𝕾𝖊𝖈𝖍𝖘𝖙𝖊𝖘 𝕶𝖆𝖕𝖎𝖙𝖊𝖑

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Der nächste Tag ging viel zu schnell vorüber. Jake war nachträglich zum Waffenschmied gegangen, wir anderen hatte unseren Plan weitere viertausendmal wiederholt. Und egal wie fest ich mir einredete, dass alles gut werden würde, hatte ich unglaubliche Angst. Am Abend trank ich einen starken Tee, damit ich auch wirklich einschlafen würde. Ich brauchte morgen viel Energie.

Und dann war es soweit. Wir hatten unsere Gruppe auf T, Brooke, Jake, Claire und mich beschränkt. Nachdem wir alle Pferde gesattelt hatten, ritten wir los. Jake führte uns ungesehen zur Mauer, den selben Weg entlang, den sie bei dem Angriff auf mich benutzt hatten.
„Ab hier trennen wir uns." meinte Claire, als wir die Mauer erreicht hatten.
„T und Brooke, ihr bleibt bei den Pferden. Lilian, du gehst durch den Geheimen Eingang in den Hof der Prinzessin. Und Jake und ich warten hier mit T und Brooke, bis du uns ein Zeichen gibst."
Ich nickte und stieg von Shadow ab. T nahm ihre Zügel in die Hand und schaute ein wenig ängstlich das schwarze Pferd an.
„Sie macht Dir nichts." meinte ich. Dann überprüfte ich, ob ich alles hatte. Kescher mit Pfeilen, Bogen, Seil, Brief und ein Tuch.
Die anderen wussten nicht, was ich vorhatte, um die Wachen wegzulocken. Ich hatte mir einen Plan ausgedacht, der nicht nur beim Überfall helfen würde, sondern mich auch vor dem Zorn meines Vaters schützen würde.
Jake sah mich besorgt an. „Pass auf dich auf Lilian. Und wenn irgendwas nicht stimmt..."
„...dann mach ich mich sofort auf den Weg zurück, ich habs verstanden."
Ich drehte mich um und rannte los. Nach einigen Minuten hatte ich die Stelle erreicht. Das kleine Loch war mit Gebüsch verdeckt und war nicht viel höher als ich. Schnell schlüpfte ich hindurch und kam in dem bekannten Wald heraus. Ich atmete die herrliche Luft hier ein und merkte erst, wie sehr ich es vermisst hatte. Doch mir blieb nicht viel Zeit. Ich lief ein paar Meter, bis ich ein wenig aus dem Wald schauen konnte. Dann setzte ich mich an einen Baum und Band mir das Tuch um den Mund. Ich fesselte meine Beine mit dem Seil und griff dann nach dem Bogen. An einen Pfeil hing ich den Brief, den ich gestern Abend noch geschrieben hatte.
Ich setzte ihn an die Sehne und spannte den Bogen. Es würde schwer sein, an allen Bäumen vorbei zu schießen. Ich biss mir auf die Unterlippe um mich besser konzentrieren zu können. Dann lies ich den Pfeil los. Ich hatte keine Zeit zu sehen, ob er sein Ziel erreicht hatte.  Sofort schickte ich einen zweiten Pfeil in den Himmel, als Zeichen für die anderen. Das restliche Seil band ich um meine Arme und versuchte mich selbst Komplet zu fesseln, wobei ich ziemliche Schwierigkeiten hatte. Schon bald hörte ich viele Stimmen die sich aus Richtung Palast näherten. Tausende von schnellen Schritten kämpften sich durch den hier sehr engen und verwachsenen Wald meiner Hofes. Da ich noch nicht fertig mit fesseln war, hielt ich die zwei Enden hinter meinem Rücken mit den Händen fest und lehnte mich an einen Baum. Mein Bogen lag neben mir, genau wie der Kescher.
Jetzt konnte ich bereits einige Männer sehen.
„Da vorne!" schrie einer und die Schritte beschleunigten sich. Als erstes erblickte ich eine Wache, der ich den Namen ‚Wache-des-Haupttors-3' gegeben hatte. Ich weiß, nicht sehr kreativ. Aber das sie hier war, war ein sehr gutes Zeichen. Die anderen hatten freie Bann.
„Prinzessin!" schrie er und rannte auf mich zu.
Der hellste war er auch nicht. Wenn ich wirklich von Rebellen entführt worden war, wie ich in dem Brief geschrieben hatte, und diese Lösegeld forderten, wären sie bestimmt nicht weit. Und er schrie hier durch die Gegend, damit auch wirklich der gesamte Hof wusste, das ich hier war.
Die Wache kniete vor mir nieder und befreite mich von meinen Fesseln. Ich hatte mir eindeutig unnötig Sorgen gemacht, dass sie zu wenig fest waren. Selbst bei so einem losen Seil schaffte er es, dass ich später noch mehr gefesselt war als zuvor. Irgendwann schnitt er sie einfach durch. Ein paar andere Wachen waren bereits angekommen und ich band mir das Tuch vom Mund.
„Prinzessin Asena, Gott sei dank! Wir haben einen Erpressungsbrief von ihren Entführern bekommen und sind so schnell her gekommen wie es nur ging." meinte eine Frau die mir nun vollkommen unnötig beim Aufstehen half.
„Ich danke Ihnen." meinte ich und sah tiefer in den Wald hinein.
„Sie kommen bestimmt bald zurück. Ich sollte zurück zum Palast."
Die Frau nickte. „Wir werden hier auf ihre Entführer warten."
„Aber es sind wirklich viele also passen Sie auf!" log ich.
Insgesamt waren jetzt ungefähr dreißig Wachen hier, die alle unschlüssig, was sie tun sollten, nebeneinander im engen Wald standen.
„Kommen sie zurecht?" fragte ein weiterer. Ich nickte, schnappte meinen Bogen und rannte dann aus dem Wald.
„Alle bereit machen!" hörte ich einen schreien. Sie waren wirklich nicht so schlau. Die Entführer wären längst abgehauen, wenn sie so durch die Gegend schreiten.
Ich rannte bis zum Haupttor. Der gesamte Hof war wie leergefegt, nur ab und an sah man eine Wache.
Ich schlich mich aus dem Hof und rannte zu T und Brooke.
„Na endlich!" flüsterte T und umarmte mich.
„Ich dachte schon Dir sei was passiert!"
Brooke gab mir mit einem entschuldigenden Lächeln Shadows Zügel. Anscheinend hatte T es nicht ausgehalten, sie zu führen.
„Die anderen kommen bestimmt gleich." meinte Brooke.

Und so warteten wir. Jede Sekunde war die schrecklichste Sekunde meines Lebens. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, was wäre, wenn ihnen etwas zugestoßen wäre.
Und dann endlich rannte Jake zu uns. Er hatte zwei Säcke über der Schulter und ein breites, triumphierendes Lächeln im Gesicht. An seinem Schwert hing Blut und seine Arme und sein Gesicht hatten tiefe Wunden.
Ich rannte zu ihm und umarmte ihn .
„Den Göttern sei dank, Dir geht es gut!" murmelte ich. Als ich ihn wieder los lies schaute er mich prüfend an.
„Und Dir anscheinend auch, ich hatte mir so Sorgen gemacht!"
„Hallo? Uns geht es auch gut!" meinte T empört. Brooke nahm Jake die schweren Säcke ab und band sie auf ihr Pferd.
„Wo ist Claire?" fragte ich verwundert.
„Ist sie etwa..." stieß Brooke heraus und Jake schüttelte schnell den Kopf.
„Wir wollten gerade abhauen als sie irgendetwas von ,ihre Chance' und ‚komm dann nach' murmelte. Sie kommt bestimmt gleich." meinte er. Doch aus seiner Stimme hörte ich Angst. Wir setzten uns auf unsere Pferde, um so schnell wie möglich loszureiten, wenn sie kommen würde. Und wieder verstrichen die Sekunden wie Jahre.

Und dann kam sie.
An ihrem ganzen Körper klebte Blut.
Sie hatte keine Säcke wie erwartet dabei.
Und ein riesiges, triumphierendes Grinsen zog sich über ihr Gesicht. Es machte mir Angst. Auch die anderen starrten sie erschrocken an.

„Tod!" schrie sie durch die angespannte Luft.
„DER KÖNIG IST TOD!"

Throne of ArîsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt