Zusammenbruch

416 31 14
                                    

Aniana Pov:

"Tony ist verwirrt. Aus ihm spricht nur die Wut und Enttäuschung." murmelte ich vor mich hin und raufte mir dabei die Haare.

"Aber er hat Recht. Ich war nicht da." entgegnete Steve bloß, der mit überkreuzten Armen auf dem Bett lag und mir dabei zusah wie ich in unserem Schlafzimmer auf und ab lief.

"Nein, er hat nicht Recht! Hör auf ihn ständig zu verteidigen. Du warst da. Als Bruce uns angerufen hat, hast du nicht eine Sekunde gezögert." verteidigte ich ihn quasi vor sich selbst, wobei ich ihn eher davon überzeugte dass er nichts falsch gemacht hatte.

"Wir haben ebenfalls gekämpft. Wir waren in Wakanda, haben Seite an Seite mit den anderen Avengers gekämpft. Du warst immer für ihn da, er hätte nur anrufen müssen." Es nervte mich, dass Tony meinte er müsste Steve für das alles die Schuld geben.

"Aber hätten wir uns nicht gestritten und das damals anders geklärt, wären wir jetzt keine Verbrecher und müssten uns nicht verstecken." nahm der blonde Soldat den Milliardär ein weiteres Mal in Schutz.

"Aber wer sagt dass wir zu dem Zeitpunkt auch in New York gewesen wären? Wer weiß was passiert wäre, wenn wir alle den Vertrag unterschrieben hätten. Wir wären womöglich in der ganzen Welt verteilt und hätten in diesem Moment genauso wenig für ihn da sein können. Keiner der anderen Avengers war da, nur Bruce und er. Warum also gibt er dir die Schuld? Warum macht er dich dafür verantwortlich, wenn die anderen Avengers genauso wenig bei ihm waren? Ob sie den Vertrag unterschrieben haben oder nicht, sie waren nicht da. Und dennoch macht er nur dich dafür verantwortlich." schoss ich erneut dagegen. Steve schüttelte bloß den Kopf und senkte seinen Blick, während ich mich innerlich immer mehr aufregte.

"Außerdem hast du für deinen besten Freund gekämpft, denn Bucky war unschuldig. Tony ist euch doch sogar gefolgt, weil er wusste, dass er falsch lag. Er war derjenige der gelogen hat! Er hat genauso gegen das Abkommen verstoßen, als er euch gefolgt ist um zu helfen. Er ist genauso ein Verbrecher wie wir, nur steht er in der Öffentlichkeit nicht zu seiner Entscheidung. Er konnte sein Leben als Bürger normal weiter führen."

"Aniana, das kannst du ihm nicht vorwerfen!" widersprach Steve sofort, rief es beinah schon entsetzt aus.

"Das ist doch genau der Punkt, das tue ich nicht. Keiner von uns hat ihn dafür verurteilt. Immerhin hat er Pepper, er hat die Firma und die Menschen auf dieser Welt brauchten jemanden auf den sie sich verlassen können. Keiner hat es ihm übel genommen, aber dann soll er dich gefälligst nicht als Lügner bezeichnen und dir sowas vorwerfen, wenn er kein Stück besser ist." steigerte ich mich immer mehr hinein. Ich wusste nicht wieso, aber es machte mich auf einmal unglaublich wütend. Ich spürte nur diese unglaubliche Wut in mir, die meinen Puls hoch schießen ließ.

"Mir ist bewusst dass er viel durchgemacht hat, doch das haben wir auch. Er hat kein Recht dazu dir so etwas unmögliches zu unterstellen, nur weil er wütend und verletzt ist. Wahrscheinlich denkt er auch noch dass er damit im Recht wäre, was er aber nicht ist. Denn wäre er damals ehrlich gewesen, hätten wir vor drei Wochen gemeinsam gegen Thanos gekämpft. Dann wäre Tony nämlich ebenso ein Verbrecher gewesen, weswegen er mit uns hätte untertauchen müssen." Aufbrausend fuhr ich mir erneut durch die Haare und versuchte ein wenig runter zu kommen indem ich tief Luft holte, aber es half kein bisschen.

"Aniana, ist schon gut." versuchte Steve mich mit sanfter Stimme zu beruhigen, während er vom Bett aufstand und seine Hände auf meine Schultern legte. Leider brachte es nicht sehr viel, denn ich schüttelte seine Hände nur wieder ab. Wie konnte er bei alldem nur so ruhig bleiben?

"Nein, ist es nicht! Du bist anscheinend nicht wütend auf Tony, deswegen muss ich auch deinen Teil übernehmen... Er hat gelogen, er war nicht ehrlich und war deswegen nicht bei uns. Wir haben die Konsequenzen für unsere Taten getragen. Das war es uns wert, solange die Wahrheit rauskommt und wir die Menschen beschützen." sprach ich immer weiter und merkte dabei gar nicht wie ich vor Wut bereits eine der Tischlampen mit der Macht anhob.

"Zwei Jahre lang haben wir im Untergrund gelebt, mussten unsere Familie und Freunde verlassen... Wir haben eingesteckt, haben mit den Folgen gelebt... Nie hat irgendwer gesagt 'Tony du bist genauso ein Verbrecher wie wir. Du musst dich auch stellen und mit uns im Untergrund verschwinden, wo wir nicht einmal ein Zuhause besitzen.' Nein, niemand hat es zu ihm gesagt, weil jeder verstanden hat wieso er still geblieben ist. Deswegen hat auch niemand von uns ihn verpfiffen. Und jetzt wirft er dir so etwas vor, nur weil er mit sich selbst nicht klar kommt! Er denkt wahrscheinlich nicht einmal daran, dass es genauso seine Schuld ist, dass wir uns getrennt haben!" Wütend schloss ich die Augen, während meine Hände unkontrolliert zu zittern begannen.

"Aniana..." begann er erneut und schaute leicht geschockt auf die Lampen im Zimmer, die allesamt zu flackern begannen. Doch achtete ich nicht weiter darauf.

"Nein, Steve. Du hast die Armee von Thanos gesehen. Stell dir vor, wir wären mit in New York gewesen, wo Tony gegen ihn gekämpft hat. Ohne die Armee der Wakandaner hätten wir es so oder so nicht geschafft, auch wenn Tony dabei gewesen wäre. Selbst mit den Kriegern haben wir verloren. Egal wie es damals mit dem Abkommen ausgegangen wäre, Thanos wäre gekommen und hätte uns besiegt." stellte ich klar, denn für mich war es keine Frage ob, sondern wann Thanos gekommen wäre. Er hätte uns so oder so angegriffen und egal wie, wir waren auf solch einen Angriff nicht vorbereitet. Mit der Kraft der Infinity Steine hatte er uns überrannt.

"Du warst da. Wir haben alle gekämpft. Gemeinsam. Keiner von uns hat alles richtig gemacht, jeder trägt seine Schuld daran wie wir hier gelandet sind. Wie kann er dir sowas unterstellen?!"

"Ist schon gut, Aniana. Du musst dich wirklich beruhigen!" wies Steve mir besorgt an und versuchte mich festzuhalten, doch erneut drehte ich mich bloß von ihm weg.

"Wir haben alles verloren. Wir haben es verbockt und nun tragen wir die Konsequenzen. Und die Konsequenzen sind die Verluste von allen die wir lieben. Von einfach allen..."

Ohne es zu wollen brach meine Stimme erneut ab. Die Wut war so schnell wieder weg wie sie gekommen war, ebenso wie mich meine Kraft verließ. Das Gefühl von Trauer und Leere kehrte zurück und überrollte mich nahezu, dass die Tränen ungewollt in mir hochstiegen.

Mit einem Schluchzer, den ich nicht zurück halten konnte, verließ mich meine gesamte Kraft und ich sackte energielos auf dem Boden zusammen, den Kopf in meinen Händen vergraben. 

"Aniana?" fragte Steve vorsichtig nach und kniete sich zu mir auf den Boden. Als er merkte dass ich nicht antwortete, setzte er sich neben mich und zog mich in seine Arme.

"Das liegt doch gerade nicht nur an Tony, oder? Was ist los mit dir? Ich weiß, wir haben viel verloren. Jeder von uns und keiner kann es rückgängig machen, aber du... Dich bedrückt doch noch etwas anderes." murmelte er in mein Haar, während er mir zärtlich über den Rücken strich.

"Ich weiß, dass du dich seit der Niederlage fast jeden Abend leise in den Schlaf weinst. Dass du mehrmals in der Nacht aufwachst und nicht wieder einschlafen kannst. Du denkst vielleicht ich bekomme es nicht mit, aber das tue ich. Deine Albträume, ständig bist du in Gedanken weit weg... Du bist nicht mehr du selbst." stellte er fest und mir war klar, dass ich ihm von dem Kind endlich erzählen musste. Doch ich traute mich nicht es laut auszusprechen. Zudem ein Kloß in meinem Hals verhinderte das auch nur ein Ton meinen Mund verließ.

"Zuerst dachte ich, es würde dir nur wie uns anderen ergehen. Keiner wollte seinen Schmerz vor den anderen ausbreiten, jeder hat im Stillen für sich gelitten. Ich hab dir deine Zeit gegeben, wollte dir deinen Freiraum lassen, doch langsam mache ich mir wirklich Sorgen. Du isst nicht mehr richtig, schläfst kaum noch und bist nur noch ein Schatten deiner Selbst. Also bitte... Sag mir was los ist, damit ich dir helfen kann." Sanft strich er mir eine Haarsträhne hinters Ohr und musterte mich.

"Ich ertrage es nicht dich so zu sehen. Es ist als..." Er stoppte, schien mit sich zu kämpfen weiter zu reden. Traurig schloss er die Augen, schüttelte kaum merklich den Kopf und lehnte seinen schließlich an meinen. Die nächsten Worte kamen nur schwer über seine Lippen und der Ton in seiner Stimme ließ mich innerlich fast zerbrechen.

"Als hätte ich dich auch verloren..." 

Decisions (Steve Rogers FF / Band 3)Where stories live. Discover now