Neun

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Es dauerte nicht lange, bis auch Femke eingeschlafen war. Emba lies sich von dem Baum runter gleiten und setzte sich neben mich.
»Wieso warst du neulich eigentlich einfach so verschwunden?« fragte ich.
»Ich habe gehört, was ihr über mich geredet habt. Und deine Eltern haben ja eigentlich recht. Ihr seid ja auch nicht gerade reich und könnt es euch nicht leisten, noch einer Person mehr Essen zu geben.« sie hob ein kleines Stöckchen von dem Waldboden auf und fing an, es an mehreren Stellen abzubrechen.
»Und, warum bist du hier?« erkundigte ich mich weiter, wobei die Frage eigentlich ziemlich dumm war.
»Ich habe mich angemeldet und den Test bestanden.«
»Was für einen Test? Wir mussten doch überhaupt keinen Test machen.« das verwirrte mich jetzt ein wenig.
»Nein, nur wir Elfer. Wir mussten einen Test machen, ob wir überhaupt geeignet dafür wären, oder ob wir selbst dafür zu dumm sind.« sie warf das restliche Stöckchen weg und verschränkte die Arme. Ich sah zu einem Baum, der mir gegenüber stand und verfiel in meinen Gedanken.

Es war schon fast Mittag, als Enya wieder wach war.
»Ich habe Hunger,« meckerte sie und sah Emba auffordernd an: »Hol mir Essen!«
Diese hingegen sah sie mit leicht schräg gelegtem Kopf an: »Steht auf meiner Stirn vielleicht „Bedienstete" geschrieben?«
»Tja, vielleicht sollten wir das ja machen. Schließlich bist du eine Elf, ich könnte wetten, dass du nur aus diesem Grund hier bist.« Emba stand auf und wollte etwas erwidern. Doch ich ging dazwischen.
»Jetzt beruhigt euch doch erst mal wieder. Enya, das war nicht sehr nett von dir, sie ist genau so ein Mensch wie du.«

»Wer weiß denn, was man aus einem Wald überhaupt essen kann und was nicht? Wir können doch eigentlich auch alle zusammen etwas suchen.« schlug Femke vor.
Ich nickte: »Ich kenne mich ein wenig aus.«
»Ich bin in einem Wald aufgewachsen. Ich kenne mich aus.« meinte Emba. Die anderen Beiden waren anscheinend noch nie in einem Wald gewesen.
Wir machten uns weiter auf den Weg. Irgendwann fanden wir einen großen Himbeerbusch, wir pflückten uns ein paar davon ab und gingen weiter. Jedem von uns war klar, dass wir uns ab jetzt an, von Beeren und Früchten ernähren mussten. Außer, wenn wir mal vielleicht Fische fangen könnten. Wobei niemand wirklich gut angeln konnte.
Wir liefen die ganze Zeit neben einem flachen Bach her, und falls einer mal Durst bekam, konnten wir kurz anhalten und etwas trinken.
Ich fand es schon etwas merkwürdig, in einem Wald zu sein, indem außer uns gefühlt nichts war, weder Menschen, noch Tiere. Wir waren einfach ganz allein.
Wir unterhielten uns eine Zeit lang und erzählten von unserem Leben, bevor wir ausgewählt wurden.
Femke erzählte uns, dass er eigentlich einem höheren Rang angehörte, doch da er eine Krankheit hatte, mit der er auf eine Sonderschule musste, die sehr viel Geld gekostet hatte, hatten seine Eltern es in Kauf genommen, einen niedrigen Rang zu bekommen.
Woraufhin Enya laut schrie: »Ich bin von Idioten umgeben!«
Aber es hatte geholfen, Femke war seine Krankheit los geworden.
»Ich glaube, sie hat ein paar Aggressionsprobleme.« flüsterte ich zu Emba, die neben mir lief. Sie kicherte: »Ja, vielleicht würde ihr mal eine Sonderschule gut tun.« Enya sah uns böse an. Und ich konnte mir das Lachen nur schlecht verkneifen.
»Wie war denn dein Leben, bevor du hier her durftest?« fragte sie Emba, damit Enya wieder einmal auf ihren Rang anspielen konnte.
Doch Emba lies sich davon nicht beirren.
»Es war total schön,« fing sie an. Doch hielt dann mitten im Reden inne: »Also.... zumindest meistens...«
»Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst,« meinte ich schnell: »Enya, wie war denn dein Leben bis jetzt so?«
Sie dachte nicht lange nach, sondern antwortete sofort: »Meine Eltern verdienen so viel Geld, dass ich schon immer alles hatte was ich wollte. Ich habe sogar vor ein paar Wochen das neue Handy bekommen. Und ich bereue jetzt schon, dass ich mich hierfür angemeldet habe.« Ja, das konnte ich mir denken. Aber warum meldete man sich zu so etwas an, wenn man sowieso schon super viel Geld hatte?

Wir liefen schweigend weiter. Ich hoffte, dass wir uns bald besser verstehen würden. Die Stimmung bis jetzt war ja nicht so super.
Wir kamen zu einem etwas breiterem Fluss.
»Toll, und was jetzt?« fragte Femke vorsichtig.
Emba ging ans Ufer und sah sich um. Dann zeigte sie ein Stück weiter nach links.
»Da hinten ist eine Stelle, wo das Ufer etwas weiter ins Wasser geht. Dort müssen wir rüber.« sie lief los. Ich folgte ihr und hörte hinter mir Enya motzen: »Wenn wir aber jetzt durch das Wasser gehen, sind wir ja nass! Und dann werden wir uns erkälteten.« ich wollte etwas erwidern, doch Femke kam mir zuvor.

»Du musst dich echt mal locker machen.« sagte er. Enya lachte Sarkastisch auf, doch sagte nichts mehr, sondern folgte uns einfach.
Emba watete als erste durchs Wasser. Kurz schwankte sie etwas, da sie die Strömung ein wenig unterschätzt hatte. Doch sie fand einen Trick wie sie nicht von der Strömung mitgerissen wurde.
Ich ging als zweiter. Es war sehr anstrengend, gegen die Strömung zu gehen, doch ich schaffte es.
Femke rutschte hinter mir aus und landete mit dem Bauch im Wasser. Doch er reagierte zu langsam und wurde mitgerissen. Ich handelte so schnell ich konnte und rannte etwas weiter vor Femke und sprang im richtigen Moment ins Wasser. Mit der einen Hand griff ich nach Femke und mit der Anderen versuchte ich mich an einen Baum, der zum Glück einen langen Ast über dem Fluss hängen hatte, festzuhalten. Emba war uns am Ufer hinterher gerannt und kletterte den Ast entlang. Um Femke zu helfen, sich an dem Ast hoch zu ziehen.
Geschockt klammerte er sich an dem Ast fest. Ich watete zum Ufer zurück und ließ mich dort ins Gras Fallen. Auch Enya hatte es inzwischen irgendwie durch das Wasser geschafft, ohne sich etwas zu tun, und kam nun zu uns.
Nachdem wir eine kleine Pause gemacht hatten, gingen wir weiter.

Plötzlich hörten wir ein knurren hinter uns. Wir drehten uns gleichzeitig um. Ein Stück weiter hinter uns stand ein großer brauner Bär. Ich wusste, dass wir ganz ruhig bleiben mussten und keine schnelle Bewegung machen durften. So würde uns der Bär nicht bemerken und einfach weiter gehen.
Doch er ging nicht weiter, sondern schnaubte erneut und sah in unsere Richtung. Wir hielten alle den Atem an.
Der Bär stellte sich auf seine Hinterbeine und brüllte so laut er konnte. Anschließend ließ er sich wieder auf alle viere sinken und nahm Anlauf in unsere Richtung.
Fast gleichzeitig fingen wir an zu schreien.

Forest Maze - Kampf um den VerstandWhere stories live. Discover now