Fawkes.

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Meine Lungen brannten. Ich rannte und rannte, ohne ein wirkliches Ziel vor Augen zu haben. Aber ich musste weg. Weg von Hogwarts, weg von Sidney... Beim bloßen Gedanken an sie versetzte mein Herz mir einen Stich. Sie dachte, ich wäre weg, weil ich sie nicht lieben würde. Weil mir nichts an ihr liegen würde. Und damit irrte sie sich gewaltig. Doch es war nötig gewesen, Sidney von mir fern zu halten, denn solange ihr etwas an mir lag, war sie nicht sicher. Nicht sicher vor Voldemort. Ich hatte es gesehen. Ich konnte durch seine Augen sehen und seine blanke Gier nach Tot und Vergeltung spüren. Sicherlich, Sidney war ihm ein großes Hinderniss, denn ihre magischen Fähigkeiten reichten möglicherweise weit über die seinen hinaus. Doch das was er wirklich wollte, sein wahres Begehren, war schon immer ich gewesen. Denn durch mich erfuhren er und der Rest der Welt, dass er nicht so unbesiegbar war, wie man einst annahm. Solange Sidney bei mir war, waren ihre Chancen viel geringer zu überleben, als wenn sie sich von mir fern hielt. Äste und Blätter peitschten gegen mein Gesicht. Ich wusste nicht, wie lange ich schon lief, doch da mir die Gegend mehr und mehr unbekannt wurde, spürte ich einen Anflug von Panik in mir aufsteigen. Ich war mitten im tiefsten Wald, soviel stand fest. Als ich die dunklen Wolken am Himmel aufziehen sah, wurde meine Laune nicht gerade besser. Ich musste mir etwas zum drunter stellen suchen. Doch weit und breit gab es nichts als Bäume und Gestrüpp, bis...ich erblickte eine Felsmauer, zugewachsen mit Efeu, doch hinter dem wirren Gestrüpp sah ich eine Art Eingang. 
"Lumos.", flüsterte ich und näherte mich vorsichtig der Höhle. Der Raum war nicht wirklich groß, vielleicht ein Achtel vom Gryffindor Gemeinschaftsraum. Doch für die Nacht war es perfekt. In der Höhle war es unbequem und feucht, doch ich beschwerte mich nicht. Ich war weg von Sidney. Sidney. Ihr Name war das Einzige, was mir half, das hier durchzustehen, denn dann wurde mir immer wieder bewusst, wieso ich das alles hier machte. Nach ein paar Stunden hatte ich es endlich geschafft, in einen leichten Schlaf zu fallen, doch schnell ließ mich etwas anderes wieder erwachen. Ich blinzelte. Es war auf einmal ungewohnt hell hier in der Höhle. Ich hielt mir eine Hand vor die Augen und dann erblickte ich sie. Lumi. Aber wie konnten sie hier sein? Wie konnten sie mich finden, wenn ich alleine war? Und dann passierte es. Eines der Lumi schwebte von seinen Artgenossen weg und direkt auf mich zu. Ich hatte keine Angst, vor diesen wunderschönen Wesen konnte man einfach keine Angst haben, doch trotzdem hatte ich Angst davor, was gleich geschehen würde. Und in dem Moment, in dem das Lumi mit einem seiner Beinchen meine Wange berührte, schossen die Bilder durch meinen Kopf. Das Erste was ich sah, war Sidney. Aber es waren keine Bilder, an die ich mich erinnern konnte. Die Bilder zeigten sich wie eine Art Film, bis mir klar war, dass es die Gegenwart war, die ich mir da gerade ansah: 
Sidney lag zusammengerollt auf ihrem Bett im Schlafsaal. Ihre Augen waren rot und aufgequellt und aus ihrem Mund kamen laute, schluchzende Laute. Mir zeriss es mein Herz bei diesem Klang. Hermine legte ihr behutsam eine Hand auf die Schulter. 
"Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Harry das geschrieben hat, Sidney. Das kann einfach nicht sein." Sidney schniefte und hob langsam ihren Kopf. 
"Du hast den Verschwörungszauber ausgeführt. Der Brief ist von Harry. Lass uns nicht so naiv sein und es einfach akzeptieren. Ich werde nie wieder glücklich werden." Sidney schluchzte erneut und vergrub ihren Kopf in ihr Kissen. Hermine saß unbeholfen und verzweifelt neben ihr, auch sie wusste nicht, was sie ihr in solch einer Situation noch aufmunterndes sagen konnte.
Mit einem Mal schlug ich die Augen auf und erblickte wieder die Höhle. Zwar hatten Lumis keine Augen, doch hätten sie welche, dann hätte ich schwören können, dass es mich gerade herausfordernd anstarrte. Ich starrte zurück. 
"Was soll ich jetzt tun?" Fast klang ich wie ein kleines Kind, das nicht wusste, welchen Baustein es als nächstes verwenden sollte. Die Lumi formatierten sich nun wieder zu einer Einheit. In der Art und Weise, wie sie schwebten, sah es fast so aus, als würden sie mich aus der Höhle heraus drängen wollen. "Aber ich kann nicht zu ihr zurück." Nun klang auch meine Stimme etwas weinerlich. "Ich will, dass sie sicher ist." Doch die Lumi ließen sich nicht beirren. Schritt für Schritt drängten sie mich immer weiter zum Eingang. War es falsch, was ich getan hatte? Nun ist Sidney zwar sicher aber unglücklich. Ich wusste nicht, ob ich mehr meinem Herzen oder meinem Verstand folgen sollte.
Rums. Ein Lumi war mir mit voller Wucht gegen den Kopf geflogen, anscheinend wurde es ungeduldig. Sie mussten es ja wissen. Als ich aus der Höhle heraustrat, regnete es in Strömen. Das Grollen des Donners und der immer wieder aufzuckende Blitz tosten über dem Himmel. Ich wollte die Lumis ärgerlich ansehen, doch als ich wieder zum Eingang der Höhle blickte, waren sie verschwunden. Was nun? Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie es wieder zurück ging. Ich handelte nach meiner Intuition und versuchte mich an einzelnen Bäumen zu orientieren, die ich schon zu sehen geglaubt habe. Nach mehreren Stunden waren meine Klamotten triefend durchnässt und meine Füße immer schwerer. Ich musste mich an den Ästen festhalten, um mich auf den Beinen zu halten. Der Regen prasselte gegen meine Stirn und ich wusste, dass ich mich immer tiefer und tiefer in den Wald hinein verirrt hatte. Erschöpft sank ich zu Boden und lag mit allen vieren von mir gestreckt in matschiger Erde. Aber das war mir egal, ich konnte mich keinen Zentimeter weiter mehr bewegen. Sämtliche Kraft war aus meinen Knochen gewichen. Ich spürte, wie meine Augen zu fielen. Das war es dann. Ich würde in dieser Apokalypsen Nacht an Erfrierungen und Erschöpfung zugrunde gehen. Ich stellte mir mit letzter Kraft Sidneys Gesicht vor meinen Augen vor, denn das war ein schöner letzter Gedanke, dachte ich mir. Auf einmal hörte ich die wunderschönste Melodie, die ich je gehört hatte. Doch ich hatte sie schon einmal gehört. Sie wurde lauter, und deutlicher, nun war sie in unmittelbarer Nähe von mir. Ohne, dass ich es kontrollieren konnte, gab sie mir Kraft und Hoffnung. Doch ich war zu schwach, um aufzublicken, woher die wunderschöne Melodie kam. Auf einmal spürte ich wie mich etwas fest am Rücken packte und es fühlte sich an, als würde ich schweben. Fawkes.

Plötzlich in Hogwarts - Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt