Der wahre Betrüger ist ... *Trommelwirbel* ?!?!?!

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Ich schaute zu Raphael. 

Dann zu Lili.

Und dann wieder zu Raphael.

"Das kannst du einfach nicht machen!" rief ich, doch der sausende Wind schien mit Absicht meine Stimme fortzutragen. 

Ich weiß, ich weiß. Malana, lass ihn doch einfach sterben! Der ist sowieso nur so ein bekloppter Blödmann der einfach alle betrügt!, sagt ihr jetzt vielleicht. Aber, naja, die Autorin wollte eben nicht, das Raphael stirbt . . . ich meinte ich will das irgendwie auch nicht. Weil Ben dabei war, und wie gesagt, ich war nicht diejenige die mit vier Jahren auf Horrorfilme und Drama stand. Ben anscheinend auch nicht. Er versteckte sich hinter Yara, die ihm die Augen zuhielt, weil sie dachte, das Lili Raphael gleich umbringen würde.

Aber dazu kam es nicht.

Ich tat nämlich das nächstbeste, was ein dummer Mensch oder halt eine dumme Hexe machen konnte.

Ich stieß sie von Luzifer herunter.

Tja. Ihr wisst, was passiert, wenn eine Person, die fliegen kann vom Himmel fliegt?

Genau.

Lili glitt, statt durch die Bäume zu krachen, elegant neben Luzifer, und vollführte sogar ein Salto...

Ich schaute mich hektisch um. Gab es nicht irgendetwas, womit ich Lili abwehren konnte?

Plötzlich hallte eine Stimme in meinem Kopf wieder.

Du wärst nicht besser als die Menschen, Malana.

Es war F.I.N.D., die lästige Fee. 

Was machst du überhaupt noch in meinem Kopf? Ach ja, Plan SUPER hat echt gut geklappt! Weißt du eigentlich, was das für ein Plan war? Gar keiner!

Ich weiß, das es unfair ist, alles auf F.I.N.D zu schieben, aber kennt ihr diese Momente, wo man einfach nur einen Sündenbock braucht? Wie als Zeus Apollo bestrafte? Als Tony Spidey den Anzug wegnahm? 

Jetzt bist du auch nicht viel besser als die Menschen. 

Ich schüttelte den Kopf, um F.I.N.D loszuwerden.

Na schön. Du wolltest es nicht anders!

Uups. Das war diese Tja-du-hättest-den-leichteren-Weg-nehmen-können-aber-jetzt-bin--ich-angepisst-Stimme. Und das bedeutete meistens nichts gutes.

Plötzlich schwankte Luzifer, und krachte durch die Bäume - mitten in einen glasklaren See. Der See war wirklich Glasklar, er schien fast zu leuchten.

Ich blickte panisch zu Yara. Während der letzten Tage hatte ich in meinem Kopf einen Plan W gebildet: W für Wenn du in eine gefährliche Situation gerätst, verlasse dich auf Yara.

Yaras goldgelbe Augen weiteten sich, und sie sah das Wasser feindselig an. War Wasser im Ort der Verdammnis etwa gefährlich? Oder konnte sie nicht schwimmen (was aber eher unwahrscheinlich war, weil sie sonst nicht im Ort der Verdammnis überleben könnte, wo sich die Landschaft alle zwölf Minuten wechselte.

Wir tauchten in das Wasser, und das letzte was ich sah, war eine Feder, die auf die Wasseroberfläche fiel.

Das Wasser kräuselte sich.

Okay, tut mir leid.

Das war quatsch.

Ihr habt wahrscheinlich so einen traurigen Moment erwartet, wo hohe, melancholische Stimmen erklingen und im Hintergrund das leise tropfen aus einem Wasserhahn spielt, stimmts?

Aber es war eher so:

"AHHHHHHHHHHHHHHHHHH!!!"
"UÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!"
"AAAAAARRRRGGGGGGGGHHHHHHHHHSSSSSS!!!!"
"MMMMAAAAAAAAAAAAAAAAAAMMMMMMIIIIIIIIIIIIIIIII!!!!"

