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sing to me, i am not doing well,getting tired of my own wordssing to me 'cause i can't hear myself,through the loudness of my own hurts- vorgeschlagen von @Knermes

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sing to me, i am not doing well,
getting tired of my own words
sing to me 'cause i can't hear myself,
through the loudness of my own hurts
- vorgeschlagen von @Knermes

WÄHREND Hanna und Lana sich um Valentina kümmern, bin ich damit beauftragt worden, nach Livi zu suchen, um ihr zu sagen, dass wir bald abhauen wollen.

Bevor ich gegangen bin, habe ich mit Lanas rostrotem Lippenstift meine Nummer auf einen Bierdeckel gekritzelt und diesen dann Jascha in die Hand gedrückt. Ich weiß nicht, ob er sich melden wird. Aber ich hoffe es.

Ich finde Livi vor dem Club, etwas weiter abseits, neben einer kleinen Baustelle. Sie lehnt an einer der vier Absperrungen, hat eine Zigarette in der Hand und scheint auf jemanden zu warten.

»Seit wann rauchst du?«, frage ich sie direkt, noch bevor ich überhaupt vor ihr stehe.

Angestrengt versuche ich mein laut klopfendes Herz zu ignorieren. Ich muss automatisch an unsere Zeit in Australien denken, wann immer ich Livi sehe.

Ruckartig dreht sie sich zu mir um. Sie mustert mich einen Moment lang angestrengt, dann zuckt sie mit den Schultern. »Ich wollte es einfach mal ausprobieren.«

»Du wolltest es nie ausprobieren«, erinnere ich sie.

Ich muss an unsere gemeinsame Kindergartenzeit denken. Meistens haben zwei Betreuer auf unsere Gruppe aufgepasst. Marcel und Roswita. Marcel hat sich manchmal davongeschlichen, um auf dem Außenspielgelände eine zu rauchen. Livi konnte ihn deshalb nicht leiden.

Dann, ein paar Jahre später, waren wir zusammen in der siebten Klasse. Es war Juni, verdammt warm und eine Woche vor den Sommerferien, als Joshua aus der Parallelklasse eine Schachtel Zigaretten rausgeholt und von Livi dafür einen Schlag in die Magengrube kassiert hat. Sie war ein selbstbewusstes Kind. Davon ist jetzt nicht mehr viel übrig.

»Weißt du noch, als du mir davon abgeraten hast, ein Eis mit Jan Hollemann essen zu gehen, weil er ein Raucher war?«, sage ich, weil Livi mir noch immer nicht geantwortet hat. Stattdessen zieht sie an der Zigarette, die daraufhin in hässlichem Orange glimmt.

»Du tust so, als würde die Welt davon untergehen«, entgegnet sie nach einer Weile.

»Deine Welt ist immer untergegangen, wenn es ums Rauchen ging«, merke ich an. »Was hat sich verändert?«

Sie zögert einen Moment lang. »Ich«, sagt sie dann. »Ich habe mich verändert.«

»Ist es wegen Yannik?« Stille. Und diese Stille ist eigentlich schon Antwort genug. »Mann, Livi -«

»Kannst du es nicht einfach akzeptieren und mich mit dem Thema in Ruhe lassen?«, unterbricht sie mich forsch. Sie wirft ihre Zigarette auf den Boden und tritt sie mit der Sohle ihrer Turnschuhe aus.

Die Kippe glimmt noch eine Weile geistesgegenwärtig vor sich hin, doch es dauert nicht lange und ihr Licht erlischt, als wäre sie ein Lebewesen, und gerade wirklich gestorben. Ironisch. Und komisch, dabei zuzusehen, wie das Ding, das täglich Leben nimmt, nun selbst armselig stirbt.

»Ich bin mir sicher, du gefällst ihm auch, wenn du nicht rauchst«, starte ich einen letzten Versuch.

Livi macht eine abwinkende Handbewegung. »Du verstehst das nicht.«

»Stimmt«, entgegne ich. »Ich verstehe das wirklich nicht. Du hast nicht nur ein schönes Gesicht, sondern auch einen schönen Charakter und Yannik ist weder blind noch dumm. Du hast es überhaupt nicht nötig, dich für ihn zu verdrehen.«

Stur schaut sie auf den staubigen Asphaltboden, der wegen der Baustelle überwiegend mit Dreck bedeckt ist. »Wolltest du irgendetwas bestimmtes von mir, oder bist du nur gekommen, um mir vorzuschreiben, wie ich mein Leben zu leben habe?«

Wow. Livi hat sich tatsächlich verändert. Ich wollte nur nett sein. Kein Grund, mich so anzumachen.

»Valle geht es nicht gut. Wir gehen nach Hause«, sage ich vor den Kopf gestoßen und mache auf dem Absatz kehrt.

Im Treppenhaus des Clubs sehe ich ihn dann: Yannik lehnt an der Wand, eine Zigarette steckt wie immer hinter seinem Ohr und er hält ein Bier in der Hand, während er auf seinem Handy herum tippt. Und auf einmal sehe ich rot. Er wirkt so seelenruhig, so selbstsicher, als wäre er nicht gerade drauf und dran ein unschuldiges Mädchen mit in seinen Abgrund zu ziehen.

Zielsicher gehe ich auf ihn zu, bevor ich es mir noch einmal anders überlegen kann.

»Hey!« Ich packe ihn grob an der Schulter. Doch sobald er zu mir aufsieht und seine leuchtenden Augen auf meine treffen, scheint all mein Mut verflogen zu sein.

Weil ich ihn seit einiger Zeit nur wortlos anstarre, mustert er mich inzwischen mindestens genauso eindringlich und wirkt dabei sehr ungeduldig. »Kann man dir helfen?«

»Lass Livi in Ruhe«, komme ich direkt zur Sache, sobald ich mich wieder gefangen habe. Die Zigarette hinter seinem Ohr beweist einmal mehr, dass ich das richtige tue.

Seine Miene verändert sich, wenn auch nur für eine Millisekunde, von genervt zu überrascht, doch das versteckt er ganz schnell wieder.

»Wieso sollte ich das tun?« Er holt die Zigarette hinter seinem Ohr hervor, steckt sie sich zwischen die Lippen und zündet sie an.

»Genau deshalb!«, sage ich und deute auf die Kippe in seinem Mund. »Livi raucht nicht. Sie hat noch nie geraucht, nichtmal gezogen. Du bringst sie auf die schiefe Bahn!«

Yannik zuckt mit den Schultern. »Findest du nicht, du solltest es Livi überlassen, mit wem sie rumhängt und mit wem nicht?«

Ich stemme die Hände in die Hüften. »Als gute Freundin ist es meine Pflicht, sie von dummen Ideen abzuhalten, wenn sie zu verstrahlt ist, um klar denken zu können. Sie würde das Gleiche auch für mich tun.« Ich mache eine bedeutende Pause. »Und du bist definitiv eine ganz, ganz dumme Idee.«

»Du kannst deine Meinung aber nicht jedem aufzwingen, der dir über den Weg läuft, nicht-Soraya. Und das was du in deinem kleinen, hübschen Köpfchen denkst, ist auch nicht immer richtig.« Er tippt mir mit dem Zeigefinger auf die Nase, dann schlendert er an mir vorbei, in Richtung Hof.

»Halt dich einfach von ihr fern«, rufe ich ihm nach und versuche zu ignorieren, dass er mich schon wieder mit meinem vollen Vornamen angesprochen hat. »Sie ist zu gut für dich.«

Noch im Gehen hebt er die Hand und ohne sich zu mir umzudrehen, hält er seinen Mittelfinger in die Höhe.

Ich schnaube verächtlich. »Arschloch!«

Wir gegen das ChamäleonWhere stories live. Discover now