Träume der Angst

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Wie soll man leben wenn die Seele bereits tot ist? Wie soll man ohne Hoffnung die Zeit bis zur Rettung überstehen? Zu Leben ohne etwas zu wollen oder zu wissen was mit einem passiert, ist es das wert? Kann man das überhaupt noch Leben nennen? Gefesselt im Matsch liegen. Ist das Leben? Wie konnte es soweit kommen?

Blut ... die matschige Pfütze in der ich lag war Blut. Eine einzelne Frage flog mir durch den Kopf. War es mein Blut? Ich fühlte keine Schmerzen, die auf eine blutende Wunde hin gewiesen hätten. "Es tut mir leid", flüsterte er. Ich bewegte mich nicht. In meinen Augen war ich schon tot. Es war nur eine Frage der Zeit bis mein Körper es auch begriff. "Mea dulcis", raunte er. "Wie kannst du es wagen!", schrie ich. Wie konnte er? Nach all der Zeit. Nach allem was passiert ist, was er mir angetan hatte. Wie konnte er? Keuchend versuchte ich mich auf zusetzten. Vergebens. "Ich helfe dir", murmelte er. Sanft berührte er mich, Erinnerungen die ich tief in meinem Gedächtnis vergraben hatte flammten auf. Ich zuckte zusammen als er meine Fesseln löste. Unfähig mich zu bewegen, lag ich immer noch im Matsch. Er hob mich hoch und setzte mich auf einen Stuhl. "Ich muss dir einiges erklären", knurrte er, "nein, sag nichts." Ich blickte starr geradeaus. Eine Erklärung. Vor ewiger Zeit hatte ich eine gewollt, doch jetzt. Jetzt war es zu spät. "In der Nacht vor dem Angriff der Bestien wollte ich dir etwas zeigen. Nichts grosses, nur eine kleine Sache. In der Nacht wollte ich dir den hier geben. Doch du hast allen bekannt gegeben, dass du und dieser eckel erregende Liam heiraten werdet. Ich liess dich nicht absichtlich alleine. Was hättest du den anderes gemacht wenn deine einzige Freundin einen anderen nimmt und deine ganze Familie einen Tag darauf vernichtet ist?", seine Stimme zitterte kaum vernehmlich. Er warf den Ring vor meine Füsse. "Sie waren auch meine Familie", schluchzte ich. Seine Kapuze rutschte ein Stück nach hinten. Es reichte aber um einen Blick auf seine Augen zu erhaschen. Seine einst so grünen und vor leben sprühenden Augen waren leer und ausdruckslos. "Du warst aber nicht allein, du hattest diesen Liam!", schnauzte er. Das war nicht wahr, ich war genau so alleine wie er. Ich blickte auf meine Füsse: "Das stimmt nicht ... du warst nicht alleine. Du hattest mich und das wird auch immer so bleiben!"

Ich schlug die Augen auf, und versuchte mich zu bewegen. War es ein Traum?

Schmerzen in körperlicher Form waren zu ertragen. Schmerzen in psychischer Form unerträglich. Eines werde ich vergessen können das andere wird mich auf ewig verfolgen. Und wir wissen alle welches der Beiden es ist.

Des Rächers letztes OpferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt