Kapitel 4

182 6 0
                                    

Zugfahrt ins Kapitol; Distrikt 4:

Amina wachte am frühen Morgen auf. Am vorherigen Tag hatte sie sich sofort in ihr Zimmer im Zug zurückgezogen und wollte allein gelassen werden. Sie schaute auf die Uhr. In ein paar Stunden würde der Zug am Bahnhof im Kapitol ankommen. Jemand klopfte an die Tür. „Amina bist du wach? Komm gleich zum Frühstück wir sind in ein paar Stunden da.“, ertönte Silvias Stimme. Amina stand auf und zog sich an. Sie kämmte ihre Haare und wusch sich das Gesicht. Plötzlich klopfte es erneut. „Ja?“, fragte Amina und sah zur Tür. Sie öffnete sich und eine kleine Frau kam zum Vorschein. Sie war schon ziemlich alt, vielleicht kurz vor den achtzig. Ihr graues Haar fiel ihr wellig über die Schultern. Sie lächelte Amina liebevoll an. Diese erkannte, dass es Mags war. Die Siegerin der 11. Hungerspiele hatte vor ein paar Jahren einen Schlaganfall erlitten. Seitdem konnte sie nicht mehr so gut und verständlich sprechen. Amina lächelte schwach zurück und sah auf den Boden. Mags sah sie bemitleidend an und ging zu ihr. Sie streichelte Amina über die Wange. Dann nahm sie ihre Hand und führte sie aus dem Zimmer hinaus auf den Flur. Mags ging mit ihr zu einem großen Zimmer, worin ein großer Tisch stand. Durch ein kleines Glasfenster in der Tür konnte sie sehen, wie Jordan sich angestrengt mit Finnick Odair unterhielt. Sie hatte mit dem Sieger noch nie ein Wort gewechselt, doch Amina wusste, dass er einer der Favoriten unter den Siegern war. Sofort blieb sie stehen. Mags sah sie fragend an. „Das ist wirklich nett, aber ich habe keinen Hunger, Mags.“, entschuldigte Amina sich. Mags sah wieder zu der Tür und dann zu Ihr. Amina lächelte schwach und ging zurück in ihr Zimmer. Mags sah ihr traurig nach.

In ihrem Zimmer setzte Sich Amina auf ihr Bett und raufte sich die Haare. Sie wurde nicht mit dem Gedanken fertig, dass sie höchstwahrscheinlich in ein paar Wochen tot sein würde. Sie hatte hier niemanden dem sie sich anvertrauen konnte. Mags war zwar sehr liebevoll, wie eine Großmutter, aber da sie nicht richtig sprechen konnte, würde es Amina nicht so wirklich weiterhelfen. An Silvia musste Sie gar nicht erst denken. Sie kam aus dem Kapitol und dort fand jeder, dass die Hungerspiele ganz toll waren. Mit Jordan hatte Amina noch nie ein Wort gewechselt, ebenso wenig wie mit Finnick. So viel wie Amina über ihn wusste, war er ein totaler Frauenschwarm. Wenn sie ihn in einem Interview vom Kapitol oder so gesehen hatte, machte er auf Sie einen ziemlich arroganten und selbstverliebten Eindruck.

Ein paar Stunden später hielt der Zug am Bahnhof im Kapitol. Hunderte Kapitol Bewohner standen dort und jubelten. Silvia führte die beiden Tribute und deren Mentoren in das Apartment, welches für Distrikt 4 vorgesehen war. „Schaut euch ruhig ein wenig um.“, sagte sie zu Jordan und Amina. Staunend sahen die beiden sich in dem großen Raum um. Es gab eine Ecke mit einer Couch und zwei Sesseln. Einen Teil, der auf einer Anhöhe lag, wo Stühle um einen großen Esstisch herum standen und einen kleinen Gang, der zu den Badezimmern führte. „Eure Zimmer liegen direkt neben einander. Ihr könnt bis heute Abend den Tag für euch gestalten.“, erklärte Silvia den beiden Tributen. Das ließ sich Amina kein zweites Mal sagen. Sie verschwand in einem der beiden Zimmer und blieb bis zum Abend dort. Die anderen ließen sie bis dahin in Ruhe. Doch ewig konnte sie sich jedoch nicht verschließen.

Am Abend kam Silvia schließlich in ihr Zimmer. „Kommst du zum Abendessen, Liebes? Du hast heute noch nicht viel gegessen. Das solltest du dringend nachholen.“, sagte Sie. „Ich komme gleich.“, gab Amina nur kurz zurück. Sie stand von dem großen Bett auf und ging zum Esstisch. Die anderen waren schon alle da. Es gab nur noch einen einzigen Platz, der frei war und das war der neben Jordan. Amina setzte sich und nahm sich etwas von dem Essen, welches bereits auf dem Tisch stand. Silvia erzählte den anderen dreien begeistert vom Kapitol. „Und die Mode ist dieses Jahr mal wieder wunderbar! Eines der besten Jahre überhaupt, wenn ihr mich fragt.“, flötete Sie fröhlich. „Und die Schuhe! Einfach zauberhaft!“ Während Sie weiter von den neusten Gerüchten aus dem Kapitol berichtete wandte sich Finnick an Jordan und Amina. „Da ihr jetzt beide hier seit sollten wir anfangen über das Training zu reden.“, begann Er. Amina sah weiter auf ihren Teller und begann etwas von dem Wasser in ihr Glas zu schütten. Finnick wandte sich zuerst an Jordan. „Du sagtest du kannst gut mit der Machete umgehen und hast vorher schon einmal damit geübt. Trainier‘ das in den kommenden Tagen auf jeden Fall und du solltest es vor allem beim Einzeltraining zeigen. Dadurch kannst du eine Hohe Bewertung bekommen.“ Er sah zu Amina. Diese hatte begonnen still von ihrem Wasser zu trinken. „Was ist mit dir, Amina?“, fragte Finnick Sie. Amina hatte keine Ahnung, was sie daraufhin antworten sollte. Silvia erzählte im Hintergrund immer noch wie ein Wasserfall. Dass ihr niemand mehr zu hörte, bemerkte sie vor Begeisterung gar nicht. „Ähm, ich weiß es ehrlich gesagt nicht wirklich…“, gab Amina schließlich zu. „Wir finden schon was für dich.“, sagte Finnick überzeugt. „Nach dem Essen sollten wir uns erst einmal die Ernten aus den anderen Distrikten ansehen. Was ich weiß ist, dass es bei manchen nicht ganz einfach wird, sie zu töten. Die Konkurrenz ist dieses Jahr teilweise ziemlich hart.“, erklärte Finnick den beiden Tributen. Bei dem Gedanken, jemanden töten zu müssen, um die Spiele zu gewinnen, verschluckte sich Amina fast an ihrem Wasser. Sie hustete leicht. „Alles gut bei dir?“, fragte Jordan sie etwas leiser. „Ja geht schon, danke.“, sagte sie genauso leise. Jordan schien netter zu sein, als Amina es gedacht hatte. Finnick sah die beiden an. „Ihr solltet euch im Voraus schon Mal überlegen, mit wem ihr euch eventuell verbünden wollt. Auch wenn nur einer gewinnen kann, schadet es nicht, wenn ihr euch Verbündete sucht.“ Mags tippte Finnick an und wollte ihm anscheinend etwas sagen. „Ach ja und ihr dürft nicht vergessen morgen bei der Parade einen guten Eindruck zu hinterlassen, um bestenfalls Sponsoren zu bekommen. Das kann später überlebenswichtig für euch sein.“, fügte er schließlich noch hinzu. Amina nickte bloß stumm. Wie sollte sie es nur schaffen zu überleben? Jordan war immerhin schon achtzehn und ziemlich gut trainiert, hingegen zu ihr. Wenn er schon gefährlich werden konnte, was war dann mit den restlichen Tributen aus den anderen Distrikten? Niemals würde Amina gegen die eine Chance in der Arena haben, Verbündete hin oder her. Sie sagte nichts und aß bloß stumm ihr Essen. Finnick, der ihr gegenüber saß, beobachtete Sie. „Du hast seit gestern nicht wirklich viel mit uns geredet.“ Amina blickte auf. „Ich brauchte Zeit für mich.“, antwortete Sie knapp. „Mags wollte dich heute morgen zum Frühstück holen. Sie meinte du wolltest nicht. Brauchtest du da auch Zeit für dich?“, fragte er. „Ich hatte keinen Hunger.“, konterte Amina erneut. Finnick sah sie einen Moment lang weiter an, doch dann gab er seinen Versuch auf, mit Amina zu reden. „Hört mir eigentlich irgendwer hier zu?“, fragte Silvia gekränkt, als sie bemerkte, dass sie praktisch auch mit einer Wand hätte reden können, doch auch auf diese Frage bekam sie keine Antwort.