Letzteres musste Raphael gewesen sein.

Ich hielt die Luft an, und versuchte verzweifelt an die Wasseroberfläche zu kommen.

Plötzlich packte mich jemand an der Hüfte, und ich wurde mit einem Gewaltigen Ruck nach oben gezogen. Ich sah noch, wie Lili zwei weitere Gestalten aus dem See zog, bevor sie mit schweren Schwingen im Wald verschwand.

Luzifer schnaubte entschuldigend, und Fal versteckte sich hinter mir. Zum Glück konnte ich mich wenigstens auf Luzifer und Fal verlassen, das sie mich nicht betrogen.

Raphael spuckte Wasser in den See. Igitt. Wieso musste er die schöne Natur versauen? 

"Wo is Yara?" Ich starrte Raphael feindselig an. Er war derjenige, der sie im Stick gelassen hatte, und Menschen verspürten anscheinend keinerlei Schuldgefühle, sonst hätte er wenigstens irgendetwas unternommen.

"Yara . . . ist eine Betrügerin." Er sprach das Wort Betrügerin so aus, als ob er noch nie jemanden betrogen hätte. Von wegen.

"Ach, und wieso das denn, Herr Schlaumeier?"

Er nahm Ben auf den Arm, und wandte sich zum gehen.

"Echt jetzt? Willst du ernsthaft weglaufen?"

Er holte einen Gegenstand aus der Tasche. Der Gegenstand, mit dem alles angefangen hatte.

Der Spiegel.

Der Spiegel, mit dem Wir alle schneller von diesem Ort weggekommen wären, wenn Raphael nur etwas gesagt hätte. Der Spiegel, der Yara gerettet hätte. 

Ich starrte ihn fassungslos an.

Raphael war ein Betrüger, das war mir schon klar. Er war fies, hinterhältig, listig. Aber Herzlos?

Doch statt sich wegzuteleportieren, zerbrach er den Spiegel in zwei Stücke, und warf ihn in den See.

"Das war unsere einzige Chance, aus diesem verdammten Ort wegzukommen - und du zerstörst diese Chance?" Meine Stimme war ungewöhnlich leise. Und viel bedrohlicher, als wenn ich ihn angeschrien hätte.

In dem Moment veränderte sich die Gegend wieder. Eine Brücke spannte sich über einer Schlucht - und die Brücke zerfiel allmählich. Die Schlucht musste die selbe wie vorhin sein, denn unter uns hörte ich das flattern vieler Flügel, und ein kreischen, das nur von einer Person stammen konnte - Lili.

Auf der anderen Seite der Brücke stand Raphael.

"Tut mir leid, Malana. Aber das muss jetzt sein." rief er zu mir hinüber.

Raphael holte etwas aus seiner Tasche, das schwarz und golden glänzte, doch aus dieser Entfernung konnte ich nicht sehen, was es war. Raphael ließ das Ding fallen.

Die Augen der Vogelmenschen richteten sich nur auf das Gold-Schwarze Ding, was mit rasender Geschwindigkeit die Schlucht hinunter sauste - und reglos am Sandigen Boden liegen blieb.

Eine Sekunde war es Still.

Wind wehte auf, und jemand verfestigte sich genau in der Mitte der Brücke. Die Grauen Farben erklärten jetzt schon, wer es war.

"DAS GRAUE BARON IST HIER!"verkündete sie Gestalt.

Ich schüttelte den Kopf. Das konnte nicht sein. Das durfte einfach nicht sein. Jegliche Witze, Ironie und Sarkasmus wurden aus meinem Kopf herausgefegt. Zum ersten mal in meinem Leben hatte ich keine Ahnung, was ich erwidern sollte.

Der graue Baron - Raphaels Vater - richtete sich auf, und stieß einen schrillen Pfiff aus, wie um etwas - oder jemanden zu rufen.

Luzifer richtete sich zu seiner vollen Größe auf.

Die Vogelmenschen griffen an.

So Lar Njandou, So Le Dahrs.

Malana - die Reise beginntWhere stories live. Discover now