ihr sicher nicht!" Dann schwieg sie.

"Spann uns nicht auf die Folter!", drängte Sergej. Er hatte sich einen Grashalm in den Mundwinkel gesteckt, wie ein grimmiger Westernheld.

"Es ist Sommer und alles ist grün." Klara gluckste. "Das ist fast, als ob man eine magische Grenze überquert und in ein geheimnisvolles Reich geraten wäre."

Sie hatte einen der umherstreifenden Wölfe eingefangen und mit ihm den weiten Weg bis zum Rand des Tals zurückgelegt, in dem sich die Zitadelle befand. Es war verblüffend, über was für eine Entfernung sie noch mit dem Tier kommunizieren konnte.

"Also war das Ganze kein Traum und ich habe es tatsächlich geschafft, über das Netzwerk der Zitadelle und einen Satelliten mit dem Eiszombie in seinem Zylinder zu sprechen", stellte ich fest. Jetzt hatte ich meine Antwort und wusste nicht, ob sie mir gefiel.

Sergej gab einen brummenden Laut des Missfallens von sich. "Also sind alle unsere Erinnerungen falsch? Nur eine Geschichte, um uns zu einer Gruppe zusammenzuschweißen und als Werkzeuge für einen Außerirdischen zu dienen, der seit Jahrzehnten in seinem Turm verrottet?"

"Ich denke nicht, dass alles falsch ist", warf ich ein. "Die Thages können unmöglich von unserem Leben gewusst haben, von unseren Familien und unserer Stadt. Ich denke, dass das meiste meiner Erinnerungen wirklich mir gehört. Alles, was nicht mit dem Zylinder zu tun hat."

"Aber wissen können wir es nicht." Sergej spuckte den Grashalm aus und verschränkte die Arme.

"Also ich finde meine Erinnerungen ganz gut. Außer, die vom Zylinder", sagte Klara kleinlaut.

"Du hast ja auch eine tolle Fähigkeit bekommen, als sie dir die Gehirnwäsche verpasst haben", beklagte sich Sergej.

"Jeder von uns hat Fähigkeiten erhalten", korrigierte ich ihn.

"Ach ja? Was soll denn meine tolle Fähigkeit sein, mal abgesehen davon, dass ich mit dem Ding hier rumlaufen muss?" Wie um den Göttern zu drohen, die ihm dieses Schicksal zuteilwerden ließen, streckte er seine künstliche Faust gen Himmel.

"Du hast einen besonders harten Schädel?", scherzte Klara.

"Komm her und du bekommst ne Kopfnuss!"

"Uh, fang mich doch!", rief Klara lachend, sprang auf und war sofort von einem schützenden Meer an Schafen umgeben.

"Laut dem Eiszombie trägst du die Essenz des Kriegers in deinem Körper", erklärte ich. "Was das auch immer bedeuten mag. Dass du dich gerne und auch erfolgreich mit anderen Leuten anlegst, steht außer Frage. Möglicherweise hältst du auch besonders viel aus oder ..." Ich machte eine Pause, als ich mich an etwas erinnerte, "... heilst schneller. Nachdem wir die Chips gestohlen haben und geflohen sind, hast du doch einiges abbekommen, oder nicht?"

HypothermieМесто, где живут истории. Откройте их для себя