Konnten wir nicht die Zeit zurückdrehen? Nur für diese verfluchten Minuten auf dem Flur? Verdammt, ich hatte diesen Kuss so sehr genossen, Nicos Lippen brannten gefühlt  immer noch auf meinen, und verflucht, ja… ich wäre weiter gegangen. Vielleicht hatte Nico genau das Richtige getan, hatte er gespürt, was daraus geworden wäre, was definitiv alles kaputt gemacht hätte. Vielleicht hatte er uns vor noch einem größeren Fehler bewahrt.

Aber er hatte mich geküsst. Das konnte er nicht leugnen; vielleicht war ihm nur bewusst geworden, dass er sich hatte leiten lassen? Von diesem genialen Abend, von einfach allem? Und nun bereute er sicherlich den Kuss… so kurz nach seiner Trennung war das doch auch nur logisch.
Lea, schalt mich mein Gewissen. Worauf hast du dich eingelassen?
Um ehrlich zu sein, wusste ich das doch selbst nicht genau. Alles in meinem Kopf drehte sich, mir war schlecht und ich sank erschöpft, benebelt vom Alkohol und dem Kuss auf mein Bett. Doch Liegen war noch schlimmer, alles drehte sich plötzlich, als ich an die Decke starrte, mir wurde speiübel und ich stützte in das komfortable Bad.
»Scheiße«, flüsterte ich mit Tränen in den Augen vor mich hin, als ich vor der Toilette hockte und spülte. »Das hat alles kaputt gemacht!«

Warum hatte ich nicht bemerkt, dass Nico mich küssen wollte? Hatte es nicht von Anfang an beendet? Aber es war geschehen – und wir mussten jetzt damit klarkommen.
Siedend heiß fiel mir ein, dass wir am nächsten Tag zum Strand fahren würden, die Shootings drehen, und mir wurde gleich nochmal übel. Ich würde diesen Tag nicht durchstehen. Definitiv nicht.

Es war schon direkt am nächsten Morgen unangenehm, als ich mich in den Frühstückssaal kämpfte. Mir war schon schlecht, als ich den Kaffee roch, holte mir nur Tee und Müsli vom Buffet, setzte mich zu Ilse, Michael Patrick und Max und bemühte mich, Max nicht anzusehen. Er würde mir den Hals umdrehen, sollte er jemals von dem Kuss erfahren. Mit Recht. Ich verfluchte mich ja inzwischen selbst dafür. Ich hoffte nur, dass dieser Kuss nicht alles zwischen uns verändert hatte, aber leider fühlte es sich schon so an, obwohl Nico noch nicht einmal zum Frühstück erschienen war.
»Ey, Lealein, wo hat du Nico gelassen?«, fragte Max natürlich prompt und ich musste Tee trinken, um die Übelkeit loszuwerden.

»Woher soll ich wissen, wo er steckt?«, fragte ich, vielleicht ein bisschen zu patzig, fügte gleich ein »Sorry… zu viel Alkohol gestern«, hinzu und widmete mich lieber meinem Frühstück. Obwohl mir immer noch übel war, musste ich etwas essen, sonst würde ich die Fahrt an den Strand niemals überleben. Noch dazu würde ich heute Abend Feder im Wind von Mo singen und mir graute schon wirklich davor.
»Okay, du bekommst heute Abend keinen Tropfen Alk«, bestimmte Max und ich konnte ihm nur beipflichten.
»Ich rühre kein Glas an«, versprach ich.
»Ich passe auf«, grinste Ilse, drückte über den Tisch meine Hand und ich konnte diese liebe Person nur anlächeln.

Nico kam etwas später in den Saal, sah reichlich müde aus und ich schaffte es nur, ihn ein einziges Mal anzuschauen und senkte sofort wieder den Blick. Sein entschuldigendes Lächeln konnte ich heute bestimmt nicht ertragen.
Aber ich blieb sitzen, bemühte mich, ihn zu ignorieren und mich auf die Gespräche zu konzentrieren. Denn immerhin würden Nico und ich auch heute den ganzen Tag miteinander verbringen. Ich musste doch kurz zu ihm schauen; er saß bei Jan und Mo am Tisch, mied inständig meinen Blick; jedenfalls erschien es mir so. Warum sonst sollte er mich nicht einmal ansehen? Er bereute den Kuss, das war doch offensichtlich; aber es totzuschweigen, machte die Sache ja nicht besser.

»Lea«, riss Max mich da grinsend aus den Gedanken. »Hast du mir eigentlich zugehört? «
Ich starrte ihn fragend an. »Nein, sorry, ich… war in Gedanken…«
»Ich hab gesagt, dass ich dich liebe und dich heiraten will«, sagte Max todernst und Ilse prustete in ihren Kaffee.
»Blödmann«, kicherte ich und schlug Max freundschaftlich auf den Arm. »Was hast du wirklich gesagt?«
»Ich wollt nur wissen, ob du nachher ein Instrument zum Strand mitnimmst«, lachte Max. »Paddy hat gerade gesagt, dass es länger dauern kann zwischen den Drehs.«
»Und wie soll ich das machen, soll ich vielleicht ein Klavier zum Strand schieben?«, gab ich kichernd zurück und Ilse prustete los vor Lachen.
»Stimmt auch wieder«, grinste Max. »Ich nehme die Gitarre auf jeden Fall mit. Und ich freu mich mega auf den Strand.«
»Genießt es«, meinte Michael Patrick lächelnd. »Es ist solch ein wunderschönes Fleckchen Erde.«

... Und wenn ich's Dir sag?Where stories live. Discover now