𝕱ü𝖓𝖋𝖙𝖊𝖘 𝕶𝖆𝖕𝖎𝖙𝖊𝖑

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Der Hof des Nachbars, den Jake meinte, war nicht so groß. Die Weide war jedoch riesig und eindeutig perfekt. Frisches Gras, hohe Bäume für Schatten an heißen Tagen, viel Futter und vor allem viel Platz um sich zu bewegen. Nachdem ich Shadow die Satteltasche abgenommen hatte und sie über den Zaun gesprungen war, verabschiedete ich mich. Ich hatte eigentlich gedacht, sie wäre unglaublich anhänglich und würde nicht wollen das ich ging. Doch nachdem ich ihr einmal über den Hals gestrichen hatte, galoppierte sie zu meiner Verwunderung sofort weg.

Als ich wieder im Hotel war, schleppte ich die Satteltasche die Treppen hoch. Mein Zimmer war im dritten Stock und ich brauchte ganze fünf Minuten, bis ich oben war.
Meine Sachen packte ich nicht aus. Man wusste ja nie, wann man schleunigst abhauen sollte.

Am nächsten Morgen war ich ziemlich gut ausgeschlafen. Da ich die vorletzte Nacht so schlecht und ungemütlich geschlafen hatte, war es mir trotz meiner ständigen Angst gelungen, schnell einzuschlafen.
Ich nahm eine kurze Dusche und schlüpfte in frische Kleider, bevor ich mich auf machte, nach Shadow zu sehen.
Es war so gut wie niemand wach, als ich die Treppe runter schlich und mich leise aus dem Haus stahl. Auch auf dem Dorfplatz waren erst ein, zwei Stände aufgebaut und sonst war noch niemand da. Ich lief  zu der Weide und genoss die warmen Strahlen der aufgehenden Sonne. Schon von weitem sah ich Shadow am Zaun stehen. Ein weiteres Pferd war an ihrer Seite und vor dem Zaun stand ein Mensch.
Mein Herz fing an schneller zu rasen. Was wenn das der Besitzer war? Was wenn er Shadow etwas antun würde?
Ich rannte so schnell ich konnte zu der Weide.
„Warten sie!" schrie ich.
Die Person drehte sich um und ich erkannte erst jetzt Jake. Mein Adrenalinspiegel sank wieder und ich  beruhigte mich.
Alles war gut.
Ich stellte mich neben Jake und Shadow begrüßte mich.
„Seit wann siezt du mich?" fragte er statt einer Begrüßung.
„Sorry, hab dich verwechselt."
Er nickte verständlich.
„Ist sie dein Pferd?" fragte er und streichelte vorsichtig Shadows Hals.
„Ja." antwortete ich.
„Sie ist wunderschön." meinte er.
Ich lächelte. „Ja das ist sie. Und ist das da dein..."
Ich stockte. Das Pferd das neben Shadow stand war...
„Milky!"
Jake sah mich verwundert an.
„Also heute morgen redest du nur seltsames Zeug. Das ist Moon. Aber nein, sie gehört mir nicht. Oder nicht richtig."
Er lehnte sich an den Zaun.
„Sie folgt mir seit ein paar Wochen ständig. Und als sie mir letztens gefolgt ist und dabei fast umgekommen ist, hielt ich es für besser, sie auf eine Weide zu bringen."
Ich starrte Milky, oder Moon, an.
„Oh Gott was ist den passiert?"
„Wir haben letztens versucht, die Prinzessin zu töten."
Jetzt blieb mir fast der Atem weg.
„Ihr...Ihr wart das?"
„Ja, aber woher weißt du da von? Der Königshof hat das überhaupt nicht öffentlich gemacht."
„Die Explosion...das warst du?"
Er nickte verwirrt.
„Ja, ich war dabei. Ich hab denn Sprengstoff in den Hof gebracht und da ist Moon mir gefolgt."
Jetzt ergab das einen Sinn. Aber ich hätte mich wohler gefühlt, hätte ich es nicht erfahren.
Meine Hände fingen an zu zittern.
Jetzt ja nicht aus der Rolle fallen!
„Also, wieso weißt du davon?"
Ich musste mir in Sekunden eine Lüge ausdenken.
„Ich geh öfters in den Palast."
Gott, was labere ich da?
„Also, heimlich. Ich, Ähm, stehl da Essen. Und als die Explosion war, war ich ganz in der Nähe. Und da hab ich auch Milky, äh Moon gesehen."
Das war die schlechteste Lüge aller Zeiten. Noch nie hatte es jemand in den Palast geschafft. Auf den Hof vielleicht, aber doch nicht in den Palast.
Auch Jake schien das aufgefallen zu sein. Er runzelte seine Stirn.
„Du bist in den Palast reingekommen? Mehrmals?"
Ich nickte unsicher.
„Kompliment." sagte er beeindruckt.
Shadow und Milky hatten sich inzwischen ein wenig von uns entfernt. Sie spielten miteinander, als kannten sie sich schon Jahre.
„Mhm...Milky ist eigentlich kein schlechter Name."
„Moon auch nicht!" meinte ich lachend.
Was war nur mit mir los? Ich redete seit einem Tag nur noch mit Leuten, die mich vor mehreren Tagen umbringen wollten. Und es auch fast geschafft hatten. Und trotzdem lachte ich. Ich redete mir zwar immer wieder ein, wie Angst ich hatte und wie schlecht es mir ging.
Aber ich fühlte mich seltsamerweise wohl hier.
„Wie wäre es, wenn wir sie Milky-Moon nennen?"
„Das klingt super!" meinte ich.
Jake stoß sich von dem Zaun ab.
„Ich geh dann mal wieder zu den anderen. Wir müssen noch fertig planen."
„Was plant ihr den?" fragte ich vorsichtig.
Er grinste. „Dreimal darfst du raten."
Er lief los und ich folgte ihm.
„Darf ich vielleicht mithören?"
Jake lachte. „Sorry, aber darüber versteht Claire kein Spaß."
Ich schaute ihn bettelnd an.
„Ich kann ja mal schauen was ich machen kann."

„Sie ist was?!" Claire schaute verblüfft zwischen mir und Jake hin und her.
„Stimmt das?" fragte sie mich.
„Ähm, ja. Mehrmals."
Das Claire so die Fassung verlor irritierte mich.
„Du willst mir gerade klarmachen, das du MEHRMALS in den PALAST eingebrochen bist?" Ich nickte schüchtern.
„Lilian! Warum hast du das nicht früher gesagt!" Sie drehte sich zu den anderen, die an einem großen Tisch saßen, um.
„Leute, was haltet ihr davon, wenn wir, statt ein erneuter aussichtsloser Angriff auf die Prinzessin starten, in den Palast einbrechen?"
Alle fingen an zu jubeln. Und mein Herz fing an zu rasen. Sollte ich Ihnen wirklich helfen, in mein Zuhause einzubrechen? Andererseits, mein Vater hatte es verdient, Geld zu verlieren.
„Leute wir werden reich sein!" schrie T.
„Du dummkopf, das Geld geht an das Dorf." meinte Brooke.
Jake sah mich besorgt an.
„Alles ok? Du wirkst so blass?"
Ich schluckte den Kloß runter, der sich in meinem Hals gebildet hatte.
„Nein, alles super. Ich bin nur aufgeregt."
„Keine Angst, du musst uns nur die Tür auf machen. Wir stehlen dann das Geld und gehen wieder raus."
Ich nickte. Aber das war nicht wirklich das, was mir Angst machte. Aber es war die richtige Entscheidung. Das Volk litt so sehr unter der Herrschaft meiner Vaters und dem Krieg. Wenn er Geld verlieren würde und das Dorf mehr bekommen würde, wäre das nicht die beste Lösung?
„Ok konzentriert euch Leute! Übermorgen geht es los! Wir müssen bis dahin bereit sein. Lilian, übernimmst du die Führung?"
Ich nickte. „Also, Ihr werdet euch an der Außenmauer verstecken. Ich gehe alleine rein und öffne euch alle Türen bis zum Tresor. Sobald ich euch dann das Zeichen gebe, kommt ihr rein."
Brooke grübelte.
„Aber was ist mit den Wachen?"
Sie sah mir in die Augen.
„Das sind zu viele. Das schaffen wir nie!" ergänzte sie.
„Ich kann mich um die meisten kümmern. Ich hab da eine Idee, wie ich sie weglocke."
Also war es entschieden. In zwei Tagen würde ich mein eigenes Blut verraten.

Throne of ArîsWhere stories live. Discover now