Freundschaft

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Ich blinzelte, als die Sonne über meine Augen strich. Mein Gesicht lag an Harrys Hals. Auch er schien gerade aufzuwachen und ich sah ihn lächeln, als ich meine Augen aufmachte. Vorsichtig strich ich ihm mit meinem Handrücken über seine Wange. 
"Wie geht es dir?", fragte ich ihn. Er lehnte sein Gesicht gegen meine Hand.
"Nach wie vor blendend." Er drückte mir einen Kuss gegen meine Schläfe.
"Wir haben es geschafft, Sidney. Dank dir." Ich drehte mich auf die Seite, sodass ich ihn direkt ansehen konnte.
"Ohne dich hätte ich das nie hingekriegt. Du warst so unglaublich mutig, dass du mir gefolgt bist. Mutig und dumm. Wer weiß was hätte passieren können..."
"Es ist nichts passiert.", unterbrach mich Harry. "Dir zu folgen war jedes Risiko wert.", fügte er hinzu und für einen Moment taten wir nichts als uns in die Augen zu schauen. Jäh wurde dieser Moment unterbrochen, als Madam Pomfrey herein eilte.
"Gut, sie sind wach.", meinte sie mit ihrer üblichen, forschen Art. 
"Ich bringe Ihnen Ihr Frühstück gleich zu Ihnen. Danach sind Sie entlassen, wenn Sie über keinerlei Beschwerden klagen sollten. Professor Dumbledore erwartet Sie bereits in seinem Büro." Harry und ich tauschten vielsagende Blicke aus. Wir hatten keine Ahnung, was uns bei dem Gespräch mit Dumbledore erwarten würde. Das Frühstück war köstlich, ich hatte gar nicht bemerkt, wie viel Hunger ich hatte. Bei den letzten Bissen spürte ich, wie Harry und ich plötzlich extrem langsam und bedacht aßen. Ich wusste, dass wir beide die Zeit im Krankenflügel hinaus zögern wollten. Als schließlich jedoch auch die letzten Krümel beseitigt waren, konnten wir den Moment nicht länger aufschieben. 
"Komm, bringen wir es hinter uns.", sagte Harry und stieg aus dem Bett. Ich protestierte mit ein bisschen Murren,  stand dann aber schließlich doch auf. 
Die Gänge waren weit gehend leer, da die meisten Schüler gerade Unterricht hatten. Ich war unbeschreiblich froh darüber, denn neugierige Blicke oder Fragen waren gerade das Letzte, was wir jetzt gebrauchen konnten. Vor dem goldenen Adler vor Dumbledores Büro blieben wir stehen.
"Kennst du das Passwort?", fragte ich Harry. Er schüttelte den Kopf und sah mich ratlos an.  Ich dachte nach. 
"Portschlüssel.", meinte ich. Das schoss mir gerade durch den Kopf, umso überraschter war ich, als der Adler sich zur Seite drehte. Harry stoß einen Pfiff aus.
"Wie ein sechser im Lotto...", murmelte er.
"Herein.", ertönte eine ruhige Stimme aus Dumbledores Büro, als Harry an der robusten Holztüre klopfte. Noch einmal warfen wir uns einen unsicheren Blick zu, ehe wir beide eintraten. Dumbledore saß an seinem Schreibtisch mit einem ungewöhnlich hohen Papierstapel auf seinem Tisch. Er bemerkte meinen Blick und erwiderte: "Gegen Schuljahresende wird die Schreibtischarbeit immer etwas lästig. Aber halb so wild, wie es aussieht." Er klang vergnügt und heiter, deswegen wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte. 
"Lakritze?", fragte er uns und verwies auf eine Schale auf seinem Tisch. Da die Lakritze mich anzischte, ließ ich lieber meine Finger davon. Dumbledore gab uns zu verstehen, dass wir uns setzen durften. Erst sah er uns beiden in die Augen, ehe er  zu reden begann. 
"Eigentlich, müsste ich euch beiden eine gehörige Anzahl an Punkten abziehen." Harry und ich sahen betreten zu Boden.
"Aber die Aufzählung eurer Regelverstoße werde ich euch ersparen, das bringt uns ohnehin nicht weiter. Ihr beide habt in der vergangenen Nacht furchtbares erlebt. Furchtbares, dass ich euch gerne ersparrt hätte. Was ihr getan habt, war ehrenhaft und mutig." Er richtete sich etwas auf und sah uns nun direkt an.
"Ich werde euch nichts vormachen. Voldemort ist nach wie vor, irgendwo dort draußen und wird Pläne schmieden, euch zu töten. Aber solange ihr hier in Hogwarts seid, werde ich alles erdenklich mögliche in meiner Macht stehende tun, um das zu verhindern." 
"Wir werden Ihnen dabei helfen, Sir.", ergriff nun Harry das Wort. "Was es auch kostet, wir werden Voldemort zur Strecke bringen, bis niemandem mehr Gefahr drohen wird." Ich nickte zustimmend, ich wusste nicht, was ich dazu noch hätte ergänzen können. Auf Dumbledores Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. 
"Zwei wahre Gryffindors. Aber ihr müsst mir eine Sache versprechen, und ich befürchte, dass ich euch nicht eher gehen lassen kann, bevor ihr mir nicht euer Wort gegeben habt. Keine allein Gänge mehr. Was es auch ist, hier geht es um eine Sache, die zwei minderjährige Zauberer alleine nicht bewältigen können, ohne dabei heil heraus zu kommen, seien sie noch so mutig und begabt. Wenn ihr etwas über Voldemort erfahrt, scheint es auch noch so unbedeutend, kommt ihr auf der Stelle zu mir, habt ihr das verstanden?"
"Klar und deutlich, Sir. Sie können sich auf uns verlassen.", sagte ich. Es war beruhigend zu wissen, dass man einen mächtigen Zauberer wie Dumbledore auf seiner Seite hatte. Dumbledores Gesichtszüge schienen sich etwas zu entspannen. 
"Gut. Natürlich wird das auf Gegenseitigkeit beruhen. Ein weiterer Punkt, den ich mit euch besprechen wollte, ist die Verbreitung der Ereignisse, die ihr durchlebt habt. Da es ein Geheimnis bleiben soll, ist es nur selbstverständlich, dass es bereits die ganze Schule weiß." Er zwinkerte uns zu. "Aber ich halte es für ratsam, den neugierigen Fragen der anderen möglichst auszuweichen. Zu viele Beteiligte sind nie gut." Wir nickten verständnisvoll. 
Eine viertel Stunde später verließen Harry und ich Dumbledores Büro. Wir fühlten uns beide irgendwie...erleichtert. Nach dem Gespräch fühlte es sich an, als wäre eine schwere Last, die schon lange auf uns war, plötzlich verschwunden. Harry ergriff meine Hand.
"Lass uns Ron und Hermine suchen. Zumindest sie haben die Wahrheit verdient." Ich nickte zustimmend und wir machten uns in Richtung Gemeinschaftsraum. Zuerst schien er weitgehend leer, doch dann erlblickte ich am  Fenster zwei Gestalten, die sich tief in den Armen lagen. Harry räusperte sich und besagte Personen sprangen erschrocken auseinander. Als Hermine uns sah, warf sie sich zu erst in Harrys, dann in meine Arme. 
"Wir haben uns solche Sorgen gemacht!", schluchzte sie. Erst jetzt nahm ich die Tränen auf ihrem Gesicht wahr. Ihre Augen waren rot angelaufen, anscheinend heulte sie schon die ganze Nacht. 
"Uns geht es gut.", beruhigte ich sie und streichelte ihren Rücken.
"Uns geht es gut, Hermine, wir haben es geschafft." Sie sah von Harry zu mir und wieder zu Harry, als würde sie mit der Situation nicht ganz klar kommen.
"Wir hätten euch doch geholfen! Die letzten Stunden waren der reinste Horror, und, oh..." 
"Lass die beiden ersteinmal durch atmen, Hermine.", meldete sich nun Ron zu Wort, dessen Stimme zwar ruhig, aber durchaus erleichtert klang. Er schlug mit Harry ein und umarmte mich flüchtig. 
"Wie wär's, wenn ich uns ein paar Sachen aus der Küche hole und ihr uns anschließend alles erzählt?", schlug Ron vor, was wir dankbar annahmen. Ein paar Minuten später saßen wir vier gemeinsam vor dem Kamin und aßen die leckersten Sachen, die die Hauselfen bieten konnten. Anders als gedacht, tat es gut mit Hermine und Ron über die vergangenen Ereignisse zu sprechen. Es war...erleichternd. Wahnsinnig erleichternd. Ich lehnte an Harrys Schultern während er mir durch meine Haare strich als er von der Nacht erzählte. Irgendwann blendete ich die Stimmen aus und sah zu Hermine und Ron hinüber, die unauffällig nebeneinander saßen. Ihre Hände lagen wenige Zentimeter voneinander entfernt, und doch sah es so aus, als würden sie sich berühren wollen. Ich lächelte leicht, als mir die Vorstellung kam. So wie ich dasaß, war es sehr gemütlich und die Wärme, die vom Kamin ausging, ließ mich meine Augen schließen. Ich war hier, in Hogwarts, mit meinen besten Freunden und meinem Freund, den ich über alles liebte. Alles war perfekt. Gerade war es so friedlich, dass ich nicht anders konnte, als in einen langen, wohlverdienten Schlaf zu sinken. 

Plötzlich in Hogwarts - Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt