Chapter Four

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Nach einem kleinen Stück der Torte, von welcher ich mich fast übergeben musste, verabschiedete ich mich und machte mich auf den Weg zu meiner Schule. Ich lief an der Bushaltestelle vorbei und stöpselte mir meine Kopfhörer in die Ohren. Ich war immer gemeinsam mit Liam gefahren. Seit er sein eigenes Auto besaß, hatte ich keinen Bus mehr von innen gesehen.

Der Geruch seines Aftershaves, das sich mit dem Leder der Sitze vermischt hatte, stieg mir in die Nase. Tränen in die Augen.

Ich straffte meine Schultern und blinzelte sie weg, als ich wenig später auf dem Gelände der High School stand. Sie war größer als meine alte und wirkte genauso steril wie unser Haus, wären nicht sämtliche Schüler und Schülerinnen die Gehwege entlanggelaufen.

Angeregt wurde sich in Gruppen unterhalten, vielleicht tauschten sie sich gegenseitig über ihre Ferien aus. Ich schnalzte bloß mit meiner Zunge und begab mich in das Gebäude. Ohne weiteren Aufwand fand ich das Sekretariat und klopfte an. Ich hatte noch nie verstanden, wieso Protagonisten von Büchern und Filmen es nie bis zum Sekretariat schafften, ohne jemand anzurempeln oder verzweifelt nach dem Weg zu fragen. Es hingen in sämtlichen Schulen immer Beschilderungen. Ich trat ohne auf eine Antwort zu warten, ein und verlor mich etwas in meinen Gedanken.

„Sie müssen Miss Cane sein?" Aus den Gedanken gerissen, schaute ich zu der etwas älteren Frau und nickte schüchtern. „Ja."

Sie überreichte mir meinen Stundenplan, den ich jedoch schon per Mail zugesandt bekommen hatte und meine Spindnummer, sowie den Pin. Ich bedankte mich und lief durch die Gänge, war auf der Suche nach meiner Nummer. Dabei spürte ich die Blicke anderer Schüler auf mir. Ich wollte einfach wieder nach Hause. Nach Miami.

Erleichtert erreichte ich den Spind und schaute mir die Bücher an, die in diesem lagen. Ich schnappte mir das Englischbuch und ließ die Tür des Spindes zuknallen.

Das Gefühl der Einsamkeit stieg von Sekunde zu Sekunde, genau wie meine Angst.

Ich ließ mir Zeit den Raum zu finden. Als es zur ersten Stunde läutete, trat ich schließlich ein.

„Hallo." Ich lief auf das Pult einer Dame im mittleren Alter zu und versuchte mich vergebens an einem Lächeln. Die Blicke der Schüler und Schülerinnen brannten sich in meinen Rücken.

„Du musst Lola sein." Sicherer, als die Sekretärin, lächelte sie mich an. „Ich bin Mrs Fend. Ich freue mich, dich hier begrüßen zu dürfen." Ich nickte. Doch innerlich schüttelte ich den Kopf. Ich freute mich nicht.

„Stell dich doch kurz dem Kurs vor. Danach kannst du dich neben Lisa setzen." Wieder nickte ich. Und nervös drehte ich mich zum Kurs und versuchte Augenkontakt zu meiden.

„Hallo... ich bin Lola Cane." Unsicher sah ich zu Mrs. Fend, die bekräftigend nickte. „Und 16 Jahre." Damit war für mich die Vorstellungsrunde vorbei und beinahe fluchtartig suchte ich Schutz auf dem letzten freien Stuhl, neben dem Mädchen, das wohl Lisa war.

Eine Stille war in dem Kurs und ich hatte das Gefühl, dass sie noch etwas von mir erwarteten. Doch ich schwieg und ignorierte die Blicke. Stattdessen versuchte ich, mich zu konzentrieren. Es würde von nun an ein Alltag einkehren. Daran musste ich mich erst einmal gewöhnen.

„Ich bin Lisa, nett dich kennenzulernen." Ich blickte zu dem Mädchen neben mir und lächelte. Sie war hübsch. Ihr Gesicht war rundlich, versteckt hinter blonden Locken, die mich an Stella erinnerten und ihr Lächeln reichte von einem Ohr bis zum anderen.

„Lola."

Ich versuchte mich vergebens zu konzentrieren. Also musterte ich meine neue Umgebung und die Leute um mich herum. Bis mein Blick an einem Jungen in den hinteren Reihen hängenblieb. Er saß dort lässig und hatte seine Bücher quer über den Tisch ausgebreitet. Mit dem Zeigefinger tippte er immer wieder auf dem Schulpult.

Liebes Tagebuch || #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt