Kapitel 2 - Wakatoshi Ushijima

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*zwei Jahre später*

6. April 2012

Es war ein Freitag. Die erste Woche des dritten Jahres hatte der rothaarige hinter sich gebracht. In den letzten zwei Jahren war so viel passiert, was er nie erwartet hätte. Er hatte es geschafft Freunde zu finden, echte Freunde, zumindest sah er sie als solche, auch wenn sie ihn trotzdem manchmal komisch ansahen oder nicht wussten, wie sie mit seinen Emotionen umgehen sollten. Es war über die zwei Jahre normal geworden, dass er immer sehr aufgedreht und fröhlich war, und es fühlte sich für ihn so an, als ob er endlich er selbst sein konnte. Seine Mauer hatte er aber trotzdem noch um sich. Und das hatte ihn wahrscheinlich diesen Sommer gerettet. Mit seinen Eltern war er ja noch nie sonderlich gut ausgekommen, aber vor nur drei Wochen hatten sie ihm gesagt, dass sie sein Verhalten nicht angemessen finden würden. Als er dann gefragt hätte, was sie meinen würden und er sich normal verhalten würde, hatte seine Mutter ihn angeschrienen und ihm gesagt, dass er sich nach den Ferien ja nicht mehr blicken lassen soll. Noch war er 17 und somit Minderjährig, aber mit seinem 18. Geburtstag in knapp ein ein halb Monaten  wäre er Volljährig. Dann könnten seine Eltern ihn vor die Tür setzen, was sie mehr oder weniger schon gemacht hatten.

Er streckte sich, als er den Gang in Richtung der Schuhschränke entlang ging, um seine Schuhe zu wechseln und sich auf den Weg zur Turnhalle zu machen. Dort traf er auf seinen besten Freund Ushijima, mit dem er sich im ersten Jahr ein Zimmer geteilt hatte. Leider wurden die Zimmer jedes Jahr neu verteilt, weswegen er das letzte und auch dieses Jahr nicht im selben Zimmer wie er wohnte. Ushijima war der einzige, mit dem der rothaarige über bestimmte Dinge redete. Der Kapitän der Volleyballmannschaft war nämlich ziemlich Verschlossen und zeigte selten seine Emotionen, wenn überhaupt auch nur sehr schwach, aber er war ein Meister darin, Geheimnisse zu bewahren. "Ushijima!", begrüßte der rothaarige seinen Freund fröhlich, dieser gab den Gruß mit einem nicken zurück. Das er nicht mit Worten Antwortete machte ihm nichts aus. Er hörte ihm zumindest zu und ließ ihn seine Energie auslassen. Viele andere unterbrachen ihn beim Reden, da für sie das zuhören zu anstrengend wurde. So schnell es ging wechselte er seine Schuhe, da er seinen Freund nicht zu lange auf ihn warten lassen wollte. Nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, sprang er fröhlich in Richtung Turnhalle. Sein Kumpel neben ihm. "Weißt du Wakatoshi, ich finde es krass, dass wir jetzt schon in unserem letzten Jahr sind!", sagte er in einer fröhlichen Tonlage, während er mit dem Kopf hin und her wippte. "Ich habe noch keine Ahnung, was ich nach dem Jahr machen soll, meinst du ich sollte mich darum langsam mal kümmern? Du wirst ja wahrscheinlich eh professionell Volleyball spielen, aber ob das was für mich ist?" Mit abschließen des Satzes hatte sein Kopf aufgehört von links nach rechts zu wippen und er starrte vor sich in den Himmel.

Der breit gebaute Kapitän neben ihm lies ein seufzen von sich hören, "Selbst wenn ich dir sagen würde, du solltest dich darum kümmern, würdest du es nicht tun und dein Leben so weiterführen wie du es gerade tust Satori." mit großen Augen drehte der angesprochene seinen Kopf um den wenige Zentimeter größeren anzuschauen. "Da hast du wahrscheinlich recht!", lachte der Junge daraufhin laut los. In ihrem ersten Schuljahr hatte er oft versucht, den pflichtbewussten Schüler dazu zu bringen seine Aufgaben beiseite zu schieben und etwas Spaß zu haben, meistens jedoch ohne Erfolg. Daraus hatte sein ehemaliger Mitbewohner sich dann den Schluss gezogen, dass Satori sein Leben in den Tag hinein leben würde und sich nicht groß um Aufgaben und Planungen kümmern würde. In gewisser Weise hatte er damit ja auch recht. An der Turnhalle angekommen machten sie sich direkt auf den Weg zur Umkleidekabine, wobei sie, wie sonst auch immer, die ersten waren. Kurz nach ihnen kamen jedoch die anderen Spieler nach und nach in die Kabine. Keiner von ihnen wollte zu spät kommen, da ihr Trainer Washiro ihnen sonst als gesamte Mannschaft einen Haufen Strafrunden oder Aufschläge aufhalsen würde. Kollektivstrafen. Der rothaarige hielt zwar wenig davon, nahm es aber hin.

Als alle sich umgezogen hatten betraten sie als gesammelte Mannschaft die Halle, in der das Netz bereits aufgebaut war. Nur den Ballwagen musste noch einer von ihnen holen, was dieses mal der Erstklässler Goshiki übernahm. Irgendetwas an dem von sich selbst überzeugten, aufgedrehten Junge mochte der rothaarige, auch wenn der jüngere manchmal echt nervig sein konnte. Nachdem alles vorbereitet wurde, fingen sie an zu trainieren. Laufen, dehnen, einspielen und zum Schluss ein Trainingsspiel. Dieser Ablauf war dem Schüler bereits in sein Blut übergegangen. Wie sollte er in einem Jahr einfach aufhören? Nicht mehr mit der Mannschaft laufen gehen, keine Übungen bei denen er lustige Kommentare los werden kann. Keine Trainingsspiele um seine überflüssige Energie loszuwerden und Frust abzubauen. Was sollte er dann tun?

Als gesammelte Mannschaft machten sie sich nach dem Abbauen auf den Weg zur Umkleidekabine. Beim Duschen könnte man die Jungs zanken hören, ein paar Kommentare warf auch der rothaarige ein, besonders auf Goshikis Kosten, was den Jungen sichtlich aufregte. Aber gerade das war doch das lustige, oder? Wenig später gingen diejenigen des Volleyballclubs, die in den Dorms wohnten auch schon gemeinsam dort hin. Satori wusste, dass sein Zimmernachbar wahrscheinlich schon dort war, und das freute ihn nicht gerade. Dieses Jahr hatte er nämlich das Pech sich sein Zimmer mit einem der Jungen zu teilen, die ihn früher, und auch jetzt noch, auf dem Kieker hatten. Von seinen Freunden wusste niemand davon etwas. Mit einem strahlenden Lächeln verabschiedete er sich von seinen Begleitern um dann mit einem angestrengten Gesichtsausdruck sein Zimmer zu betreten. Raum 343.

Kaum hatte er die Tür geschlossen kamen schon die ersten Kommentare auf ihn zu. "Da ist er ja, der Clown. Hatte gehofft du würdest heute vielleicht nicht wieder kommen." Mittlerweile hatte Tendou seine Schultasche abgestellt und seinen Schrank geöffnet, um an Klamotten zu kommen. "Weißt du, ohne dich wäre diese Welt ein besserer Ort du Monster. Ich glaube lange werde ich es in diesem Raum nicht aushalten. Sollte ich auf dem Flur schlafen? Wobei, wenn schicke ich wohl eher dich raus!" Der Junge begann zu lachen, der rothaarige bekam dies jedoch kaum noch mit. Aus irgendeinem Grund hatten seine Augen angefangen zu Tränen. Wann hatte er das letzte Mal geweint? Er warf einen Blick in den Spiegel, dort sah er sich. Aber nicht, wie in den letzten beiden Jahren einen fröhlichen Jungen, der von der Außenwelt nichts mitzubringen scheint, nein. Er sah einen Gebrochenen Jungen. Einen Jungen, der die Last auf seinen nicht länger aushielt.

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It bagan to rain || UshiTenWhere stories live. Discover now