Nachdem alle mit dem Essen fertig waren, gingen die fünf zu der Couch und den Sesseln hinüber. Ein großer Flachbildfernseher hing an der Wand. Silvia schaltete ihn an. Sie gingen die Distrikte und deren Ernten nacheinander durch. Angefangen bei Distrikt 1 und 2.

„Kayla Sanchez und Jace Wright aus Distrikt 1. Beide haben von klein auf für die Hungerspiele trainiert und sich schließlich freiwillig gemeldet.“ Auf dem Bildschirm wurden ein blondhaariges Mädchen und ein Junge mit Dunkelblonden Haaren gezeigt. Amina schätzte sie beide auf ungefähr 17.
„Sie gehören zu den Karrieros, das heißt, dass sie sich höchstwahrscheinlich mit den Tributen aus Distrikt 2 verbünden werden, Tulip Kentwell und Raffael Branson. Sie haben sich ebenfalls freiwillig gemeldet. Genauso wie Distrikt 1 haben sie jahrelang trainiert und sind damit absolut tödlich.“, erklärte Finnick. Amina schluckte schwer und versuchte nicht an die Arena zu denken, das war jedoch nicht so einfach.

Dann kamen Sie zu Distrikt 3. Auf dem Bildschirm sah Amina ein etwa mittelgroßes Mädchen. Sie hatte braunes, schulterlanges Haar und ein schmales Gesicht. Der Junge war vom Aussehen her ein paar Jahre jünger. „Lulu Yule und Paul Anderson. Fünfzehn und dreizehn Jahre alt. Sie sind nicht so gefährlich wie die Karrieros. Ihr solltet überlegen, sie als Verbündete zu gewinnen. Zumindest Lulu, sie ist so alt wie du.“, sagte Finnick und schaute dabei zu Amina. Diese nickte nur stumm und blickte weiterhin auf den Bildschirm. Als nächstes kamen Sie selbst und Jordan, danach Distrikt 5 und 6. Die Tribute aus diesen zwei Distrikten waren dieses Jahr ziemlich jung, weshalb sie keine Gefahr darstellen würden.

„Distrikt 7. Joel Ashwood und Christian Wilder. Sie als Verbündete zu gewinnen könnte nicht schaden. Allerdings habe ich gehört, dass Joel nicht sehr an dem Ganzen interessiert ist.“, sagte Finnick und schaute auf den Bildschirm, wo die zwei Tribute aus sieben gezeigt wurden. Aus Distrikt 8 wurden anschließend zwei junge Tribute gezeigt. Finnick erklärte Amina und Jordan, dass es Geschwister waren. Franziska und Nolan Fabre. Sie waren dreizehn und zwölf. Keine wirkliche Bedrohung.

Anschließend kam der 9. Distrikt. Amina fiel auf, dass das Mädchen aus diesem Distrikt Ähnlichkeit mit dem Mädchen aus Distrikt 7 hatte, Joel Ashwood. War das Zufall?

„Alexander Gracia und Joyce Lecroix. Beide sechzehn Jahre alt. Auch sie wären gute Verbündete. Aber ihr müsst euch entscheiden. Wählt nicht zu viele und mit Bedacht. Es gibt immer wieder welche, die ihre Verbündeten töten während sie schlafen.“ Amina schluckte ein zweites mal. Das Gefühl in ihrem Hals, wie bei der Ernte, kehrte zurück. Wie sollte sie das bloß überleben? Bei den letzten drei Distrikten hörte sie schon gar nicht mehr richtig zu. Ihre Gedanken waren wieder nur bei der Tatsache, dass sie mit ziemlicher Sicherheit nur noch ein paar Wochen zu Leben hatte. Sie fühlte sich plötzlich total unwohl und hätte am liebsten laut losgeschrien, doch sie versuchte das Stechen in ihrer Best zu unterdrücken, welches ihr sagte, dass ihr Herz nun schneller schlug. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. Amina sprang von der Couch auf. „Ich komm gleich wieder…“, murmelte Sie nur leise. Mit schnellen, unsicheren Schritten ging sie auf die Tür ihres Zimmers zu. Dann verschwand sie darin und lehnte sich auf der anderen Seite daran an. Sie versuchte durchzuatmen, doch es klappte nicht. Stattdessen ging ihr Atem immer schneller. Sie lief zu ihrem Bett hinüber und lehnte sich daran. Auf dem Boden vergrub Sie ihr Gesicht in ihren Händen und fing an zu schluchzen. Sie atmete unkontrolliert schnell und schaffte es nicht sich zu beruhigen. Nur schleierhaft bekam sie mit wie sich die Tür öffnete und Silvia hereinkam. Einen Moment später merkte Amina eine Hand auf ihrer Schulter, doch es war nicht Silvias. „Komm, steh wieder auf.“, sagte Finnick sanft und half Amina wieder auf die Beine. Daraufhin zog er sie in eine Umarmung. Sie schluchzte nun noch doller, als vorher. „Versuch dich zu beruhigen. Es wird alles gut.“, flüsterte Er und gab Amina einen Kuss auf den Scheitel. Amina atmete nun etwas langsamer und gleichmäßiger. „Das letzte Mal als das jemand zu mir gesagt hat, wurde mein größter Albtraum war.“, brachte Sie hervor. Jordan und Mags waren ebenfalls zur Tür gekommen, um zu sehen was los war. Bemitleidet sah Jordan seine drei Jahre jüngere Mittributin an. Finnick sah zu ihnen und bedeutete ihnen mit einem Kopfnicken Richtung Tür, dass sie ihn und Amina für einen Moment allein lassen sollten. Silvia, Mags und Jordan verließen das Zimmer und schlossen hinter sich die Tür. Nun waren Amina und Finnick alleine. „Du hast Angst vor dem was kommt, oder?“, fragte Finnick und Amina nickte leicht als Antwort. „Ich werde sterben. Ich habe doch keine Chance gegen die anderen Tribute.“, meinte Sie. Finnick sah Sie an. „Mach dir über die Arena noch keinen Kopf. Morgen ist erst einmal die Parade und danach das Training. Bis dahin ist das wichtigste die Sponsoren von dir zu überzeugen. Und glaub mir, wenn du erstmal angefangen hast zu trainieren, dann fühlst du dich auch nicht mehr so schlecht. Wenn du gelernt hast dich zu verteidigen und wie man kämpft, dann wirst du auch eine Chance in der Arena haben.“, versprach Finnick. Amina sah auf den Boden. Sie fand, dass Finnick doch nicht so arrogant wie sonst immer in den Interviews war. In Wirklichkeit war er fürsorglich und hilfsbereit, das erkannte Sie jetzt. Trotzdem wusste sie nicht, ob sie das, was er ihr gesagt hatte, auch für wahr empfinden konnte. „Versuch heute Abend nicht mehr daran zu denken und komm wieder mit zu den anderen. Auch wenn du zusammen mit Jordan in die Arena musst, etwas Gesellschaft tut dir vielleicht ganz gut.“, sagte er. Somit ging Amina mit ihm zurück zu den anderen. Als sie sich neben Jordan auf die Couch setzte sah er sie kurz an. Sie sah ihn ebenfalls an. Dann wendete Amina sich jedoch wieder dem Fernseher zu. Leider lief auf fast allen Kanälen des Kapitols eine Reportage über die Hungerspiele des letzten Jahres und dessen Highlights. So war Amina gezwungen sich die sterbenden Tribute und das Blutbad am Füllhorn anzusehen. Dabei lief es ihr kalt den Rücken runter. Siegerin des letzten Jahres war Annie Cresta. Sie kam sogar aus Distrikt 4 und Amina sah zufällig, dass Finnick die junge Annie am Ende der Hungerspiele auf dem Bildschirm länger ansah als nötig. Er kannte sie schließlich und war mit ihm zusammen. Ihm standen gefühlt alle Frauen des Kapitols zur Verfügung, doch er hatte sich für das verrückte Mädchen aus der eigenen Heimat entschieden. Amina glaubte immer noch nicht, dass sie es bis zum Sieg schaffen könnte. Nach einer Stunde verabschiedete sie sich schließlich von den anderen und ging schlafen, denn morgen war schon die Wagenparade, bei der die Sponsoren erstmals die Tribute sehen würden.


Fear of Death | Hunger Games ffWhere stories live. Discover now