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Dieses ganze Szenario ist schon makaber:

Unsere Familien erzählen witzige Geschichten aus der Kindheit, zeigen etliche Fotos und allesamt schwelgen Sie in Erinnerungen und wir sind mittendrin. Mittendrin und wir ringen uns immerzu ein Lächeln ab, unsere Hände unter dem Tisch verflochten und ich bin mir sicher, dass er es auch hören kann.

Das ticken der Uhr.

Wir haben es mittlerweile 23.15 und der Arzt ist auch schon da, der sich um Taehyung kümmern wird. Es ist ein anderer als der, bei dem wir waren. Die Stimmung wird getrübter und wir verbringen ganze 15 Minuten damit, uns bei allen zu verabschieden. Viele Umarmungen, viele Tränen.

Zum Sterbeprozess bleiben aber nur unsere Eltern und diese sind es auch, die mit uns in das extra hergerichtete Zimmer gehen. Zwei Sterbebetten nebeneinander.

Neben dem einen hängt eine Flasche für Taehyungs Infusion.

23.40 Uhr

Taehyung und ich bekommen kein Wort raus. Wir liegen uns in den Armen. Ich kann es kaum realisieren. Wir wussten es, aber das Gefühl kurz davor zu sein ist unglaublich schrecklich. Mir wird unfassbar übel und ich muss mich in den nächsten Eimer übergeben. Immer wieder. Taehyung steht an meiner Seite, hält mich, während es ihm selbst vor Tränen schüttelt.

"Es wird Zeit", sagt der Arzt und ich könnte vor Angst schreien, doch wir legen uns hin und schauen uns in die Augen. Ich beuge mich vor und er schenkt mir trotzdem unseren letzten Kuss, bevor wir uns wieder komplett hinlegen und er den Zugang bekommt.

Unsere Blicke wenden sich kein einziges mal ab, ich sehe ihm tief in die Augen und ich spüre, wie kalt seine Hand wird.

"Ich liebe dich",  hauche ich und er lächelt mich müde an. "Ich liebe dich noch viel mehr", erwidert er zurück.

Die Uhr tickt.

Fünf Minuten noch.

Drei Minuten noch.

Taehyung kann seine Augen kaum offen halten, doch mir geht es noch gut.

Zwei Minuten noch.

Plötzlich klingelt das Telefon des Arztes. - Ärzte haben diese Dinger noch - und er geht ran. "Was? Das sagen sie mir jetzt? Ich habe verstanden. Bringen sie mir SOFORT das Gegengift", redet er gehetzt und eine unruhige Stimmung kommt auf.

"Was ist los?", fragt Taehyungs Mutter in Panik und auch ich will wissen, was los ist.

"Das Blut der beiden wurde erneut genau analysiert und es ist herausgekommen, dass die beiden eine veraltete DNA in sich tragen. Sie haben ohne einen gezwungenen Bund zueinander gefunden, so wie es vor ungefähr hundert Jahren war. Das haben sie wahrscheinlich von Urverwandten vererbt bekommen. Das ist selten, aber durchaus möglich. Es gibt bereits insgesamt drei bekannte Fälle", erklärt der Arzt gehetzt und ich verstehe gar nichts mehr. Ich kann nur noch hilflos zusehen, wie er Taehyung seinen Zugang entfernt.
"Er atmet bereits nicht mehr, wir müssen sofort reagieren", erklärt er gehetzt und dann kommen auch schon wie gerufen mehrere Ärzte rein.

Ich werde unsanft aus dem Raum gezogen. In meiner Panik und Angst rufe ich einfach nur ein verzweifeltes "Taehyung".

In all der Panik übersehe ich, dass die Uhr schon längst 00.00 Uhr geschlagen hat und ich lebe.

Meine Gedanken überschlagen sich und ich bekomme eine verdammte Panikattacke.

"WIR VERLIEREN IHN", höre ich aus dem Nebenzimmer und mir schnürrt es meinen kompletten Hals zu. Mein Körper wird taub und mir wird schwarz vor Augen.

Ich höre nur noch ein "Verdammt, er kippt um" und dann wird alles schwarz.

Ich habe ihn umgebracht.
Ich bin schuld.
Er muss wegen mir sterben.
Ich hätte sterben sollen.
Nicht er.

Time ¶ TaeKook Où les histoires vivent. Découvrez maintenant