Der Weihnachtsball

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"Wie geht es Ihnen?", fragte Dumbledore. Es war ein Freitag Abend. Ich saß in seinem Büro gegenüber von seinem Schreibtisch. Im Raum war es still, bis auf unsere Stimmen und das Ticken einer Wanduhr aus einem Teil des Zimmers. "Gut.", sagte eine Stimme, die ich als die meine wahrnahm. "Mir geht es gut." Dumbledore sah mich durchdringend an, als würde er mich scannen. Natürlich wusste er genau, dass etwas nicht stimmte. "Der Unterricht macht Fortschritte, wie ich gehört habe. Die Lehrer kommen gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus." Er strich geistesabwesend durch seinen Bart. War ich die Einzige, die etwas zu verbergen hatte? "Wie gesagt, alles ist gut. Weswegen haben Sie mich heute herbestellt?", fragte ich und bemühte mich, meinen Tonfall möglichst neutral klingen zu lassen. "Harry war gestern bei mir.", sagte Dumbledore. Ich spürte, wie sich sämtliche Muskeln und Fasern meines Körpers anspannten. Harry hat doch nicht ernsthaft mit Dumbledore über uns gesprochen? Ich schluckte. "Es ging um seine Narbe.", sagte Dumbledore mit schwerem Tonfall. Zuerst entspannte sich mein Körper kaummerklich, doch dieser Zustand hielt nur für wenige Augenblicke an, ehe mir bewusst wurde, dass dies etwas viel schlimmeres bedeutete als mein Liebesleben. "Um...um was ging es, Sir?", fragte ich vorsichtig, doch die Nervosität in meiner Stimme lies sich kaum verbergen. Dumbledore atmete schwer ein. "Seine Narbe schmerzt in letzter Zeit immer mehr." In letzter Zeit? Wieso hatte er mir davon nichts erzählt? "Harry spürt, dass Voldemort wütend ist. Aufgebracht. Höchst besorgt." Ich schluckte schwer. "Wegen...wegen was?" Dumbledore antwortete zuerst nicht, dann sagte er: "Ich kann dir nichts mit absoluter Sicherheit sagen, Sidney. Aber Harry hat in einem Traum von Voldemort dein Gesicht gesehen, und empfand dabei Voldemorts Argwohn." "Er hat es herausgefunden?", platzte es aus mir heraus. "Nichts ist gewiss, Sidney. Nichts. Möglicherweise hat Harry auch nur parallel von dir geträumt. Das Gebiet der Okklumentik ist noch weitgehend unerforscht." Ich versuchte mich etwas zu beruhigen und nicht auf mein wild pochendes Herz zu achten. "Was bedeutet das nun?", fragte ich. "Bevor wir nichts mit Gewissheit sagen können, gar nichts. Ich werde mir darüber meine Gedanken machen. Nur empfand ich es als dein schlichtes Recht, Bescheid zu wissen." "Danke, Sir. Das weiß ich sehr zu schätzen." Dumbledore erhob sich. "Nun genug mit den Sorgen eines alten Mannes. Es ist spät und ich werde Sie nun schlafen lassen. Schließlich ist morgen der Weihnachtsball." Ich sah betreten auf den Boden. "Nun, das war nicht die Reaktion, die ich bei einem jungen Mädchen auf einen Weihnachtsball erwartet hätte. Auch Mr Potter schien mir gestern nicht bei bester Laune." Ich sah Dumbledore betreten in die Augen. "Nun, manchmal muss eben getan was getan werden muss." "Dafür ist, denke ich wenn man erwachsen ist noch genug Zeit. In der Jugend sollte man vorallem seinem Herzen folgen. Aber was weiß ich schon.", lächelte mich Dumbledore an. Beim Hinausgehen schüttelte ich mit einem leichten Lächeln den Kopf. Der Mann war genial, soviel stand fest. 

"Du siehst wunderschön aus.", flüsterte Hermine, als sie gerade meinen Schlafsaal betrat. Ich stand vor einem Spiegel und kämmte mir zum geschätzten hundertsten Mal meine Haare. Ich sah mich genauer an. Mein Kleid war schulterfrei. Der obere Teil war mit Strass besetzt und ging bis zur Taille. Anschließend fiel es mir in weißem Tüll herunter. Meine Haare hatte ich offen gelassen und mit einzelnen Locken verziert. Hermine hatte Recht. "Nur dein Gesichtsausdruck passt nicht dazu.", stellte sie fest. Wieder hatte sie recht. Das Mädchen in dem Spiegel strahlte mich nicht etwa an. Sie schaute sich mit leerem Gesichtsausdruck an. "Ist es wirklich das, was du willst?", fragte Hermine vorsichtig. Ich zwang mich zu einem Lächeln. "Ja, natürlich.", meine Stimme klang mir fremd. "Lass uns gehen, wir sind ohnehin schon zu spät dran." Wir waren gerade im Gemeinschaftsraum angekommen, als mir auffiel, dass ich doch noch andere Schuhe anziehen wollte, ebenfalls mit Strass. In Wahrheit wollte ich mich nocheinmal kurz sammeln, um den Abend gut zu überstehen. Hermine lief schoneinmal eiligst zu Ernie, der sie bereits erwartete. Sie lies Ron zukommen, dass ich bald eintreffen würde. 

Harry's Sicht
Ich stand versteckt in einem hinteren Teil der großen Halle. Sie war atemberaubend geschmückt worden. Die Musik klang durch den gesammten Saal, wo sich aufgeregte Pärchen einfanden. Ich hatte mir keine andere Partnerin besorgt. Ich wollte nur Sidney und niemand anderen. Ich war nicht hier, um ihr diesen Abend zu verderben, im Gegenteil, ich wollte nichteinmal, dass sie mich überhaupt sah. Ich wollte mich nur davon überzeugen, dass sie an diesem Abend Spaß hatte, damit ich mich ein bisschen besser fühlen konnte. Etwas Abseits von mir erblickte ich Hermine und Ernie, die sich beide strahlend unterhielten. Sie gaben ein gutes Paar ab. Daneben stand etwas unbeholfen Ron, der Ausschau nach Sidney hielt. Wo war sie? Zwar hatte ich versucht, Ron nicht merken zu lassen, wie sehr ich seinetwegen verletzt war, doch trotzdem war die Stimmung seltsam zwischen uns. Wir gingen plötzlich betont höflich und distanziert miteinander um. Die Musik fing gerade ein neues Lied an, als ich sie erblickte. Sie stand oben auf den Stufen, und blickte sich suchend in der Halle um. Sie sah atemberaubend schön aus. Mein Herz klopfte wie wild, setzte jedoch kurz aus, als ich bemerkte, dass sie nicht meinetwegen hier war. Und das völlig zurecht. Als sie Ron und Hermine entdeckte, ging sie zu ihnen. Im Herzen folgte ich ihr. 

Sidney's Sicht
"Wow!", sagte Ron etwas zu laut. Ich lächelte verlegen. "Ähm...danke. Ebenfalls." Leider war das gelogen. Ron hatte einen mittelalterlich aussehenden Festumhang an, der schon franste. Wir standen etwas unbeholfen da und ich versuchte, unauffällig nach Harry Ausschau zu halten. Ron fing meinen Blick auf und beäugte mich misstrauisch. "Ähm...möchtest du vielleicht etwas trinken? Oder tanzen?" "Tanzen klingt gut.", sagte ich, denn dabei konnte ich mich ein wenig ablenken. Ron war ein fürchterlicher Tänzer, auch wenn man merkte, dass er sich ungeheure Mühe gab. "Tut mir Leid...", stotterte er immer wieder wehmütig, wenn er mir versehentlich auf den Fuß trat. Ich lächelte ihn matt an und wir tanzten weiter. "Schön dekoriert, oder?", fragte Ron, um das Schweigen zu brechen. Er gab sich wirklich alle Mühe, um den Abend gut zu gestalten und meine Schuldgefühle wurden immer größer. "Mhm." Wieder lächelte ich matt. Auf einmal nahm Ron einen tiefen Luftzug. "Was machen wir uns denn vor, Sidney?" Ich sah ihm erschrocken in die Augen. "Ich...ich weiß nicht, was du meinst." Du bist so eine verdammt schlechte Lügnerin. "Wenn wir ehrlich zu einander sind, wissen wir doch beide, dass du viel lieber mit Harry gehen würdest." Sein Tonfall klang nicht etwas beleidigt, vielmehr vernünftig. "Ron...nein, nein, das...", doch er unterbrach mich: "Komm schon Sidney. Meinst du nicht, ich würde nicht bemerken, wie du ihn schon den ganzen Abend lang suchst? Oder ob ich die letzten Wochen nicht gemerkt habe, dass da irgendetwas zwischen euch ist? Ich war dumm, mir einzureden, ich würde mich irren. Damit würde auch ich nicht glücklich werden. Und ich will nun mal nicht der Typ sein, der sich zwischen die Liebe zweier Menschen stellt. Das bin ich nicht. Es ist schwer, aber manchmal muss man eben das Richtige run." Er lies meine Arme los und wir hörten auf zu tanzen. Ich starrte ihn fassungslos an. War das da eben aus Rons Mund gekommen? "Ist schon gut Sidney, wirklich. Aber anstatt hier rumzustehen und versuchen, mir irgendwelche tröstenden Worte zu sagen, solltest du lieber bei Harry sein." "Ron...du bist wer ganz Besonderes, vergiss das nie." Ich legte ihm meine Hand auf seine Wange. "Ich weiß, die Mädels liegen mir zu Füßen.", sagte er ironisch aber mit einem kleinen Anflug eines Lächelns. "Jetzt geh!", sagte er. Ich lief die große Halle entlang, meine Blicke suchten Harry. "Sidney!", rief Hermine, ihre Backen glühten vor Aufregung. "Wo ist Harry?", fragte ich sie drängend. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein zufriedenes Lächeln aus. "Er wollte frische Luft schnappen. Dort entlang."Sie zeigte auf den Ausgang zum Wintergarten. Sofort lief ich wieder los. "Viel Glück!", hörte ich sie noch hinter mir her rufen. Der Wintergarten war mit vielen Lichtern geschmückt. Er sah Märchenhaft aus. Nur ein paar Pärchen standen dort herum. Und ganz hinten... "Harry!", rief ich erleichtert. Überrascht drehte er sich um. "Sidney...was machst du...du solltest bei Ron sein. Er wartet sicher schon auf dich." Seine Stimme kämpfte gegen seinen Verstand, während es langsam anfing zu schneien. Ich schüttelte den Kopf und konnte das Lächeln nicht mehr wegbekommen, denn die pure Glücksseeligkeit durchströmte mich, als ich ihn so sah. Langsam näherte ich mich ihm. Wir standen uns nun direkt gegenüber. Meine Augen sahen in die seinen, als ich vorsichtig meine Hände an sein Gesicht legte. Unsere Lippen waren Zentimeter voneinander entfernt, als ich ihm schließlich einen flüchtigen Kuss gab. "Ich bin genau da, wo ich jetzt sein sollte.", flüsterte ich. Nun breitete sich ein strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht aus. "Oh Sidney...", sagte er, ehe er mir eine Strähne meiner Haare hinter mein Ohr legte, mein Gesicht in seine Hände nahm und mich leidenschaftlich küsste. 

Plötzlich in Hogwarts - Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt