Die Welt von hier unten- Man...

By Mia_Stina

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Die Geschichte eines Mädchens, das sich selbst verlor. Eine Geschichte über Krieg, Flucht und was es heißt ei... More

Widmung
1. Kapitel - Große Gedanken
2. Kapitel - Anders
3. Kapitel - Die Blüten meiner Heimat
4. Kapitel - Plötzlich
5. Kapitel - Was zum Teufel?
6. Kapitel - Nasrin
7. Kapitel - Scheibenblitze
8. Kapitel - Warmes Schweigen
9. Kapitel - Schwarzweiße Gedanken
10. Kapitel - Stille
11. Kapitel - Das Kind in meiner Heimat
12. Kapitel - Das, was blieb
13. Kapitel - Farblos
14. Kapitel - Fremde
15. Kapitel - Meine Schwester
16. Kapitel - Ihre Worte
17. Kapitel - Wahrheit
18. Kapitel - Erinnern
19. Kapitel - Schwach
20. Kapitel - Nebel
21. Kapitel - Zeit
22. Kapitel - Jetzt
23. Kapitel - Trostlos
24. Kapitel - Vergiss uns nicht
25. Kapitel - Auf Wiedersehen
26. Kapitel - Gleich
27. Kapitel - Verweht
28. Kapitel - Details
29. Kapitel - Offenes Lächeln
30. Kapitel - Oberflächlich
31. Kapitel - Schritte
32. Kapitel - Stille Schreie
33. Kapitel - Zu zweit allein
34. Kapitel - Worte
35. Kapitel - Verändern
36. Kapitel - Ratlos
37. Kapitel - Ihre Stimmen
38. Kapitel - Krise
39. Kapitel - Warum nicht?
40. Kapitel - Manchmal hilft es
41. Kapitel - Das Ende meines Lieds
42. Kapitel - Heimatlose Erinnerungen
43. Kapitel - Fingerspitzengefühle
44. Kapitel - Was denkst Du?
45. Kapitel - Ryan
46. Kapitel - Vaterlos
47. Kapitel - Lächelnde Gesichter
48. Kapitel - Gefühlsgewitter
49. Kapitel - Wankende Welten
50. Kapitel - Darf ich dich küssen?
51. Kapitel - Aufplatzende Nähte
53. Kapitel - Farbenfroh
54. Kapitel - Unsere Heimat
Danksagung

52. Kapitel - Puzzle

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By Mia_Stina

Eine Weile verging, in der sich Ryan um Malek kümmerte und ich gar nicht genau mitbekam, was er tat, da ich näher an meinen großen Bruder heran kroch und unsere Finger miteinander verschränkte. Vorsichtig legte ich seinen Kopf in meinen Schoß und strich ihm mit zittrigen Händen die schweißnassen Strähnen, die auf seiner Stirn klebten, aus dem Gesicht.

Ryan beugte sich über meinen Bruder und lauschte seinem Atem, ehe er sich wieder aufrichtete. „Er atmet wieder." Als Ryans Worte bei mir ankamen, wurden meine Augen groß und ich starrte ihn an, während er für einen Moment den Kopf hob, als würde er wissen wollen, wie ich auf seine Worte reagierte. Mein Blick stolperte über den Brustkorb meines Bruders, der sich ruhig und unscheinbar hob. „Kann ich irgendetwas machen?", fragte ich, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte.

„Du kannst seine Beine anheben", entgegnete Ryan und ich kam seiner Aufforderung nach.

Minuten vergingen, in denen wir nur dastanden und jedes Heben seines Brustkorbes beobachteten, während sich meine Welt wieder mit Farben füllte.

„Wie heißt du eigentlich?", richtete ich mich nach einer Weile an den Jungen. Ich fragte mich, warum er nicht schon längst gegangen war. War er gut mit Malek befreundet? Wenn sie sich nicht gut kennen würden, wäre er doch schon längst verschwunden, oder nicht?

Vielleicht liegt ihm etwas an Malek.

„Stelios", antwortete er mit rauer Stimme und erst jetzt erkannte ich, dass er weinte. „Und du bist Aleyna, richtig?" Er lächelte schwach, als ich nickte.

Plötzlich wurde Maleks Atem lauter.

Sofort schoss mein Kopf zurück zu ihm und ich starrte zu meinem Bruder, während sich seine Augenlider bewegten. Langsam öffnete er sie und ich atmete erleichtert aus. „Hey", wisperte ich und konnte dem Drang nur schwer widerstehen, seine Beine von meinem Schoß zu legen und stattdessen meine Hände um sein Gesicht zu legen. „Wie geht's dir?"

Seine Haut war blass geworden und von einem leichten Schweißfilm überzogen.

Aber er atmet.

Ich blickte zu Ryan und formte ein lautloses Danke, als er ebenfalls zu mir sah. Wir musterten Malek, dessen Blick erst auf meinen traf und kurz darauf an Stelios hängen blieb. „Ich bin müde." Er sah zu Ryan. „Und mir ist heiß."

Ryan legte den Kopf schief. „Ist dir schwindelig?"

Als Antwort nickte Malek. „Alles dreht sich." Sein Atem wurde schneller, als hätten ihn seine Worte daran erinnert, was gerade passiert war.

