Ablenkung

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"Ich komm nicht drauf. Was bitte soll mir ein Seiten langer Aufsatz über Mondsteine für mein späteres Leben bringen?", fragte sich Ron, während er mit beiden Händen auf dem Kopf vor einem Berg Papier im Gemeinschaftsraum saß.
"Es geht ums Prinzip, Ron. Man muss ein allumfassendes Wissen besitzen um später einmal wirklich..." So begann eine angeregte Diskussion zwischen Hermine und Ron über den Nutzen des Unterrichts. Früher habe ich mich dasselbe wie er auch oft in Mathe gefragt. Wir vier saßen um den Tisch im Gemeinschaftsraum. Es war schon Abend und das Feuer flackerte rege im Kamin. Harry saß in einem der Sessel. Ich saß am Boden und lehnte mich an seine Knie an, während er Gefallen daran fand, mit meinen Haaren zu spielen. Es war wie eine Szene aus einem lang ersehnten Traum. Kurz musste ich mich kneifen, dass dies auch wirklich kein Traum war. Er war es nicht. Es erschien mir alles so perfekt. Es war nun eine Woche seit dem Ball vergangen. Harry und ich haben nocheinmal mit Ron geredet, um mit ihm ins Reine zu kommen. Er hat sich vorbildlich verhalten. Vielleicht hatte es auch damit zu tun, dass er nun Gefallen an Padma Partil gefunden hatte, zumindest war das mein Verdacht, da er, wenn sie in der Nähe war ihr immer verstohlene Blicke zuwarf und sich aufeinmal ziemlich aufgelehnt verhielt. Aber ich würde es ihm wirklich vergönnen. Hermine dagegen war in dieser Woche gar nicht gut zu sprechen. Anscheinend schien das mit Ernie und ihr kein gutes Ende genommen zu haben, allerdings schien sie nicht darüber sprechen zu wollen. 
"Ich gehe dann mal nach oben.", sagte ich und stand mit der Hilfe von Harrys Hand auf. "Lupin beginnt seinen Unterricht morgen ziemlich früh. Er hat großes vor.", zitierte ich ihn. "Gute Nacht, ich und die Mondsteine werden diese Nacht sicher sehr glücklich werden.", sagte Ron mit leidendem Ton. Hermine warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
"Ich begleite dich noch.", sagte Harry und ich lächelte ihn an. Ja, ich weiß, wir waren noch mitten in der rosaroten Phase und verhielten uns kitschig, aber ich genoss es in vollen Zügen. Vor der Treppe zum Mädchenschlafsaal blieben wir stehen und grinsten uns verstohlen an. Wir wussten, dass die Treppe es niemals zulassen würde, einen Jungen herein zu lassen und Harry eine gnadenlose Falle stellen würde.  
"Das ist dann wohl mein Stichwort.", schmunzelte er.
"Mhh, nur noch ein bisschen.", sagte ich und zog ihn an seinem Pullover näher zu mir. Er schaute mir verschmitzt in die Augen, ehe er sich zu einem langen, leidenschaftlichen Kuss zu mir beugte. Ich vergrub meine Hände in seinen Haaren und versuchte den Augenblick fest zuhalten. 
"Ihr  seid hier nicht die Einzigen im Raum!", kam es scharf von Hermine zurück. Unsere Lippen lagen immer noch aufeinander, doch ich spürte, wie Harry grinste. 
"Gute Nacht.", flüsterte er in mein Ohr, küsste mich auf die Wange und ging wieder zu den anderen. Glücksseelig machte ich mich auf den Weg zu meinem Schlafsaal. Ich nahm mir vor, bald mit Hermine zu reden. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. 
"Gut, du bist da.",  begrüßte Lupin mich enthusiastisch, als ich noch etwas benommen und gähnend in seinem Büro erschien. 
"Mehr oder weniger.", murmelte ich.
"Lass uns gleich anfangen! Tee?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf.
"Nun gut Sidney. Aufgrund von...ähm, neusten Vermutungen, hielten Dumbledore und ich es für das Klügste, wenn wir dir möglichst bald das Apparieren beibringen. Du solltest in der Lage sein....für den Fall, dass..."
"Das ich schnell vor Voldemort verschwinden muss, wenn er mich kriegt.", vollendete ich seinen Satz. Ich wollte realistisch sein.
"Nun ja, so könnte man es auch sagen. Das ist alles natürlich nur rein provisorisch, wir wissen nichts mit Sicherheit." Er klatschte in die Hände. "Hast du den Patronus geübt? Wenn es nicht geklappt hat, dann ist das ganz normal..."
"Ich habe ihn geübt. Es hat geklappt", sagte ich knapp. Vor etwa drei Wochen gab Lupin mir den Patronus als Hausaufgabe. Und ich habe ihn geübt. Allerdings hat es mich damals ein wenig verschreckt, was für ein Tier dabei herauskam. 
"Eine Schlange.", sagte ich auf Lupins fragenden Blick hin. Lupin schürzte die Lippen.
"Ja, ja, das habe ich mir schon gedacht." Ich schaute ihn fragend an. "Haben Sie?" 
"Natürlich, Sidney. Du stammst von einer der mächtigsten Zaubererfamilien der Welt ab. Dass ihr Familienwappen dein Patronus ist, ist ganz natürlich. Das heißt nicht, dass du genauso böse wie sie bist, Sidney. Soetwas vererbt sich einfach, es ist in deinem Blut." Ich spürte, dass eine Last, die ich seit drei Woche mit mir herum getragen habe, plötzlich abfiel.
"Okay.", sagte ich. "Danke.", fügte ich hinzu, um nicht unhöflich zu wirken.
"Willst du ihn mir vielleicht trotzdem einmal vormachen?" Ich zog meinen Zauberstab und dachte daran, wie Harry und ich zusammengekommen waren. Eine große, zischend silbrige Schlange erschien augenblicklich und schlängelte mit bedrohender Haltung durch den Raum, ehe sie verblasste. "Beeindruckend.", lobte mich Lupin und ich lächelte ihn dankbar an.
"Sidney, ich muss dich etwas fragen." Ich hasste es, wenn Leute das sagten. Dann war mein Körper immer auf das Schlimmste gefasst. "Weiß Harry über deine Verbindung mit Voldemort mitlerweile Bescheid?" Ich schluckte und schüttelte den Kopf. Meine Augen waren auf den Boden gerichtet. Lupin atmete schwer aus. 
"Manchmal erscheint einem die Wahrheit schlimmer als die Lüge. Das muss aber nicht heißen, dass das auch für andere genauso zutrifft.", meinte er.
"Ich werde es ihm nicht erzählen. Nicht jetzt. Es läuft gerade alles so gut...ich will ihn nicht verlieren." Ich schaute Lupin flehend an. Er warf mir einen mitleidigen Blick zu.
Er hätte das Thema nicht ansprechen sollen. Das Apperieren lief fürchterlich. Ich war derartig unkonzentriert, dass ich einmal ausversehen sogar ein Regal hinter Lupin explodieren ließ.
"Du musst es wirklich wollen,  Sidney. Vergiss nicht, Schritt eins, zwei und drei." Ich versuchte, nichts unhöfliches darauf einzuwerfen. Stur starrte ich auf einen Fleck an der Wand. Als sich nach einer halben Stunde außer einem weiteren expolodierenden Gegenstand wieder nichts getan hatte, beschlossen wir, es für heute gut sein zu lassen. Ich fand wirklich keinen Gefallen am Apperieren. Lupin meinte, wir würden uns das nächste Mal lieber in einem ausgeschlafenen Zustand treffen sollten. 

Das war's für heute ersteinmal. Für's nächste Kapitel kann ich euch versprechen, es wird spannend! Wann wird Harry endlich von Sidneys Geheimnis erfahren? Eins steht fest: Der dunkle Lord lässt nicht mehr lange auf sich warten...

Plötzlich in Hogwarts - Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt