18. Kapitel

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Emma

Mein Herz raste als ich die Flasche fallen ließ und anfing, mir meine Klamotten vom Körper zu reißen. Mir viel in meiner Wut nicht auf, wie einfach ich den Pulli dabei zerriss. Ich merkte, wie meine Beine sich immer schneller bewegten und meine Finger länger wurden, sich krümmten und zu Krallen wurden. Das Pulsieren in meinem Kopf verdrängte nur wenig die Gedanken, die meinen Puls steigen ließen. Die Traurigkeit hatte sich in Keylens Zimmer in Wut verwandelt, die in meiner Einsamkeit nur größer zu werden schien. Mit einem Aufschrei fiel ich nach vorne und landete auf vier Beinen. Verwandeln tat noch immer höllisch weh, aber es ging jedes Mal ein wenig leichter. Ein Knurren stieg in meiner Kehle auf, als ich zwischen den Bäumen verschwand. 

In diesem Tempo würde ich schnell aus der Reichweite des Hauses kommen, was mich aber nicht daran hinderte, mit einem Satz über einen Bach zu springen. Bisher war ich nie weiter als bis ans Ufer gelaufen, da ich wusste, dass Keylen mich hier noch wittern konnte. In meiner Wolfs Gestallt waren meine Gefühle jedoch um einiges intensiver und der Drang von hier weg zu kommen wurde stärker.

 Meine Wölfin vermisste ihren Gefährten, ich den Mann. Seine Zurückweisung verletzte uns beide so unerwartet, dass es sich so anfühlte, als hätte uns jemand mit Wucht auf die Brust geschlagen. Ich verlangsamte das Tempo zu einem Traben und blieb hechelnd unter einer Eiche stehen. Der Boden war von Blättern begraben, die Temperatur so tief im Wald um einiges kühler. In dem Versuch Keylen aus seiner Frustration zu bringen hatte ich kaum bemerkt, wie sich die Welt außerhalb des Hauses verändert hatte. 

Nach unserem Abend vor einer Woche hatte ich gedacht, dass wir weiter gekommen wären, aber ich hatte das Gefühl wieder zehn Schritte zurückgegangen zu sein. Er hatte sich jeden Tag mehr geöffnet, von sich aus aus der Vergangenheit erzählt. Dann kam dieser Anruf und es war so, als hätte er alle Mauern wieder aufgerichtet. Den Versuch das alles zu verbergen hatte ihn immer leiser werden lassen, bis wir kaum noch miteinander sprachen. Wir schliefen noch in einem Bett, aber ich wusste auch, dass er kaum schlief. 

Tagsüber verschanzte er sich mit Akten in seinem Büro, manchmal verschwand er für einige Stunden. Was ich nicht verstand war der Funken Wut in seinen dunklen Augen, den er vor mir zu verbergen versuchte. Was hatte er herausgefunden? Was machte er in den Stunden, in denen mir niemand erzählen wollte, wo er ist? Warum redete er nicht mit mir und bringt mich so in diese Situation? Ständig fragend, was ich falsch gemacht habe, ob ich was falsches gesagt habe. Ich war nie jemand gewesen, der sich für alles die Schuld gab, wenn jemand komisch zu mir war. Ich legte viel auf Ehrlichkeit und hatte das Prinzip von schweigender Wut nie verstanden. Schweigen bringt Frustration und Frustration macht alles schlimmer, was man alles verhindern hätte können. In meinen Gedanken vertieft bemerkte ich nicht den fremden Geruch, der sich im Schatten der Bäume auf mich zu bewegte.

Das Fell in meinem Nacken richtete sich auf, als meine Wölfin sich versteifte und die Schnauze in die Luft hielt, aber es war zu spät. Zu langsam registrierte ich die Bewegung in meinem rechten Blickfeld, bevor der Wald vor mir verschwamm und ich in mir zusammensackte, den Geruch von Gefahr in der Nase...



Keylen

„Sie ist viel zu tief in den Wald gelaufen", sagte Damien in meinen Gedanken, als wir in Kreisen versuchten, Emmas Geruch zu wittern,„ So weit ist sie bisher auch noch nie vom Haus weg gelaufen, das passt nicht zu ihr". Wir hatten ihre Fährte vor einiger Zeit verloren und langsam stieg in mir ein ungutes Gefühl auf. Nachdem sie im Wald verschwunden war und mir ihre Worte in den Verstand sickerten, hatte ich Damien die Führung überlassen. Er lief ihrer Fährte bis zu einer Lichtung nach, auf der ihr Geruch am stärksten war. Sie dort nicht auffindend fing er an, die Umgebung abzulaufen. 

„ Wenn du dich nicht so kalt verhalten hättest, müssten wir sie nicht in einem Wald suchen", dachte Damien sauer. In den letzten Tagen hatte er sowas öfters in meinen Kopf geknurrt. Als ich versuchte alles unter Kontrolle zu bringen, hatte er seine Wölfin vermisst und mir immer wieder seine Meinung gesagt. Das Murren in meinem Kopf ignorierend ackerte ich mich durch die Haufen Informationen, die Alex und ich auftreiben konnten. Verbissen hatte ich versucht Emma aus dem Ganzen herauszuhalten. Emma betrachtend hatte ich nach dem Telefonat den steigenden Drang gehabt alles zu beschützen, was dort unschuldig neben mir im Bett lag. Ich hatte bemerkt, wie sie mein Verhalten verletzte und sie jeden Tag stiller wurde. Der traurige Ausdruck in ihren Augen ließ mich zusammenzucken, sobald sie aus dem Zimmer verschwand. Keinen anderen Weg sehend vertiefte ich mich immer mehr in der Suche nach den Rogues.

 Vor einigen Tagen sind Alex und ich auf etwas gestoßen, was ein Knurren in meiner Kehle hervorbrachte. Wir hatten den Namen Erikson verfolgt und sind auf eine Adresse gestoßen, die außerhalb der Stadt lag. Jeden Tag verschwand ich mit einigen Wölfen meines Rudels und beobachteten das Gebäude, das wir abseits eines Weges gefunden hatten. Das Gebäude würde früher als eine Fischfabrik genutzt und der Geruch lag noch nach Jahren in der Luft. Das machte das Auskundschaften schwieriger, aber nicht unmöglich. Bewaffnet und mit gefälschten Pässen hatten wir uns genähert, aber niemanden gewittert. Einer der Jungs hatte einige Jahre in der Armee verbracht und wusste, wie man unbemerkt in ein Gebäude einbrach. Zuerst schien alles unbenutzt und leer zu sein, aber im hinteren Teil der Halle befand sich ein kleiner Raum, die Fenster mit Plakaten beklebt. Die Erinnerung an das, was ich dort fand, ließ die Wut in mir aufsteigen. Die Plakate, die die Fenster verdeckten, waren über und über mit Bildern von Rudelmitgliedern beklebt. Rote Linien ließen erkennen, wer wie zu wem stand. Auf einem Plakat konnte man mich sehen, wie ich mit einem Handy am Ohr in meinen Wagen stieg, das Foto bestimmt einige Jahre alt. Ich verfolgte die Linien bis zu einem Bild, das meinen Puls steigen ließ. Emma stand mit ihrem Bruder vor einem Haus, zwei ältere Wölfe hinter ihnen, die Hände auf die Schultern der Geschwister gelegt. Eine Linie ging zurück zu meinem Bild. Neben den Fotos standen kaum lesbare Informationen, die jemand gehetzt hingeschrieben hatte. Alex und die anderen hatten alles von den Wänden genommen, während ich versuchte zu verstehen, was das alles zu bedeuten hatte. Das alles verstärkte meine Meinung nur noch mehr, Emma zu beschützen.

„Keylen, hier stimmt was nicht...", holte mich Damien wieder in die Gegenwart zurück, „Ihre Spur hört hier auf, als wäre sie in Luft aufgegangen". Er ließ mich wieder Kontrollen haben und ich verwandelte mich zurück, den Kopf in den Nacken gelegt, „Was ist das für ein Geruch?". Ich drehte mich im Kreis und ließ meine Augen über den Boden gleiten. „Dort", sagte Damien. Mit schnellen Schritten stand ich unter Eiche und hockte mich hin,auf den Blutfleck fokussiert. Ein tiefes Luftholen sagte mir das, was ich wissen musste und mein ganzer Körper versteifte sich.

„Das ist Emmas Blut", brachte ich leise hervor.


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Ein Jahr lang nichts Neues vor mir, shame on me. An alle, die in der Zeit trotzdem fleißig gelesen und kommentiert haben, danke! Auch wenn ich nicht sofort antworte, ich sehe jeden Kommentar ;)  xx Michelle       

Soul SavingWhere stories live. Discover now