Oh, Nein! Meine Mom kommt!

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Vor der Haustür standen zwei Jungs. Beide waren klitsch nass. Der eine war so um die vier Jahre alt, und hatte blonde, strubbelige Haare, und der andere war ungefähr so alt wie ich, vielleicht dreizehn oder vierzehn, und seine braunen Haare hingen ihm tief in die Stirn. Ich traute männlichen Wesen nicht.

Schließlich gab es in der Hexenwelt keine Jungs, und bei Hexer's, der Bücherei in der Echsenwaldstraße, konnte man eine Menge Gruselgeschichten über Männer lesen, und wenn man sich eine Bücherkarte holte, konnte man sogar zehn Bücher auf einmal ausleihen. Tut mir leid, das ich jetzt Werbung mache, aber Leta (die Bibliothekarin) hat, gesagt, das sie mich dann mit Marshmallow-Mäusen bezahlt, und da konnte ich nicht nein sagen. Also, weiter im Text.

Fal fauchte wütend, und zwar nicht, weil sie die Besucher nicht mochte, sondern weil sie beim essen der Gummischlangen gestört wurde. 

"Was wollt ihr hier?!" fragte ich die beiden, und klang dabei anscheinend gröber als ich es wollte. Der ältere trat einen Schritt zurück. Der ältere, ja, das habe ich gesagt. Aber der jüngere machte sogar noch einen weiteren Schritt vor, nahm meine Hand, und schüttelte sie. Okay, der hier war ganz in Ordnung, er schien zumindest keine Angst vor mir zu haben.

"Hi, ich bin Ben. Ich und mein Bruder Raphael haben uns im Wald verirrt, und ... vielleicht hast du ein Gästezimmer - du wohnst ja in einem Schloss." sagte der kleine. Er klang ziemlich selbstbewusst, aber ich war mir sicher, das Raphael, der hinter seinem kleinen Bruder stand, "Der Esel nennt sich immer zu erst" murmelte. Blöder Typ.

Aber ... wenn ich die zwei schon beherbergen musste, dann doch bitte anständig. Mit Bezahlung und allem. Den Zimmerservice der beiden wollte ich nämlich nicht ohne Bezahlung machen. Jetzt denkt ihr vielleicht: Hey, Malana, du wohnst in einem verdammten Schloss! Du brauchst doch nicht für jeden Sch ... Schinken eine Bezahlung!
Aber, wie gesagt, konnte ich männlichen Wesen nicht einfach so trauen. Könnte ja auch sein, das die beiden etwas klauten und sich dann aus dem Staub machten. Also musste ich ihnen ... einen Wertgegenstand wegnehmen, den sie wieder zurück bekamen, nachdem ich die beiden morgen vor die Haustür setzte.

"Schön!" sagte ich zu Ben. "Aber nur unter einer Bedingung: gebe mir den wichtigsten Gegenstand -"
Ich sah, wie Raphael bei dem Wort Gegenstand etwas in seine Hemdtasche steckte. Aha!
"Nein, warte: gib mir das Teil, das dein großer Bruder da in seiner Hemdtasche versteckt hält, weil er denkt, das ich eine Hexe bin."
Ich sah die beiden Triumphierend an, und Ben schien ein wenig unsicher zu werden.
"Wenn ihr es euch überlegt habt, klingelt noch einmal. Ansonsten wird diese Tür für euch für immer verborgen sein. Bis naher!" ...oder auch nicht, fügte ich in Gedanken hinzu. So erschrocken, wie Raphael ausgesehen hatte, musste es wohl etwas sehr wertvolles sein. Was war es wohl - ein Familienerbstück? Ein Diamant?

Ich stockte.

Mist, wenn die beiden alleine waren, könnten sie ganz leicht den Gegenstand mit einem anderen austauschen. Und noch wichtiger: wieso konnten sie dieses Schloss sehen, wenn die beiden Menschen und dazu noch Jungs waren? Da war doch ein Schutzzaun! Vielleicht - waren die beiden noch zu Jung, und Der Schutzzaun konnte sie nicht austricksen? Oder sie glaubten an Magie? Oder - ja! Das war es! Sie trugen Anti-Magie Kontaktlinsen, wie bei Dangerous Men - Staffel eins Folge siebenundzwanzig! Deshalb konnten sie die Hexenwelt sehen!

Aber erst einmal zum ersten Problem.

"Doori, Spion aktivieren!" flüsterte ich.

"Spion aktiviert" kam die antwort von meiner lieben Tür.

Ich stieß Fal mit sanfter Gewalt von meiner Schulter, und konzentrierte mich auf das Hologramm, das vor mir erschien. Dort bildeten sich Raphael und Ben ab, die laut stritten. Ich atmete erleichtert aus. Das Teil war noch nicht ausgetauscht worden.

"Du kannst das nicht einfach ihr geben! Es handelt sich um - "

"Doch, kann ich! Wir haben die ganze Gegend abgesucht, da war nichts auffälliges! Wenn wir das nicht weggeben, passiert- "  protestierte Ben.

Aaahhrrg, wie ich unbeendete Sätze hasste! Ich hatte den Spion aktiviert, um mehr heraus zu finden, und nicht um noch mehr Fragen aufgetischt zu bekommen! Jetzt wusste ich nicht, worum es sich bei dem Dings hanndelte, und auch nicht, was passierte, wenn sie mir es nicht gaben. Dazu noch die Frage, wonach und wieso zwei Kinder die Gegend nach etwas auffälligem absuchten.

Mehr Fragen konnte ich mir jetzt nicht leisten. Ich befahl dem Hologramm, sich wieder zürück zu ziehen, riss die Tür, auf, schnappte mir das Teil aus Raphaels Hand, und stapfte wieder in das Haus.

Ich hörte, wie die beiden Brüder mir zögerlich folgten.

Der Gegenstand in meiner Hand wog schwer, und lag kühl und angenehm in meiner Hand. Ich befahl Fal, den Gegennstand zu Luzifer zu bringen, und wandte mich meinen Gästen zu.

"Also, was wollt ihr?" fragte ich, und schlenderte zur Küchennische.

"Wie meinst du das?" fragte Raphael misstrauisch.

"Na, zum Essen?!". Waren Typen so schwer von Begriff, und konnten nicht einmal ein und eins zusammenzählen? Wenn ich fragte "was wollt ihr?" und dabei in die Küche ging, war es doch so klar, das ich fragte, was die beiden essen wollten.

Ich war mir ziemlich sicher, das Raphael ablehnen wollte, aber sein kleiner Bruder kam ihm zuvor.

"Wie wäre es mit Spaghetti oder so?" fragte Ben. Spaghetti. Na gut.

Während ich die Nudeln aus der Verpackung holte, beobachtete mich Raphael.

"Ich werde das Essen schon nicht vergiften!" sagte ich. War Raphael denn noch dümmer, als er aussah? Oder war das die Eigenschaft von Männlichen Wesen...

Als das Essen endlich fertig war, bat mich Raphael, alleine mit seinem Bruder zu sein. Wirklich, dieser Typ wurde mir immer unsymphatischer. Tja, solange die zwei in ruhe aßen, konnte ich mir ja den Schatzzzzzzzzzzzz von den beiden ansehen. Ich kletterte zu Luzifer auf das Dach, und schnappte mir das Teil.

Es war ein kleiner, runder Klapp-Spiegel, mit eingravierten Drachen und Elfen als Verzierung. Mein Herz klopfte wie wild. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das dieser Spiegel etwas ganz besonderes war.

Ich öffnete den Spiegel einen Spalt breit.

Einen Moment dachte ich, der Spiegel hätte geleuchtet...

Doch plötzlich drang eine Stimme von unten. Es war weder die Stimme von Raphael, noch von Ben.

"Hi mein Schatz, ich bin wieder da!".

Es war die Stimme ... meiner Mutter.

Malana - die Reise beginntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt