Kapitel 1

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"Linda!" "Bitte?" Ich sah auf. War ich etwa wieder weggedämmert? Mein Mathelehrer Herr Null guckte mich streng an und warf einen Blick auf die Uhr. "Es tut mir leid, ich habe nicht so gut geschlafen", entschuldigte ich mich und erhob mich von meinem Stuhl.

Meine Wirbelsäule knackte und ein paar meiner Mitschüler lachten hinter vorgehaltener Hand. "Ruhe!" Herr Null gab mir das Stück Kreide und ich schrieb die verlangte Rechnung auf die Tafel. Er war zufrieden und ich kehrte wieder zu meiner Bank zurück. "Ist es wegen Jônes?", wollte meine Freundin Beinta mitfühlend wissen.

"Ja, ist es", gab ich kurz angebunden zurück und ließ mich auf den Stuhl sinken. Ich vergrub meine Hände in meinem Haaren und atmete tief ein und aus.

 "Du hast..an ihn gedacht?" Wieder ein Nicken. "Er ist so ein Arsch und du tust mir soo leid" , sagte Beinta, doch das nützte mir auch nichts mehr.

"Jônes!" Mein Freund, sorry korrigiere, mein Exfreund, drehte sich um. Er war gerade an seinem Spind und holte die Chemiesachen heraus. "Linda, was für eine Überrraschung! Was hast du denn jetzt gleich? Bio?", fragte er mich freudig. "Tu nicht so", stieß ich hervor und baute mich vor ihm auf. "Ich weiß nicht, was du meinst", fing er an und legte mir seine Hand auf die Schulter.

"Fass mich nicht an", fauchte ich und er zog wirklich seine Hand zurück. "Was habe ich dir denn getan?" "Was du getan hast? Er fragt wirklich, was er getan hat?" "Sag es mir!", brüllte er fast schon. "Denk selbst nach", stieß ich hervor und legte meine Hände auf seine Brust. "Du hast mit Selina geschlafen! Woher hättest du sonst deine Geschlechtskrankheit? Sie hat eine und das schon seit Jahren! Tja, Pech gehabt, was?"

Es war still am Flur. "Was glotzt ihr so?", brauste ich auf und funkelte meine Mitschüler an. Sie senkten den Kopf und gingen weiter. "Du bist so ein Arsch, ey!" Beinta kam angelaufen und verpasste meinem Exfreund eine Ohrfeige. Er taumelte zurück und stieß hart gegen seinen Spind. Mir tat er jedoch nicht leid. "Du schläfst einfach mit meiner Schwester?! Du Widerling!"

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"Ähm..Linda, wenn du jemanden umbringen willst dann mach es bitte nicht in der Schule!" Der Witz meiner Freundin ging an mir vorbei. "Hey, das war doch nicht ernst gemeint!" Jana stupste mich an. Ich sah sie an. Ich hatte ihr von dem Vorfall erzählt, das war ein großer Fehler gewesen. Mein Blick glitt wieder zu Jônes. Er starrte mich an, war da Angst in seinem Blick? Oder Arroganz? Meine Wut ließ sich nicht länger zurürck drängen.

"Aber zumindest haben wir jetzt gleich Bogenschießen, da kannst du dich richtig austoben. Das wollte ja unsere liebe Frau Ulrike mal ausprobieren. Stell dir einfach vor, es wäre Jônes!" "Ernsthaft?", fragte ich. Jana nickte und warf dabei ihre kurzen, weißblonden Haare nach hinten. Erst vor zwei Wochen hatte sie sich ihre braune Lockenmähne abgeschnitten und weißblond gefärbt. Ihre Mutter hatte das weniger toll gefunden, doch es war ja Janas Leben.

Ich persönlich fand, dass ihr die kurzen Haare besser standen. Ihr Freund hatte meine Meinung wohl nicht geteilt, denn er machte am nächsten Tag mit ihr Schluss. Tja, er war sowieso ein Arsch!

"Komm, es läutet gleich", meinte sie und sprang von der Bank hoch, auf der wir unsere Mittagspause verbracht hatten. "Warte..!" Ich legte meinen Kopf in den Himmel, eine schwarze Feder segelte neben mir herab. Ich hob sie auf und strich über die Enden. Sie hinterließen ein leichtes Kribbeln auf meiner Haut.

"Och, die ist ja schön!" Beinta war zu uns gestoßen und betrachtete nun meine Feder. Ihre Augen waren kugelrund. Sie interessierte sich genauso sehr für Vögel wie ich.

Firewolf - GetarntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt