ii - the price for leaving

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"Ich kann sie ja trotzdem mal fragen.", sagte er dennoch.

"Mach was immer du willst", sagte Collin und griff nach seiner Schultasche. "Du kannst aber selbst herausfinden, wie du sie fragst."

"Das wird schon."

"Hallo Professor Jones, ich weiß, dass Sie meinen Vater kannten, ich wollte Sie nur fragen, ob Sie etwas über ihn wissen. Es wäre nett, wenn Sie es mir sagen könnten, denn meine Verwandten weigern sich", imitierte Collin Teddys Stimme und holte ein Bogen Pergament aus seiner Tasche.

"Wirklich witzig, du Idiot." Teddy griff nach einem der Kissen, die auf dem Sesseln lagen und warf seinen besten Freund damit ab. Zu seiner Genugtuung landete es mitten in Collins Gesicht.

◇◇◇

Es klopfte an der Tür. Artemis seufzte. Sie musste sich wohl noch daran gewöhnen, dass man nun öfters nach ihrer Aufmerksamkeit verlangte.

Als Kopfgeldjägerin hatte sie meistens nicht so viel zu tun mit anderen. Man kam zu ihr, man gab ihr den Auftrag, sie erledigte ihn, das war's. Doch als Lehrerin musste sie wohl nun öfters mit anderen Lehrern und Schülern sprechen.

"Herein", sagte sie und sah von den Aufsätzen ihrer sechsten Klasse auf.

Die Tür öffnete sich und gegen aller Erwartungen war es kein Schüler oder ein Lehrer, sondern Harry Potter höchstpersönlich. Was tat er denn hier?

"Harry." Artemis versuchte sich an einem Lächeln. Sie kannte Harry noch aus ihrer Schulzeit. Er war ein paar Jahrgänge unter ihr gewesen und später hatte sie auch während ihrer Ausbildung zur Aurorin im Orden gekämpft. Die Ausbildung hatte sie trotzdem nie abgeschlossen. "Womit verdiene ich diese Ehre?"

"Hallo Artemis." Er klang ebenfalls nicht so, als ob er wissen würde, wie er reagieren sollte. Sie hatten sich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.

Fünfzehn Jahre, wenn sie sich richtig erinnerte.

"McGonagall hat mich hierher bestellt. Manchmal helfe ich Anthony als Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste aus", erklärte er.

"Und nun denkst du, dass ich deine Hilfe benötige?", fragte Artemis und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.

"Natürlich nicht, aber McGonagall hat mich einfach gebeten zu kommen, falls du sie benötigst", erwiderte er ausdruckslos.

"Dann tut es mir leid, dass du umsonst gekommen bist und deine Zeit verschwendet hast, aber ich weiß was ich tue", bestätigte Artemis ein weiteres Mal. Sie war sich sicher, dass sie diesen einen Monat ein Fach unterrichten konnte, auf das sie halbwegs ausgebildet war.

"Bist du dir da wirklich sicher?", fragte Harry und hob eine Augenbraue.

"Was soll das denn nun wieder heißen?" Ihr Tonfall klang gereizt. Sie hatte lange nicht mehr, auf einer normalen freundschaftlichen Basis mit jemandem gesprochen. Generell sprach sie nicht so gerne mit Leuten.

"Ich frage mich nur, ob du dir wirklich sicher bist, dass du weißt, was du tust", meinte er und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Wenn du darauf anspielst, dass ich London verlassen habe und selbstständig bin, dann ja. Ich wusste, was ich damals getan habe", sagte Artemis und versuchte, ihre aufkeimende Wut unter Kontrolle zu halten.

Natürlich hatte sie es betreut, nachdem sie alles verlassen hatte, das sie ein Zuhause nannte, aber sie konnte nicht mehr. Artemis war kaputt aus dem Krieg zurückgekehrt und hatte Narben von der Schalcht getragen - Damit meinte sie nicht nur die sichtbaren.

Jedes Mal, wenn sie ihre Augen schloss, sah sie die Toten, das Leid und die Verzweiflung, die der Krieg mit sich gebracht hatte. Das konnte sie nicht mehr aushalten.

Vielleicht half es den anderen, dass sie sich hatten, aber Artemis machte es verrückt. Es hatte sie verrückt gemacht, bis zu einem Punkt, an dem sie nicht mehr konnte. Bis zu einem Punkt, an dem sie verschwunden war.

"Du hast uns trotzdem zurückgelassen", sagte Harry kühl.

"Wenn du hergekommen bist, um mich für meine Entscheidungen zu verurteilen, dann geh bitte wieder, Harry", sagte Artemis ruhig. "Du sollst nur wissen, dass ich es versucht habe, aber ich konnte nicht mehr in London bleiben. Ich konnte einfach nicht mehr."

"Wir alle haben Probleme nach dem Krieg gehabt", sagte er und sein Tonfall klang noch kühler und abweisender, als Artemis es je von ihm gekannt hat. "Du warst nicht alleine."

"Ich dachte, du hättest es verstanden", meinte sie und spürte das Brennen in ihren Augen. "Aber anscheinend habe ich mich getäuscht."

Artemis stand auf und ging um ihren Schreibtisch zur Tür. Sie öffnete sie und sah Harry an. "Auf Wiedersehen, Harry, komm bitte an einem Tag, an dem du mir nicht mit Feindseligkeit begegnest."

Ohne ein Wort verließ Harry das Büro und Artemis schloss leise die Tür.

Sie ging zu ihrem Schreibtisch und ließ sich auf ihrem Stuhl nieder, bevor sie zusammenbrach.

Sie hatte gewusst, welchen Preis sie zahlen würde, wenn sie alle verließ. Wenn sie der normalen Zauberwelt den Rücken kehrte.

Damals war es ihr klar gewesen, dass sie niemals ein Teil der anderen sein konnte. 

Aber sie hatte sich dafür entschieden. Sie wollte gehen. Artemis hatte es nicht mehr ausgehalten. Ihre Umgebung hatte sie verrückt gemacht und die Leute um sie herum halfen ihr nicht weiter.

Ein Jahr hat sie ausgehalten. Ein Jahr hat sie ihre Ausbildung fortgesetzt und hatte versucht, ein normales Leben zu führen, bis sie gemerkt hatte, dass sie es nicht konnte.

Auf jeden Fall nicht dort. Nicht in London. Nicht bei den anderen. Nicht in ihrem 'alten' Leben.

Sie war gegangen mit dem Vorsatz, bald wieder zu kommen. Doch schnell war aus bald ein Jahr geworden und aus einem waren fünfzehn geworden.

Mit jedem Jahr war der Preis für ihr Verschwinden höher geworden und nun war es an der Zeit, ihn zu zahlen.

Wieder klopfte es an der Tür.

Artemis sah auf. War es Harry, der sich doch noch entschuldigen wollte? Eher nicht. Wahrscheinlich war er schon längst wieder im Ministerium und regte sich bei Ein über sie auf.

Sie wischte sich die Tränen von der Wange und sagte: "Herein."

Die Tür öffnete sich.

Es war der Lupin-Junge.

DenkariumWhere stories live. Discover now