„Halt die Füße weiter oben, okay?", wandte sich Ryan an mich, bevor er sich aufrichtete und zu Stelios trat. „Darf ich mal?" Er nahm ihm die Alkoholflasche aus der Hand und entfernte sich bereits mit schnellen Schritten von uns, während er die Flasche umdrehte und den Inhalt hinauslaufen ließ. „Bin sofort wieder da."

Als ich ihn nicht mehr sehen konnte, schaute ich zurück zu meinem Bruder. Seine Augen waren wieder geschlossen. „Hey", Stelios kam auf Malek zu und ließ sich zögernd vor ihm auf die Knie fallen, „Hey, mach die Augen auf, Malek." Er legte seine Hände um das Gesicht meines Bruders. „Bitte."

Die Mundwinkel von meinem Bruder zuckten amüsiert, während er ein Auge öffnete und zu Stelios hinaufsah, der daraufhin erleichtert aufseufzte. Er ließ die Stirn gegen Maleks sinken und versuchte zu lachen, aber es gelang ihm nicht. „Ich dachte, ich würde dich verlieren", wisperte er und ich hatte das seltsame Gefühl, fehl am Platz zu sein. Mein Blick wanderte zu der Stelle, an der ich Ryan zuletzt gesehen hatte.

„Kannst du vergessen", hörte ich Malek murmeln und ein Lächeln legte sich auf meine Lippen.

Als Ryan zurückkam, hockte er sich auf die andere Seite von Malek. „Wir müssen dich jetzt einmal aufsetzen, okay?" Er stellte die volle Flasche neben sich und legte stattdessen eine Hand unter Maleks Kopf. Ich ließ seine Beine zurück auf den Boden sinken und beobachtete die zwei dabei, wie sie ihn behutsam aufsetzten. Malek schloss kurz die Augen. Sein Atem hatte nicht an Tempo verloren. Im Gegenteil.

Ryan hielt ihm die Alkoholflasche hin, der daraufhin nur fragend die Augenbrauen hob. „Willst du mich verarschen?"

Ryan lachte, als hätte er mit dieser Reaktion gerechnet, und ich bemerkte, wie ich automatisch mitgrinste.

„Ist nur Wasser", erklärte er, bevor Malek sie entgegennahm und den Inhalt in großen Zügen hinunterkippte.

Als die Flasche halb leer war, reichte er sie wieder Ryan, der sie zurück auf den Boden stellte. „Wir bringen dich jetzt rein und dann schauen wir weiter, in Ordnung?", fragte Ryan und Malek nickte.

***

Hätte ich Malek verloren, wäre ich kaputt gegangen.

Aber ich hatte ihn nicht verloren. Ich schüttelte den Kopf, in dem sich Was-Wäre-Wenn-Gedanken türmten und unsicher durch die Gegend schrien.

Maleks Beine lagen durch die Rucksäcke, die wir unter ihnen gestapelt hatten, oben, während sein gleichmäßiger Atem in meinen Ohren widerhallte. Unsere Matratzen lagen dicht beieinander, weshalb ich halb auf seiner Seite lag. Meine Augen waren geschlossen, aber jede Zelle meines Körpers war hellwach. Seit einigen Stunden lag ich nun in der gleichen Stellung und hielt Maleks Hand fest in meiner, während ich mich versuchte auszuruhen. Egal, wie stark ich mich darauf konzentrierte zu schlafen und wie müde ich auch war, ich blieb wach.

Er wäre fast gestorben.

Ich wusste, dass ich mich darauf konzentrieren sollte, dass ich ihn nicht verloren hatte, aber das Gefühl, das der Gedanke, ich könnte Malek auch noch verlieren, ausgelöst hatte, zerrte an mir und rüttelte mich wach.

Meine Schwester war tot.

Meine Mutter war tot.

Mein Vater war tot.

Und sie fehlten.

Es war, als würde ich ständig ein Puzzle zusammenbauen wollen in der Hoffnung, es irgendwann vollenden zu können, aber mit dem Wissen, dass die Hälfte der Teile fehlte.

Ich unterdrückte das Verlangen, mich hin und her zu wälzen und presste stattdessen die Augen fest aufeinander.

Es wird alles gut werden.

In dieser Nacht schlief ich nicht. Ich rührte mich auch nicht von der Stelle, als es langsam wieder lauter wurde. Erst als sich Malek bewegte, setzte ich mich auf, um ihn ansehen zu können. Er schenkte mir ein müdes Lächeln. „Wie geht's dir?", fragte ich leise.

Er räusperte sich und sah sich kurz um, ehe er antwortete: „Ging mir schon besser." Sein Blick traf wieder auf meinen.

„Ich bleibe die nächsten Tage bei dir", wechselte ich das Thema. In der Nacht hatte ich genug Zeit gehabt, um mir zu überlegen, wie es weitergehen würde und war zu dem Entschluss gekommen, die nächsten Tage mit Malek zu verbringen. Meine Augen glitten über die Menschen in unserer Nähe. Ryan war nicht da. Das gleiche galt für Tarek. Aadil hingegen lag schlafend auf Maleks Oberkörper.

„Aber du musst arbeiten und Tarek ist ja auch noch da." Er strich sanft über Aadils Kopf und beobachtete mich. „Das spielt keine Rolle." Ich blieb hartnäckig.

„Okay", er zog das Wort extra in die Länge und zuckte anschließend leicht mit den Schultern. „Das wird ganz schön langweilig für dich."

Ich lächelte. „Ich weiß."

Und darauf freue ich mich.

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