"Hmm", brummte ich. "Mein Gedächtnis muss wohl doch etwas abbekommen haben. War es nicht eher so, dass sie mit mir den Boden aufgewischt haben?"

"Ach was." Sie lachte und wenn sie mir in meiner Erinnerung viel älter und fieser vorgekommen war, machten die Grübchen neben ihren Mundwinkeln und die Lachfalten sie jetzt irgendwie attraktiv. "Den Ersten von ihnen, den Schlitzer, haben Sie doch ohne große Probleme und fair besiegt. Sie haben ihn sogar verschont, wie ein richtiger, altmodischer Held."

Ich schnaubte. Ein Held, ich fragte mich immer noch, warum ausgerechnet ich in diese Rolle schlüpfen musste. Sie ließ sich davon nicht verunsichern und fuhr mit ihrem Bericht fort.

"Den Alchemisten, mit seinen eigenen Waffen außer Gefecht zu setzen und dann den Körper von Haf dem Hammer als Schutzschild gegen den Zwerg zu verwenden, war wirklich geschickt. Mit etwas besserer Ausrüstung und ohne das Feuer hätten Sie die beiden auch noch überwältigt, da bin ich sicher. Das Feuer ist diesen Idioten danach selbst zum Verhängnis geworden." Sie schüttelte missbilligend den Kopf. "Ihre Kameraden konnten Sie noch rechtzeitig löschen. Die Schurken hatten nicht so viel Glück. Nachdem die Sie aus den Augen verloren hatten, haben sie verzweifelt versucht, dem selbst gelegten Brand zu entkommen. Jetzt ist von ihnen nur noch Asche übrig."

"Sie klingen ja fast, als hätten Sie dabei zugesehen."

"Vermutlich hat es jeder gesehen, der ein Medienpanel besitzt. Zumindest jeder im Ring."

"Wie das?"

"Vor zwei Wochen sind zwei Kids aus eurer Siedlung mit einer Reality-Show auf Sendung gegangen. Über ihre Gruppe und die Reinkarnation des sagenhaften El Robo. Die haben über Ihre Ausbildung, die Fähigkeiten der so genannten Schafsflüsterin und der Kraft des Eisenarms berichtet. Der Kampf gegen den Schlitzer sollte so etwas wie die letzte Prüfung sein, dass Sie für die Rolle El Robos geeignet sind, wenn Sie selbst ohne den Kampfanzug mit einem so gefährlichen Feind fertig werden."

Ich ließ diese Information sacken. "Wenn das jeder im Ring gesehen hat ..."

Sie nickte. "Ja, die Bande, die dann aufgetaucht ist, hat die Sendung sicher auch gesehen."

"Und sich gedacht, dass sie uns besser einen Strich durch die Rechnung machen, bevor wir El Robo fertigstellen." Ich seufzte und starrte an die weiße Decke des Raums. "Das hab ich alles vor lauter Training gar nicht mitbekommen. Und es hat mich fast mein Leben gekostet. Ich dreh Cass den Hals um, falls ich meine Hände irgendwann noch einmal benutzen kann." Nein, das Letzte meinte ich nicht ernst, deswegen legte ich nicht besonders viel Kraft in meine Worte.

"Na, es hat auch etwas Gutes. Die anderen Banden werden es sich jetzt zweimal überlegen, ob sie ihr Gebiet verlassen sollen. Andere Gruppierungen werden euch unterstützen, so wie wir." Sie lächelte mich an. Das hatte ihr Ebenbild in der Simulation nie getan. "Aber jetzt machen Sie sich locker, denn es geht in die Operationskammer, damit Sie wieder wie ein strahlender Held aussehen und nicht wie ein Superschurke, dem eines seiner eigenen Experimente um die Ohren geflogen ist."

Sie lachte über ihren eigenen Witz und ich rollte nur mit den Augen. Dank Moritz und Cass würde ich nun pausenlos mit Analogien über Superhelden bombardiert werden.

Es war ein sonderbares Gefühl, als sie meinen Arm berührte, den, der nicht mit einem Handschuh verschmolzen war, um mir aufzuhelfen. An den verbrannten Stellen spürte ich nur einen unbestimmbaren Druck und dort, wo frische Haut meinen Arm überzog und die ersten Häarchen wuchsen, kitzelte sie mich, was mir einen wohligen Schauer den Rücken hinablaufen ließ. Begleitet von diesen verwirrend gegenläufigen Sinneseindrücken führte sie mich Schritt für Schritt zu einem Operationstank.

HypothermieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt