Der Feiertag

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Etwa 2 Stunden später hatte ich die Herrin geweckt, fertig gemacht und geleitete sie zum Frühstückstisch. Der Herr saß bereits dort und Kailan ebenfalls, er zwinkerte mir kurz zu, als ich eintritt.

,,Rondra, mein Liebling!" Der Herr erhob sich und breitete die Arme aus. ,,Hast du gut geschlafen? Schau, ich habe dir gestern noch Haarklammern aus der Stadt mitgebracht." Er holte einen Beutel aus seinem Gewand hervor und legte Rondra einige Haarklammern in die kleine Hand.

,,Danke sehr, Vater. Doch ich habe bereits so viele."

,,Meinst du, mein Herz? Deine Mutter sagte stets man könnte nie genug haben." Täuschte ich mich oder wurden seine Augen feucht? Rondra nickte, ihre Stimme war fest. ,,Ja. Ich entsinne mich. Doch mein Zopf liegt mir bereits so schwer auf dem Rücken. Was ist mit Tialda? Sie trägt gar keinen Schmuck. Nur manchmal, wenn wir im Garten sind, steckt sie sich Blumen in die Haare."

Errötend senkte ich den Kopf.

,,Du möchtest ihr die Spangen geben? Ach was ist mein kleines Mädchen großzügig! Deine Mutter war genauso." Der Herr strich seiner Tochter liebevoll über den Kopf.

Kailan schlenderte zu uns herüber und besah sich ebenfalls die Spangen. Er hob eine auf die mit dunkelgrünen Steinen besetzt war. ,,Tialda, diese hier würde sehr gut zu deinen Augen passen. Darf ich?"

Er stellte sich hinter mich und befestigte mir die Spange im Zopf. Seine Finger streiften leicht mein Schulterblatt.

Rondra drängelte sich an ihm vorbei und steckte mir eine weitere ins Haar, die mit Perlen besetzt war. Schwach protestierte ich, dass ich solch wertvolle Geschenke nicht annehmen könnte, doch Rondra schüttelte nur energisch den Kopf. ,,Sicher kannst du!"

Während die Familie aß, hörte ich wie sie darüber sprachen, was sie an diesem freien Tag unternehmen wollten. Als wäre das ihr Stichwort, bewegte sich Schotiji respektvoll zum Tisch, verbeugte sich vor dem Herrn und brachte ihr Anliegen vor. Sie wollte heute auf den Markt gehen und neue Lebensmittel einkaufen. Der Herr sah beiläufig auf ,,Sicher. Die Läden haben wegen des Feiertags zwar zu, doch die Stände auf dem Marktplatz verkaufen. Komm nachher zu mir, dann gebe ich dir etwas Geld."

Schotiji entfernte sich und als sie sich wieder neben mich stellte, sah ich wie sie einen Moment lang, in einem Ausdruck des Triumphes die Lippen zusammenkniff. Schaudernd wandte ich mich ab.

Der Herr verkündete, dass er mit Rondra in die Stadt gehen wollte, jetzt wo er endlich einmal die Zeit hatte. Rondra freute sich. Obwohl Kailan nicht gefragt worden war, ob er sie in die Stadt begleiten würde, sagte er seinem Vater, dass er vorhabe im Haus zu bleiben und noch etwas zu arbeiten. Der Herr lobte seine Arbeitsmoral, schien aber an diesem Tag nicht weiter über die Arbeit nachzudenken zu wollen, so schnell wandte er sich wieder seiner Tochter zu. Kein Wunder, dachte ich mir. Schließlich arbeiteten sie daran den Mörder seiner Frau zu fangen. Wen konnte das glücklich stimmen? Ob Kailan ihm schon von unseren Überlegungen erzählt hatte?

Ich half Schotiji in der Küche abzuwaschen und kurze Zeit später brach sie auf, um sich das Geld zu holen und zum Markt zu gehen. Ich war sehr froh, dass sie mich alleine ließ. Nach der Entdeckung vor ein paar Stunden empfand ich ihre Gegenwart als äußerst beklemmend.

Nachdem sich auch der Herr und Rondra auf den Weg gemacht hatten, holte Kailan mich aus der Küche und führte mich in sein Gemach. Aufgeregt sah er mich mit blitzenden Augen an und rollte das Papyrus von gestern wieder auf.

,,Wir haben jetzt sicher ein paar Stunden Zeit, um in Ruhe weiter zu überlegen. Hast du schon mit Schotiji gesprochen?" Ich schüttelte den Kopf. ,,Ich hatte noch keine Gelegenheit." Er nickte kurz und sah dann wieder auf das Geschriebene vor ihm. ,,Wenn wir erstmal davon ausgehen, dass es Schotiji war, so könnte ich mir gut vorstellen, dass sie nicht alleine gearbeitet hat. Ail niederzuschlagen erfordert körperliche Kraft und dazu kommt, dass die Frau starb weil sie erwürgt worden war. Ich habe die roten Abdrücke von Fingern an ihrem Hals mit eigenen Augen gesehen, als die Mitarbeiter meines Vaters sich der Leiche besahen."

TialdaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt