Chapter Four

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Plötzlich fiel sein Blick auf mich und ertappt drehte ich mich weg.

Er sah verdammt gut aus und ich wurde das Gefühl nicht los, ihn schon einmal gesehen zu haben. Sein markantes Kinn und seine braunen Haare, die mit etwas Gel gerichtet wurden. Ich seufzte. Jetzt bildete ich mir auch schon ein, Menschen zu kennen.

Die Stunde verging schleppend und ich war froh, als mich das Läuten der Klingel erlöste. Langsam packte ich meine Sachen zusammen und bemerkte, wie Lisa geduldig neben mir stehen blieb, bis ich alles beisammen hatte. Innerlich lächelte ich. Vielleicht hatte ich mit ihr Glück gehabt.

Als wir den Raum verließen, folgte ich ihr schweigend, bis sie mich von der Seite musterte. „Du bist also die neue Lola..." Sie schürzte ihre Lippe und sah wieder nach vorn. Gab etwa eine alte Lola?

Ich nickte.

„Du sprichst nicht viel, hm?"

Ich sah sie kurz an.
„Nein, im Moment nicht." Ihr Blick war keineswegs abfällig oder ignorant. Eine Neugier und Freude blitzten in ihren Augen auf.

„Lass dir Zeit. Das muss alles ziemlich neu für dich sein. Woher kommst du?"

„Miami." Bitte lass sie keine weiteren Fragen stellen.

„Es soll dort wunderschön, aber sehr gefährlich sein." Sie schob mich durch die Gänge und sprach weiter. Sie schien gerne zu reden. „Wenn du möchtest, zeig' und erklär' ich dir alles. Und stell' dich meinen Freunden vor." Sie bog um eine Ecke und lief auf eine offenstehende Tür zu.

„Aber die sind sehr eigen."

In der Cafeteria führte Lisa mich in eine kleine Ecke, in der Nähe der Fenster. Dort saßen bereits einige Leute am Tisch und blickten nun neugierig hoch.

„Hallo." Sie zog das O in die Länge und ließ sich neben ein Mädchen fallen, bevor sie neben sich klopfte. „Das ist Lola." Alle lächelten mich an und ich wusste nicht, ob ich mich unwohl oder geborgen fühlen sollte.

„Hey." Ich winkte schüchtern mit der Hand und setzte mich neben Lisa.

„Okay, wir beginnen die schnelle, ehrliche Namenrunde." Der Reihe nach zeigte Lisa auf die uns gegenübersitzenden Leute.

„Also, das sind Sam-", sie zeigte auf das blonde Mädchen gegenüber von mir und dann neben sich. „-und Milly." Ihr Finger schwang zurück neben Sam, auf drei Jungs.

„Toby, Alex und Peinlich."

Ich hustete und kicherte leicht, als ich in das entsetzte Gesicht eines Jungen, mit dunklen Haaren und Sommersprossen, guckte.

„Danke vielmals Schwesterherz, ich habe dich auch lieb." Er sah mit einem gekünstelten Lächeln zu ihr und wandte sich dann an mich.

„Ich bin Luke. Und lass es keine Fehlentscheidung gewesen sein, dich mit meiner Schwester anzufreunden. Sie ist anstrengend." Sie begannen beide miteinander zu diskutieren, während ich die Hände zwischen meine Beine klemmte und unsicher umher sah.

Mein Blick glitt durch die einzelnen Tischreihen und blieb abermals an dem Jungen von vorhin hängen. Er saß mit einigen Jungs an einem Tisch nahe dem Ausgang und blickte direkt in meine Richtung. Ich fühlte mich unwohl und zugleich wie in einem Hollywoodfilm. Und in gewisser Weise bestätigte Lisa es mir Sekunden später.

„Das ist Kyle. Er ist einer der bösen Jungs." Sie betonte das Wort böse, zog es ins lächerliche und sah mich im nächsten Moment ernst an.

„Diese Schule lebt von Klischees. Eines ist diese Gruppe an Jungs. Sie halten sich abseits von allen anderen Schülern und halten sich für etwas Besseres. Viele sagen, sie seien die typischen Bad Boys, aber in Wahrheit sind sie einfach nur Arschlöcher, die sich gerne und oft prügeln und der Reihe nach, willenlose Mädchen flachlegen."

Die Jungs stellten nun auch ihre Gespräche ein und blickten zu Lisa. Dann blickten wir alle zu Milly, die ihre Brille zurechtschob und heftig nickte.

„Sie sollen sogar regelmäßig Joints rauchen." Sie sagte es so ungläubig, dass ich ein Grinsen und Lachen unterdrücken musste. Ich fand Jungs, die kifften keineswegs attraktiv, aber ich verurteilte es auch nicht. Es interessierte mich nicht, um es gänzlich auszudrücken. Aber ich nickte und wartete auf weitere Kommentare.

„Mach um diese Jungs, besonders Kyle, einen großen Bogen."

„Okay...", antwortete ich unsicher und blickte noch einmal zu Kyle. Er hatte sich abgewandt und unterhielt sich mit einen der anderen.

„Nun gut, das Klischee aufrechthaltend, haben wir noch eine große Gruppe an Strebern, wirklich, die sind einfach der Wahnsinn, Sportler, die ganz Normalen und Unsichtbaren und die wirklich schrecklichste Gruppe-"

„Jetzt geht das wieder los", murmelte Luke und schüttelte den Kopf. Lisa legte ihre Hände auf meine Schultern und riss die Augen theatralisch auf.

„- ist die Watschelgang von Honey." Watschelgang? Honey?

Stirnrunzelnd sah ich Lisa an und dann die restlichen am Tisch, die allesamt den Kopf schüttelten.

„Sie zählen zu der Kategorie schlampig, aber das spricht man bekanntlich nicht laut aus. Deshalb nenne ich Honey, die Anführerin-", wieder ein ironisches Wort,
„Enten-Mama. Sie watschelt immer voraus und hinter ihr her watscheln immer ihre zwei Freundinnen. Sie sind wirklich das Grauen. Sie schmeißen sich an jeden Typen ran, der nicht bei Drei auf den Bäumen hockt. Selbst meinen Bruder haben sie schon einmal angeschmachtet!" Es war kein Urteil, sondern ein Ekel, der aus Lisa sprach und leicht grinsend wandte ich mich an Luke. Seine Sommersprossen waren niedlich. „Ich hab's drauf", nuschelte dieser und lehnte sich grinsend zurück. „Und ich bin wirklich kein Mensch, der andere verurteilt. Aber ich kann einfach nicht verstehen, wie man jemanden den Freund ausspannt. Oder den Versuch wagt. Das ist hinterlistig und einfach nur billig." Lisa sah verärgert durch die Mensa, als suche sie jemanden.

Ich blinzelte und hörte nun Milly zu, die für Lisa weitersprach.

„Lisa .. spricht sehr vulgär. Bitte entschuldige das. Sie hat keine guten Erfahrungen mit Honey. Sie hat Lisa ihren Freund ausgespannt." Lisas Blick wurde trauriger und ihre Gesichtszüge fielen. Ich verstand, weshalb sie eine Abneigung gegen Honey hatte.

„Dabei hat sie es nicht im geringsten nötig. Ebenso ihr Make Up. Ohne dieses ist sie bildhübsch." Toby grinste schief und Sam schlug ihn auf dem Hinterkopf. Lisa hingegen seufzte und begann mit Toby eine Diskussion, auf welcher Seite er denn nun stehen würde.

Wo war ich hier gelandet?

„Oh, da kommen sie." Unsanft schlug Lisa mir auf die Schulter und blickte zum Eingang der Cafeteria. Drei Mädchen betraten gerade diese und ein Schauer lief mir buchstäblich den Rücken hinunter. Ihre Ignoranz und Kühnheit spiegelten sich in ihren Blicken wider. Besonders in dem der Vordersten. Das musste wohl Honey sein.

Ich wandte mich ab und blickte in die Runde.

„Ich werde wohl kaum, etwas mit ihr zu tun haben." Und damit war das Gespräch für mich vorbei. Doch Toby ergänzte, „Es sei denn, sie kommt wieder angewatschelt."

Sam erklärte mir daraufhin, dass die beiden Jungs nur deshalb von Honey und ihrer Gefolgschaft - wie sie es nannten - angesprochen wurden, weil sie Sportler waren. Klischeehafte Sportler, die wiederum den Klischees widersprachen. Denn schließlich saßen sie hier und brüsteten sich nicht den ganzen Tag mit ihrem Verdienst auf dem Platz.

Ich hatte das Gefühl, meine Gruppe gefunden zu haben. Ich wollte es nicht, doch ich ließ es bewusst zu. Und zum ersten Mal seit langem verließ an diesem Tag ein Lachen meinen Mund.

Liebes Tagebuch || #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt