Kapitel 24: The last thing that I have ever wanted

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Sichtwechsel: Yvonne

„What do you want from me after you ignored my three calls and disappeared from the grit for about a week? Am I good enough for you now?"
Ich wusste, dass ich Samu gegenüber gerade unfair gewesen war, doch die verletzten Worte hatten meinen Mund verlassen, noch ehe ich über sie nachdenken konnte. Aber wieso hatte er meine Anrufe und Versuche ihn zu kontaktieren auch ignorieren müssen, wenn er doch gesagt hatte, dass sich zumindest zwischen unserer Freundschaft nichts ändern würde? War ich ihm wirklich so unwichtig geworden?
Verdammt, er hatte bei The Voice gekündigt. Einfach hingeworfen und mich alleine gelassen.
Mit meinen Gefühlen, meinen Zweifeln und dem Horror, welchen die Presse als Alltag bezeichnete. Wie sollte ich denn da auch schon reagieren?
„Hattest du wenigstens Spaß? Mit Tanja?"
Sofort bemerkte ich, dass seine Augenlieder sich gequält geschlossen hatten und dass er kräftig seinen Speichel herunterschlucken musste, als meine Worte ihn mitten ins Herz trafen. Ich wusste nicht genau, wo diese ganze Wut auf einmal herkam, aber die Vorstellung, dass er mich 7 Tage lang einfach links liegen gelassen hatte, während er sich mit der künftigen Mutter seines Kindes getroffen hatte, ließ die Worte einfach nur aus mir ausbrechen.
„Ohne die Presse, die sich auf jede einzelne Geste und jeden einzelnen falschen Blick stürzt und dich fragt, warum du alleine in Finnland bist, wenn wir doch gerade erst zusammengekommen sind?"
Meine Stimme zitterte mittlerweile gewaltig, doch es war mir ebenso egal, wie Samus verletzter Blick, als er die Augen wieder öffnete und sie direkt auf mich richtete.
„Und du ihnen sagen musst, dass ihr nicht mehr zusammen seid und du seit der Trennung keinen Kontakt mehr zu dem Mann hast, der vorher die wichtigste Person in deinem Leben gewesen war..."
Immer leiser wurde meine Stimme, als ich den Druck spürte, der sich in meinem ganzen Körper ausbreitete. Die Anspannung, die mir die Tränen in die Augen trieb, bis letztlich eine einzelne flinke Träne sich ihren Weg suchte und sich über meine Wange hinweg befreite.
Meine Hände zitterten, doch es war mir egal.
„Weil er dich ignoriert und du nicht einmal weißt, wie es ihm geht...?"
Mein letzter Satz war kaum noch ein Flüstern gewesen und ich verfluchte mich selbst dafür, dass meine Emotionen mich so übermannten, weshalb ich schnell aufseufzte, um die Tränen dadurch vielleicht runterzuschlucken und mit einer Neigung meines Kopfes an die Decke starrte, bevor ich tief durchatmete und die letzten Spuren der Tränen hinfort blinzelte.
Nicht ein Wimpernschlag, nicht zwei, reichten dafür aus, sondern stattdessen hatte ich nach dem fünften aufgehört zu zählen.
Doch erst nach einem zweiten Atemzug wagte ich es etwas ruhiger, aber nicht weniger angespannt, meinen Blick wieder auf Samu zu richten und faltete meine Hände auf meinem Schoß zusammen, ohne zu bemerken, dass ich sie unbewusst dabei knetete.
Wieso taten Menschen das überhaupt immer? Es brachte doch sowieso nichts.
Ich war so aufgewühlt, dass ich es nicht einmal bemerkte, wie ich mir mit meinen Fingernägeln in meine Haut bohrte.
„Wieso hast du mich ignoriert, Samu, wenn du doch wusstest, wie schwer es mir fällt dich gehen zu lassen."
Ich musste wieder schlucken. „Ich dachte dir fällt es genauso schwer, oder habe ich dir wirklich so wenig bedeutet?"
Ein tiefer Atemzug. Ein Räuspern.
Stille.
Die Frage hatte mir schon die ganze letzte Woche auf den Lippen gebrannt, doch ich hätte sie mir niemals gestellt, bevor er mich aus seinem Leben verbannt hatte, wie eine lästige Fliege, die um einen herumschwirrte, obwohl man eigentlich nur seine Ruhe haben wollte.
War ich diese lästige Fliege? Hatte ich mich an ihn angehängt, obwohl er eigentlich nur in Ruhe sein Leben weiterleben wollte?
Ich fühlte mich abgestellt. Wie bestellt und nicht abgeholt.
Hatte ich es mir wirklich nur eingebildet, dass er genauso gefühlt hatte und hatte Steff auch alles genauso falsch interpretiert wie ich?
Ich nahm es eigentlich nicht an, nicht nach dem, was ich in seinem Blick gesehen hatte, als wir uns getrennt hatten. Aber wenn ich genauer drüber nachdachte, nahm ich nicht einmal mehr an anzunehmen, dass meine Annahmen annehmbar waren. Ich wusste überhaupt nicht mehr, was ich denken sollte und so stützte ich meine Ellenbogen erschöpft und ratlos auf meine Knie und vergrub meinen Kopf darin, als sich endlich die Chance bot eine Antwort auf meine Frage zu bekommen, die ich eigentlich vielleicht gar nicht hören wollte.
War es überhaupt klug gewesen diese Frage zu stellen?
Mein rasendes Herz schien sich da nicht so sicher zu sein und so vergrub ich mein Gesicht nur noch ein Stück weiter in meinen schweiß-nassen Händen.
Auch als ich Samus Stimme vernahm, schaute ich zunächst nicht auf, unsicher, ob ich meinen Ohren trauen konnte, doch er reagierte trotzdem. Und das sofort.
„of course you did- You do, Yvonne!", auch Samus Stimme hatte sich plötzlich um einige Oktaven erhöht, als ich hörte, wie er sich auf dem Sofa hektische nach vorne lehnte und dadurch gefährlich nah an meinen Kopf kam. Sogar seinen wohltuenden Atem, konnte ich auf meiner Haut spüren und bekam sogleich eine Gänsehaut, die ich doch eigentlich vermeiden wollte. Aber seine Anwesenheit machte es mir, wie sonst auch, unmöglich.
„You are the one who ended things. Remember?", er klang frustriert, weshalb ich nicht mehr anders konnte, als meine Hände ein Stück weiter unter mein Kinn zu schieben und ihn bedacht anzuschauen. Ein Fehler, denn nun trafen seine blauen Augen direkt auf meine und ich wusste, dass ich mich bereits in ihnen verloren hatte, so sehr ich mich auch dagegen sträuben wollte.
„I never wanted to let you go, but you said you weren't ready and I accepted that, because you are TOO important to me!"
Seine Betonung änderte meinen Blick und ließ mein Herz unruhig sinken, als ich sah, wie nun auch seine treuen Augen ein wenig glasig wurden. So sanft, so liebevoll, dass ich das Glitzern in ihnen erkannte, welches mich unweigerlich immer weicher werden ließ.
„Can't you see that?"
Wieder entstand ein kurzer Moment der Stille in welchem wir uns nur gegenseitig in die Augen schauten und er in Zeitlupe seine Stirn auf die meine sinken ließ.
„You will always be important to me.", bevor er mit geschlossenen Augen seine nächsten Worte sagte. Dass dabei eine stumme Träne seinem Auge entfloh, vernahm ich nur aus dem Augenwinkel und es jagte einen gewaltigen Schauer über meinen Rücken.
Was taten wir hier überhaupt?
Mein ganzer Körper fing aufeinmal an zu glühen und auch ich hatte plötzlich nicht mehr dir Kraft meine Augen offen zu halten, weshalb ich mich einfach gegen Samus Stirn lehnte und zuließ, dass er eine Hand an die Seite meines Kopfes legte, wo sie sich liebevoll in meinen Haaren vergrub. Sein Daumen streifte dabei zärtlich meine Wange und ich konnte nicht anders, als mich dieser Vertrautheit hinzugeben. Wie sehr hatte ich sie die letzte Woche nur vermisst? ... Wie sehr hatte ich ihn nur vermisst...
„Then why did you ignore me?", fragte ich in nicht mehr als einem gebrochenen Hauch und merkte, wie ich seine Nähe unweigerlich immer weiter genoss. Diese Vertrautheit und Zuneigung, die zwischen uns herrschte, die ich mir bloß gehofft hatte nicht einzubilden. Doch als ich seine Antwort hörte, wusste ich sofort, dass ich sie mir nicht eingebildet hatte.
"Because I didn't think you wanted to have anything to do with me, after I hurt you so much."
Er-Was?
Seine Worte hatten mich getroffen und die Aufrichtigkeit, die ich in ihnen erkannte, ließ mich mich fast ein bisschen schämen, dass ich ihm diese Worte zuvor an den Kopf geworfen hatte. Aber meine Emotionen waren einfach mit mir durchgebrannt. Sowohl der Frust, als auch die Sorgen.
„Ist das der Grund, warum du einfach gekündigt hast?"
Besonders, als ich jetzt so deutlich spürte, wie er sich nur noch traute zaghaft zu nicken, aus Angst, etwas Falsches zu sagen.
„Dachtest du wirklich dich gar nicht mehr zu sehen würde mir weiterhelfen?"
Auf einmal war kein Vorwurf mehr zu hören, nur noch eine vorsichtige Frage, die ihn die Augen öffnen und mir zaghaft eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr streichen ließ. Ich konnte es nicht glauben. Nicht glauben, wie blind wir doch waren.
„I thought it would be best to give you time to process everything.
The break up. The Baby.", er stoppte und versuchte trotz der Nähe unserer Köpfe erneut meine Augen zu suchen.
„Us..."
Ja. Us. Es war vieles zu verarbeiten, das konnte ich nicht leugnen. Für mich und auch für ihn und es erwärmte mein Herz, als ich begriff, dass er alles nur für mich getan hatte, weil er wirklich geglaubt hatte es mir dadurch leichter zu machen.
Aber wieso glaubten Männer auch immer sie wüssten alles besser?
Als ich daran dachte, welche Schmerzen wir uns gegenseitig hätten ersparen können, hätten wir von Anfang an doch nur normal miteinander geredet, musste ich trotz der wehmütigen Situation seltsamer Weise ein wenig schmunzeln und brachte einen einzigen, leisen, traurigen Lacher hervor, bevor ich all meinen Mut zusammennahm und mich darauf besonn, dass wir auch komplett ehrlich sein mussten, wenn wir nun schon ehrlich zueinander waren. Und obwohl meine Stimme noch immer bebte, war ich mir sicher, dass noch nie ehrlichere Worte aus meinem Mund gekommen waren, als diese.
„Ich liebe dich doch immer noch, Samu."
Und sobald ich sie ausgesprochen hatte, fiel eine Last von meinen Schultern, von der ich vorher nicht einmal wahrgenommen hatte, dass sie da gewesen war. Denn ich realisierte, dass es das erste Mal gewesen war, dass einer von uns diese Worte wirklich ausgesprochen hatte.
Und als Samu sich wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernte und überrascht die Augen aufriss, fühlte ich, wie ich ein wenig rot wurde als die Surrealität der Situation auf mich einwirkte. Gerade noch hatte ich ihm Wörter um den Kopf gehauen, die ihm unterstellten, dass ich ihm nicht wichtig war und im nächsten Moment, sprach ich zum ersten Mal aus, dass ich ihn liebte. Doch als wäre die Situation nicht schon comicreif genug gewesen, rollten wieder Tränen über meine Wange, während ich anfing zu Lachen.
Was für ein emotionales Wrack ich doch gewesen war. Als hätte sich nichts in mir auch nur für irgendwas entscheiden können.
Doch Samu schien es ähnlich zu gehen und die Irrationalität der Szene ebenso zu empfinden, als er ebenfalls anfing zu lachen und leicht befangen den Kopf schüttelte. Ganz langsam, während die Erkenntnis sich in ihn einnistete.
„I love you, too, Yvonne.", gestand er mir mit fester Stimme und löste seine Hand von meiner Wange, um stattdessen meine Finger mit seinen zu verhaken.
„I really do. And it hurts like hell, knowing that you were suffering so much, because of my stupid past-self, who thought not using a condom, was a good idea."
Natürlich musste Samu in dieser ohne hin schon seltsamen Stimmung nun noch einen auflockernden Kommentar einbringen, der trotz seiner traurigen Wahrheit den Knoten in unseren Herzen ein wenig zu lösen schien. Aus irgendeinem Grund schien er auf einmal genau zu wissen, was er sagen musste, als hätte er ein Gespür dafür bekommen, während er mir in die Augen gesehen hatte.
„Du solltest deinem früheren ich wirklich ein bisschen Vernunft einprägen.", lachte ich dennoch schwach und schaute in sein lächelndes Gesicht.
„I should. He needs to think about the consequences first. He can't just act without thinking about the future, or others", scherzte er weiter und stützte sich derweil auf dem Kaffeetisch, der uns trennte ab, da die Position, in welcher er seinen Oberkörper einfach aus eigener Kraft nach vorne lehnte, langsam schien anstrengend zu werden.
"He sure does."
Ich bestätigte seine Aussage erleichtert. Auch, wenn ich ein wenig überrascht war, dass wir nun tatsächlich doch schon einen kleinen Scherz über unsere verkorkste Situation zulassen konnten. Doch die Antwort war nicht nur deshalb so kurz, weil sie ein trockener Kommentar sein sollte, sondern auch, weil Samu sich zaghaft begann immer weiter nach vorne zu lehnen und das Kribbeln in meinem Körper mich unsicherer werden ließ, wie ich reagieren sollte.
Mein Herz schien nichts mehr zu wollen, als sich auf diesen Kuss und auf ihn einzulassen, denn es klopfte, wie verrückt. Doch mein Verstand zeigte mir die Komplikationen unserer Situation auf, die nunmal unausweichlich waren.
Er bekam ein Baby mit einer anderen Frau und ich war mir nicht sicher, ob ich dieser riesigen Aufgabe gewachsen war eine zweite Mutter für dieses Kind zu sein. Ein kleines Geschöpf, dass so viel Liebe verdiente.
Würden die Zwickmühlen bei uns denn nicht irgendwann auch mal aufhören?
Mein Herz schlug und schlug, als ich seinen Atem nun bereits an meinem Mund spüren konnte, doch als meine Augen sich schlossen und seine Hand mich sanft an meiner Wange zu ihm heranzog, wusste ich, dass mein Herz die Diskussion gewonnen hatte.
Ich wusste, dass dort noch viele Dinge waren, die wir klären mussten. Viele Aufgaben und Herausforderungen, denen wir gegenüberstanden, doch in dem Moment, als unsere Lippen liebevoll aufeinandertrafen und ich die Sehnsucht spürte, die sich aufgestaut hatte, war mir klar, dass alles andere eine noch viel größere Herausforderung gewesen wäre.
Wenn wir es langsam und bedacht angehen würden, würden wir es gemeinsam überstehen. Unsere Liebe war stark genug. Das realisierte ich mit jeder gefühlvollen Bewegung, die seine Lippen bedacht auf meinen ausführten und mich damit um den Verstand brachten.
Wir würden unseren gemeinsamen Weg durch dieses Labyrinth finden, wenn wir nur zusammenhielten.
Und genau dieser Zusammenhalt war es, den ich ihm noch an jenem Abend, welcher seither den Tag unseres Glückes markierte, versprach, nachdem wir uns wieder gesammelt hatten und ich wie so oft, in den Weiten seiner Meeresblauen Augen versank. Wie hätte es auch anders sein sollen?
„Du weißt, dass du mich jetzt nicht mehr los wirst?", lächelte ich verlegen, als meine Arme ihren sicheren und rechtmäßigen Platz um seinen Nacken fanden. Verträumt und hoffnungsvoll zugleich, dass ich umso sprachloser war, als er unseren Traum mit einem strahlenden Lächeln zu unserer ersehnten Realität machte.
„That makes two of us."
„Because this would be the last thing that I have ever wanted."



The End

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Hallo ihr Lieben<3
It hurts. It really does:
Es schmerzt diese Geschichte jetzt zu beenden, aber nache einem langen Weg, welcher eigentlich nur für höchstens 15 Kapitel gedacht war, hatte ich das Gefühl, dass diese Szene ein schönes und trauriges Ende zugleich für diese Story sein wird. Wobei das Traurige eher daher kommt, dass ich sie gehen lassen muss.
Aber ich möchte die Geschichte wirklich nicht versauen und künstlich in die Länge ziehen, wenn es jetzt gerade passt. Das fände ich zu schade (auch wenn sie natürlich nicht perfekt ist!).
Ich hoffe ihr versteht das und nehmt dafür vielleicht meine anderen beiden STorys hin?

Ich hoffe das letzte Kapitel ist so wie ihr es euch vorgestellt habt und hoffe, dass auch ihr damit mit einem Lächeln diese Geschichte abschließen könnt.
Ich möchte mich auf jeden Fall nochmal für die ganzen fleißigen Leser und die unglaublich lieben Kommentare bedanken, die mich immer so motiviert und gerührt haben! Das war wirklich überwältigend! Vielen lieben Dank!<3

Vielleicht wird noch ein Epilog folgen. Da bin ich mir noch unschlüssig, aber es reizt mich schon ein bisschen eine kleine Szene in der Zukunft zu schreiben, welche ihre Pläne nochmal ein bisschen abrundet. Also wenn die Zeit es zulässt, wird noch einer kommen!

In diesem Sinne jetzt aber erstmal vielen Dank und bleibt mir ja gesund!
Wir brauchen unsere Yvamu-Shipper^^

Blurs of the mirrorWhere stories live. Discover now