Ihr Gesicht war recht hübsch, auf eine ungewöhnliche, merkwürdig kindliche Weise. Die Wangen waren rund und rosa gepudert. Ihre Nase war klein, aber breit, mit einer Spitze die leicht nach oben zeigte. Der Mund war schmal, herzförmig und in ein Lächeln verzogen, das so klebrig-süß war wie Honig. Ich spürte den Hass in meinem Magen. Diese Frau hatte Kailan über Jahre hinweg gequält und war nie dafür zur Rechenschaft gezogen worden. Und der Herr verehrte sie? Immer noch?

Ehe er weiter über seine verstorbene Frau lamentieren konnte, brachte ich mein Anliegen vor. ,,Herr, hat Kailan ihnen schon von Schotiji erzählt? Wie denken sie darüber?"

Fragend hob er die Brauen, eine Geste die Kailan sich von ihm abgeschaut haben musste, so tat er es nämlich auch immer. ,,Kailan hat mir gar nichts erzählt. Worum geht es?"

Blitzschnell dachte ich nach. ,,Oh es war nichts von Wichtigkeit. Es ging nur um das Essen für Morgen. Schotiji wollte ein ungewöhnliches Gericht kochen und hat Kailan nach seiner Meinung gefragt. Er war sich nicht sicher, was ihr davon hieltet und sagte er wolle euch nachher fragen."

In die Stimme des Herrn war eine Spur Ungeduld geschlichen. ,,Lass Schotiji kochen was sie für richtig hält, ich war bisher immer zufrieden mit ihrem Essen. Sicherlich hat Kailan mich nicht gefragt, da er weiß, dass er mich nicht mit unwichtigen Dingen ablenken soll. Im Übrigen solltest du Kailan ,,den jungen Herrn" nennen."

Ich verbeugte mich und murmelte eine Entschuldigung. Der Herr winkte ab.

,,Ich nehme es dir nicht übel. Kailan ist einfach keine respektherrschende Erscheinung, es ist nur natürlich, dass du von ihm mit seinem Namen denkst."

Ich hob den Kopf und fixierte den Herrn, darauf bedacht die Augen freundlich und offen zu halten, anstatt sie zu verengen.

,,Oh Nein

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,,Oh Nein. Es war mein Fehler. Ihr Sohn ist durchaus respektherrschend." Der Herr lachte und schüttelte den Kopf. ,,Wenn er denn mein Sohn ist. Ich hatte schon immer meine Zweifel. Wenn du seine Mutter gekannt hättest wüsstest du warum." Ich biss wütend die Zähne zusammen, als er fortfuhr schlecht über Kailan zu sprechen. ,,Du musst nicht lügen, er hat einfach keine Autorität, villeicht erlernt er sie noch. Wenn er eines Tages meine Stelle übernehmen will, braucht er ein gewisses Maß an Autorität."

Der ältere Mann nahm den Füllfederhalter wieder in die Hand und fuhr mit dem Schreiben fort. ,,Dennoch ist er mir nützlich. In jeder Hinsicht ist er der perfekte Sohn, oder weiß ihn zumindestens zu spielen. Klug, gelehrig, talentiert, gutaussehend, er kümmert sich um seine Schwester. Was noch könnte ich mir wünschen? Nur mögen tue ich ihn nicht. Ich bin froh wenn ich bald eine passende Frau für ihn finde, dann wird er in ein eigenes Haus ziehen und ich sehe ihn nur noch auf der Arbeit."

Warum erzählte er mir das? Warum sprach er über seinen Sohn, als wäre er ein Pferd das er gekauft hatte damit es ihm nützte?

Der Herr merkte nichts von der sich aufstauenden Wut in meinem Inneren. Er fuhr beiläufig fort über Kailan zu reden. ,,Weiß du, meine Frau, Rondra-" er deutete auf das Gemälde. ,,Sie hat ihn sehr gut erzogen, obgleich er nicht ihr eigenes Kind war. Ich hatte Sorge, dass er die Eigenschaften seiner Schlange von Mutter übernommen hatte, doch wenn dem so war, so hat Rondra sie ihm wieder ausgetrieben. Ein frecher kleiner Junge war er vorher, wollte ständig Aufmerksamkeit, doch sie lehrte ihm Respekt. Ist ein wahrhaftig gutes Elternteil nicht von beinahe göttlichem Wesen?"

Ohne das ich es bemerkt hatte, hatte sich mein ganzer Körper angespannt. Meine Fäuste waren geballt und ich hatte das Bedürfnis den Herrn zu schlagen oder anzuschreien. Er vergötterte die Frau, die Kailan unmenschliches angetan hatte. Wie konnte er es wagen so zu sprechen, als hätte diese Frau Kailan gut erzogen. Sie hatte ihn gequält und der Herr hatte ihm nicht einmal geglaubt, als Kailan den Mut aufgebracht hatte ihm davon zu erzählen. Und nun trauerte er dieser bösen Frau hinterher und sah seinen Sohn bloß als eine Art Schachfigur?

Der Herr bemerkte meine Wut nicht. Versonnen das Porträt anlächelnd, redete er über seine Tochter und wie sehr er hoffte ihr ein ebensolches Elternteil zu sein.

Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und unterbrach ihn, so höflich wie möglich. ,,Herr, der Mond steht bereits hoch am Himmel und ich habe schon viel von eurer Zeit in Anspruch genommen. Ich bin sicher ihr habt Arbeit zu erledigen, von der ich euch nicht länger abhalten möchte." Überrascht nickte der Herr. ,,Nun, sag Schotiji einfach sie soll morgen kochen was sie für passend hält. Gute Nacht."

,,Gute Nacht, Herr." Ich verbeugte mich noch einmal an der Schwelle bevor ich endlich aus dem Gemach hastete. Mein Herz loderte vor Wut. Wut auf die Frau, Wut auf den Herrn. Ich gönnte ihm den Kummer über ihren Tod, der ihm das Herz zereißen musste. Und ihr... ihr gönnte ich ihren Tod.

TialdaWhere stories live. Discover now