Der erste Abend

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Iness zupfte mir schnell das Gewand zurecht und legte mir den geflochtenen Zopf grade auf den Rücken. Sie zeigte ihre Zähne. ,,Sehr hübsch. Jetzt geh und suche dir einen Tisch wo noch keine der Frauen ist."

Ich schaffte es nur schnell noch Syltje einen verzweifelten Blick zuzuwerfen bevor ich langsam durch den Raum ging und nach einer passenden Gruppe Männer Ausschau hielt. Mir fiel nicht ein was ich ansonsten tuen könnte. Der geflieste Boden fühlte sich kalt an, unter meinen nackten Füßen. Ich suchte mit den Augen nach einer Fluchtmöglichkeit, aber die Eingangstür, die ich schon von heute Vormittag kannte, war geschlossen und wurde von einem bulligen Mann bewacht. Wie viele Leute arbeiteten bloß hier? Dieser Türsteher, Iness, der Käufer, die Frau von vorhin...

Immernoch angestrengt überlegend steuerte ich auf einen Tisch in der Nähe der Tür zu, so konnte ich sie genau betrachten und villeicht fiel mir etwas auf was nützlich werden könnte. Außerdem saß an diesem Tisch noch keine der anderen Frauen und villeicht würden die Blicke der Männer, die ich auf meiner Haut spürte, weniger werden sobald ich irgendwo saß.

Zwei der vier Sitzenden stupsten sich grinsend an, als sie bemerkten das ich auf ihren Tisch zusteuerte.

,,Hallo, Kleine." Rief Einer und klopfte auf seinen Schoß. Beinahe hätte ich angewiedert das Gesicht verzogen, stattdessen ließ ich mich ohne ein Wort zu sagen auf einem der leeren Stühle nieder. Die Männer raunten. Sie waren alle unterschiedlich alt, der Älteste schien um die fünfundzwanzig, der Jüngste etwa so alt wie ich. Ich spürte immer noch die Blicke der anderen Männer an meinem Rücken und Hinterkopf. War ihnen aufgefallen das ich neu war? Sahen sie mich als eine Art Frischfleisch?

,,Ohoooo eine kleine Diva." Machte der Mann, der auf seinen Oberschenkel geklopft hatte. Er hatte ein schmales Gesicht und eine gekrümmte Nase.

Bis auf einen lachte der Rest der Gruppe. Ich rang mir eine Art Lächeln ab und betrachtete die Tür über seinen Kopf hinweg. Solides Holz.

,,Vermutlich ist sie von edlem Blut, nicht wahr, Prinzessin?" Machte der Mann weiter. Die Anderen lachten grölend, nur der eine blieb weiterhin still. Ich legte den Kopf schief, vermutlich wurde erwartet das ich etwas sagte. Was sollte ich bloß erwidern?

,,Och warum ist sie denn so still? Du bist doch nicht etwa stumm, Prinzessin?" Der Mann beugte sich zu mir und ich wich instinktiv zurück.

,,Nein. Ich bin nicht stumm." Sagte ich leise aber bestimmt. Die drei Männer fingen wieder an zu lachen. Ich verstand nicht was an der Aussage sie so erheiterte. Unbehaglich umklammerte ich die Tischkante.

,,Du hast es gehört, Derlonius. Sie ist nicht stumm, vermutlich hat sie einfach keine Lust sich mit dir zu unterhalten." Sofort wurde es still.

Ich folgte den Blicken der Männer zu dem der das Gesprochene gesagt hatte. Es handelte sich um den Jungen in meinem Alter. Er saß mir schräg gegenüber, sein Gesicht lag im Dunkeln. War er auch derjenige gewesen der nicht gelacht hatte? Ich hatte nicht auf ihn geachtet.

Die zwei restlichen Männer fingen an unbehaglich zu lachen und ich fiel mit ein, obwohl mein Lachen genauso falsch klang wie es sich anfühlte.

Dann hob der eine seinen Tonkrug. ,,Kommt. Kommt. Hoch mit den Bechern! Wir wollen doch einen schönen Abend haben oder nicht?!"

Verwirrt betrachtete ich wie meine Tischgenossen mit ihrem Wein anstießen und ihn herunterschütteten. Was war bloß die Beziehung dieser vier? Ich hätte fast gedacht Freunde, aber die Anspannung in der Luft war greifbar. Arbeiteten sie zusammen? Villeicht waren sie Soldaten?

,,Wir müssen unserer hübschen Gesellschaft auch Wein besorgen." Grölte der Älteste und langte vor um meine Schulter zu berühren. Seine Bewegungen waren schon ein wenig unbeholfen, das war sicher nicht sein erstes Getränk heute Abend. Die Anderen stimmten zu und ließen mir einen Becher Wein kommen.

TialdaWhere stories live. Discover now