Kapitel 13

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Als der schlanke, grauhaarige Doktor die Tür hinter sich schließt, zucke ich vor Schreck zusammen. Ich habe keine Ahnung wie so etwas ablaufen soll. Hamilton erwähnte nur etwas von "Ich möchte mir sicher sein, dass es Ihnen wirklich gut geht!". Aber mir war nicht bewusst, dass es darauf hinaus laufen würde.

Rosa. Wo ist rosa?

Warum kann nicht wenigstens sie dabei sein?

"Bitte ziehen Sie sich aus, sodass ihr Oberkörper frei ist. ", befiehlt mir der Doktor, nachdem er aus seinem "Koffer der vielen Sachen" ein Gerät gefischt hat, welches wie ein Schlauch mit komischen Metallenden aussieht. Den wahren Begriff dazu, kenne ich natürlich nicht. Was hat er damit vor?

Den Namen des Doktors konnte ich mir vor Aufregung auch nicht merken. Aber selbst "Doktor" scheint mir nicht angemessen zu sein, denn wenn ich an ihn denke, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter.

"Haben Sie mich gehört, Birdie? Ich muss mir Ihre Atmung anhören, um sicherzugehen, dass es Ihnen gut geht und sie keine innerlichen Beschwerden haben. " Nein. Nein, ich will mich nicht vor dem grauhaarigen Doktor ausziehen. Er ist mir doch viel zu fremd für so eine intime Begegnung.

Wie konnte Hamilton nur erwarten, dass ich dazu bereit wäre... Ich will nicht, dass irgendjemand jemals meinen dürren Körper mit den vielen Schrammen betrachten muss. Nicht einmal im Spiegel ertrage ich es, mich anzusehen. Ich möchte nicht mit ansehen müssen, wie ihm sein Gesicht entgleitet. Er mich auslacht - oder gar zu viele Sorgen macht. Und die dünnen Beine und Arme. Die blasse Haut. Das will ich nicht! Dazu kann mich niemand zwingen. Nein.

Der Doktor schaut mich mit aufmerksamen Augen an. Anscheinend steckt wirklich noch ein Funken Hoffnung in seinem Blick. Aber ich denke, er weiß ganz genau, warum ich seinen Anforderungen nicht gerecht werde. Vielleicht versteht er mich ja sogar. Vielleicht kann er mein Verhalten nachvollziehen und lässt mich wieder gehen?

"Ich möchte wirklich nur sichergehen, dass Sie gesund sind. Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben?" Ich nicke, aber innerlich hat er mich gerade noch mehr verunsichert und die Angst vor seinen nächsten Worten steigt. Ich möchte nicht, dass er seine Frage ein weiteres Mal wiederholt. Wie angewurzelt stehe ich vor dem Bett, in dem ich bereits zwei mal übernachten durfte, und auf dem ich nun längst hätte sitzen müssen. Oberkörperfrei. Warum muss das sein? , denke ich mir. Kann er mich da nicht auch, ohne dass ich mich ausziehen muss, untersuchen.

"Na gut. Dann werde ich ihnen erst einmal in die Ohren und in den Mund schauen.", beschließt der fremde Mann plötzlich, der mir näher kommt, als je eine fremde Person zuvor. "Bitte machen Sie den Mund ganz weit auf. " Aber ich tue, was er mir sagt, und öffne meinen Mund soweit wie möglich und strecke meine Zunge heraus. Es wäre unhöflich, wenn ich dies nun auch verweigern würde. Unfair gegenüber Hamilton und unfair gegenüber dem Doktor und seiner kostbaren Zeit. Ich hoffe er wird nichts Auffälliges finden, denn sonst werden mir auch noch irgendwann die Beine amputiert. Wie Alfies. Oh nein.

Ruhig bleiben. Es ist nur dein Hals, Birdie. , sagt mir mein Unterbewusstsein und lasse die Luft aus meiner Lunge entweichen.

"Ihr Hals ist ein wenig gerötet und noch leicht angeschwollen. Hatten Sie vor Kurzem eine Erkältung?"

Ich erinnere mich an meine Hals- und Kopfschmerzen, als ich in die Stadt gekommen war und nicke wieder.

"Trinken sie ein wenig Tee. Morgens und Abends, und wann immer sie Zeit dazu finden, damit der Hals sich beruhigen kann." Wenn das so einfach wäre. Ich bin nicht der größte Tee-Trinker in London. Heiße Schokolade wäre mir lieber, aber was soll und kann ich mich schon beklagen. Egal was es ist, wenn es im Winter etwas Heißes ist, dann ist das schon mehr als eine Belohnung vom lieben Gott. Er scheint es wirklich gut mit mir zu meinen. Aber langsam wird es mir sehr unangenehm bei Hamilton zu wohnen, vor allem sobald ich ihn dann auf die Spikes angesprochen habe. Das wird besonders schlimm für mich, denn ich kann mir schon vorstellen, wie er darauf reagieren wird. Ich muss es ihm aber sagen. Das bin ich meiner Mutter und mir selbst schuldig. Du darfst niemals vergessen, wer du bist!

Million Dollars Between Us (Damien & Birdie - Trilogie #1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt