Willkommen im Ort der Verdammnis

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Als ich wieder festen Boden unter mir spürte, ließ ich Raphaels Kragen los. Uääh, der Typ schwitzte wie ein Eber!

Während ich mir die Hand am Sweatshirt abwischte, schaute sich Raphael panisch um.

"Was?" fragte ich ihn. Litt der unter verfolgungswahn oder so? Ich machte ein paar Schritte Rückwärts...

"Ey, pass auf!" Raphael packte mich am arm, und zog mich wieder zürück. 

Als ich nach hinten schaute, war dort eine Klippe, die ins nichts zu führen schien. Mein Herz machte einen Sprung. Wäre ich noch einen Schritt weiter gegangen, wäre ich jetzt längst tot.

"Ähm, Danke. Und sprech mich nicht mit 'Ey' an"
Vielleicht hätte ich ein wenig mehr dankbarkeit zeigen sollen, aber jetzt hatte ich wichtigeres zu tun. Zum beispiel, nachzudenken.

"Wo sind wir eigentlich? Kennst du diesen Ort?" fragte ich ihn.

"Ja - und Nein"

"Hä? Manche Manschen kapier ich echt nicht."

"Dieser Ort verändert sich alle zwölf Stunden. Es könnte sich also auf einmal in ein Meer verwandeln. Wenn mein Bruder hier verloren gegangen ist, haben wir ein verdammt großes Problem."

"Und woher kennst du bitte diesen Magischen Ort? Warst du schon einmal hier? Dann weißt sicher auch, wie man hier rauskommt?" Ich versuchte, die Panik in meiner Stimme zu verbergen, was mir wahrscheinlich nicht sonderlich gut gelang.

"Du kennst dich hier mit Magie aus. Wieso fragst du mich eigentlich?"

Wieso dachte er immernoch, das ich alles konnte, nur weil ich eine Hexe war?

"Ich kenne mich eben nicht mit dieser Art von Magie aus! Wie bist du denn hier rausgekommen?"

"Hier waren Riesen, die Mich und Ben entführen wollten. Wir sind durch das Zelt der Riesen irgendwie wieder weggekommen..."

"Der Esel nennt sich immer zuerst." murmelte ich. "Also müssen wir deinen Bruder aufpicken, das Zelt finden und wieder in die normale Welt zürück kommen. Kann doch nicht so schwer sein."

Das einzige Problem war, das es eben doch schwer war.

Der Boden war einfach nur trockene Erde, die Landschaft war gleich, wo immer man auch hinguckte.

"Okay. An diesem Ort scheinen wir ja nicht weit zu kommen, wann wechselt dieser Ort den Ort?" fragte ich. Oh. Mein eigener Satz war total unlogisch. Aber Raphael schien wohl doch zu kapieren.

"Die Zeit tickt hier anders." Er holte sein Handy aus der Tasche, konnte seinen Bildschirm aber anscheinend nicht entsperren. Und ich hatte mein Handy Zuhause vergessen. Wie dumm von mir.

"Also müssen wir wohl so lange hier warten, bis sich die Gegend verändert. Die Zeit hier könnte viel zu langsam vergehen. Vielleicht sind wir bis dahin längst verhungert." seufzte Raphael. Was für ein Pessimist.

Aber so lange brauchten wir gar nicht warten. es dauerte nämlich ungefähr bloß zehn Sekunden, bis Sand aufwirbelte - und wir mitten in einer Wüste steckten.

"Du meintest, alle zwölf Stundenwechselt dieser Ort die Gegend, nicht? Wenn hier aber die Zeit anders, beziehungsweise schneller vergeht, hätten wir vielleicht ein Chance!" Ich spuckte einen klumpen Sand aus.

"Das wäre dann doch schlecht. dann könnten wir ja Stunden lang im Kreis laufen, und nicht wissen, wo wir sind!"

Ich verdrehte die Augen. Immer das gute in allem sehen, das war mein Motto.

"Häkelst du?" fragte ich ihn.

"W...woher weißt du das?" stotterte Raphael.

"Also häkelst du."

"W...wie...?"

"Hast du Schnur?" fragte ich ihn, und musste mir ein feixen verkneifen. Ich hatte gar nicht gewusst, das Raphael häkelte, das war bloß eine einfache Frage gewesen. Es war irgendwie witzig mit anzusehen, das er glaubte, alles was ich wusste, sei Hexenmagie.

Raphael holte aus seinem Rucksackeine rosa Fadenschnur, und reichte sie mir. Dabei beachtet bitte, das ich rosa hasse. also war es schon ziemlich mutig von mir, die Schnur anzufassen, ohne zu kotzen.

Ich grub ein Loch in den Sand, und vergrub das Ende der Schnur darin, so gut es ging.

"Jetzt müssen wir nur noch warten, bis sich die Gegend erneut veräääääähhhhhhhhhhhh!!!"

Raphaels Satz ging in einem langen Schrei unter. Ich schüttelte mich. Wir standen bis zu den Knien im Matsch, besser gesagt in einem Sumpf. Der braune Matsch zog uns immer weiter Flussabwärts,, und das Ufer schien so weit weg, fast unerreichbar.

Raphael und ich schauten uns panisch an. Wenn wir hier im Sumpf waten mussten, würde das ewig dauern, Raphaels Bruder zu finden.

"Gehen wir einfach..." grummelte Raphael, und rutschte Flussabwärts. Wieso eigentlich Flussabwärts? Ich habe keine Ahnung. Vielleicht vermutete Raohael seinen kleinen Bruder in die Richtung.

Ich wusste nicht, ob das Ende der Schnur immer noch irgendwo im Matsch steckte, trotzdem rollte ich die Schunr immer weiter auf, und wartete auf den nächsten Ortwechsel. Der schien leider nicht allzu früh kommen zu wollen, vielleicht wollte das Universum mir wieder einen Streich spielen ... das Gefühl hatte ich nämlich ziemlich oft.

Es war Raphael, der mich auf den Papierfetzen aufmerksam machte. Naja, wer denn sonst? Hier war ja niemand anderes.

"Hey, Malana. Schau dir mal das an!" Raphael hielt ein Papierfetzen in der Hand.

Das einzige Problem war, das ich das Papier nicht sehen konnte, weil Raphael sich das Teil so nah an sein Gesicht hob.

"Sag mal, bist du eigentlich blind oder willst du deine Nase damit schnäutzen?" fragte ich ihn, und schnappte mir das Papier. Die verschnörkelte Schrift war hypnotisierend.

"ihr wärded aus diesm örtschen nix meer rauskommn sons müsstät ia an uns forbai und das könt ia nix sea schade vür eusch da vir eusch gerne kännenleäanen wüaden hahaha dan müsted ihr aba dafor schterben wail ia hia nix mea rauskomd schadä füa eusch aba fals ia übalebn wold müschtet ia an uns fobei und das könded ia nix es sai den ia brigd unsch diamanden ganz fiel diamanden und gold ganz fiel gold nähmlich wir wolen habn."

Wirklich, ich habe das so ausgesprochen, weil es da stand. Wer immer das auch geschrieben hatte, war nie zur Schule gegangen. Die rechtschreibung war wirklich kacke.

"Wer nämlich mit h schreibt ist dämlich..." murmelte ich, und stopfte das Papier in meine Jeanstasche.

Raphael schüttelte in Gedanken versunken den Kopf.

"Letztes mal, als Ben und Ich hier waren, mussten wir diesen Leuten eine Hand voll Gold geben. Aber jetzt müssen wir denen Gold und Diamanten, und zwar ganzviel geben? Die werden wohl immer gieriger"

"Hä? Wer ist das denn?"

Diese Frage brauchte Raphael gar nicht zu beantworten.

Eine Riesenhafte Gestalt ragte über uns auf.

Der Gestank fegte über die ganze Gegend hinweg.

Und in der Stimme konnte man sehr viel Mordlust hören.

"Willkommen, Willkommen im Ort der Verdammnis!"






Malana - die Reise beginntWhere stories live. Discover now